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Verfasser: shana
Datum: Mittwoch, den 12. Januar 2005, um 16:02 Uhr
Betrifft: Religions-Club

> Wenn das die Dinge sind, die einem Mitglied die Geborgenheit geben, die es braucht, dann wäre es vielleicht besser zu sagen, dass die Mormonen, ähnlich einem Golfclub oder einem Business-Club, ein teurer Religions-Club sind. Wer rein will muss zahlen und hat, wenn er sich an die Clubregeln hält, natürlich auch einige Vorteile.

Gegen einen teuren Religions-Club wäre ja nicht das geringste einzuwenden. Auch nicht gegen eine religiös motivierte Gemeinschaft, in der sich Gleichgesinnte zum geistigen Austausch und Miteinander treffen, sich dabei zusätzlich im Kampf des täglichen Lebens gegenseitig unterstützen und sogar noch aus Nächstenliebe nach aussen hin caritativ tätig sind.

Wenn jetzt aber die Mitglieder des religiösen Vereins XY auf einmal behaupten, die Mitgliedschaft in genau ihrem Verein wäre heilsnotwendig, lebenswichtig und allein lebensrettend und alle Nichtmitglieder wären verloren, dann wird es schon bedenklich. Und wenn in diesem Verein dann auch noch Regeln für die Mitgliedschaft und damit für die Errettung aufgestellt werden, die nicht alle Mitglieder erfüllen können, so sehr sie sich auch anstrengen, wie z.B. nur Blauaugen mit schwarzen Haaren werden errettet, die anderen haben Pech gehabt und fliegen raus. Die dürfen dann selber sehen, wie sie mit ihrer Angst vor dem Tod zurechtkommen und sich den Sinn des Lebens weiterhin erklären, dann finde ich, ist endgültig Schluss mit lustig.

Die Berichte über das tolle HLT-Netzwerk, die ich über die Jahre hinweg in den diversen Kirchenpublikationen las, haben mich auch immer sehr beeindruckt. Deshalb war ich auch ziemlich geschockt, als mir eine ehemalige Missionarin vor einigen Jahren schrieb: "Ach wissen Sie, wenn man alt und krank und arm ist, dann kümmert sich von Kirchenseite her kein Schwein mehr um einen." Das hatte ich nun am allerwenigsten erwartet, ich dachte wenigstens das mit dem supertollen  sozialen Netzwerk stimmt. Glücklicherweise hatte diese Frau noch ein paar ’Kontakte’ ausserhalb der Kirche.

Zum Thema  teurer Religions-Club fällt mir noch eine kleine Geschichte von Anthony de Mello, einem indischen Jesuiten, ein:

Die Lebensrettungsstation

An einer felsigen Küste, an der Schiffbrüche häufig waren, gab es früher eine kleine baufällige Lebensrettungsstation. Es war eigentlich nur eine Hütte, und es gab nur ein Boot, aber die wenigen Mann Besatzung nahmen ihre Aufgabe sehr ernst, hatten ständig ein wachsames Auge auf das Meer und fuhren furchtlos auch bei stürmischer See aus, wenn sie einen Hinweis auf ein Schiffsunglück hatten, ohne Rücksicht auf sich und ihre Sicherheit. Viele Menschenleben wurden so gerettet und die Station wurde berühmt.
Je bekannter sie wurde, desto mehr wollten die Bewohner der Umgebung an ihrer hervorragenden Arbeit teilhaben. Grosszügig boten sie Zeit und Geld an, neue Mitglieder wurden geworben, neue Boote gekauft und neue Mannschaften ausgebildet. Auch die Hütte wurde durch ein komfortables Gebäude ersetzt, das den Bedürfnissen der geretteten Schiffbrüchigen gerecht wurde, und da Schiffsunglücke nicht jeden Tag vorkamen, wurde es zu einem beliebten Treffpunkt, einer Art lokalem Klub. Mit der Zeit waren die Mitglieder so mit ihren gesellschaftlichen Belangen beschäftigt, dass das Interesse an der Rettung Schiffbrüchiger abnahm, oblgleich sie stolz eben dieses Motto auf ihren Abzeichen trugen. Wenn aber tatsächlich Menschen aus der See geerettet wurden, empfand man sie als Belästigung, weil sie schmutzig waren, sich erbrachen und Teppiche und Mobiliar verunreinigten.
Bald nahmen die gesellschaftlichen Betätigungen des Klubs so zu, und die Aktivitäten zur Lebensrettung so ab, dass in einer Klubversammlung darüber debattiert wurde, wobei einige Mitglieder darauf bestanden, zu dem ursprünglichen Zweck und der eigentlichen Aufgabe zurückzukehren. Es wurde abgestimmt, und die Unruhestifter, die sich als kleine Minderheit herausstellten, wurden aufgefordert, den Klub zu verlassen  und einen anderen zu gründen.
Und genau das taten sie, etwas weiter südlich an der gleichen Küste und zwar mit einer solchen Selbstlosigkeit und Kühnheit, dass sie nach kurzer Zeit durch ihren heldenhaften Einsatz berühmt wurden. Daraufhin nahm ihre Mitgliederzahl zu, ihre Hütte wurde ausgebaut ... und ihr Idealismus verkümmerte. Wer heute zufällig an diese Küste kommt, findet dort eine Anzahl exklusiver Klubs. Jeder ist zu Recht stolz auf seinen Anfang und seine Tradition.

Es gibt immer noch Schiffbrüche in dieser Gegend, aber das scheint niemand weiter zu bekümmern.

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