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der Beitrag:
Verfasser: Nyu
Datum: Sonntag, den 30. Januar 2005, um 13:00 Uhr
Betrifft: ich sehe mich ausserstande, Deine Diskussion weiterzuführen

auch wenn ich finde, dass Du sehr annehmend reflektiert hast, und versucht hast, den Rätseln des Lebens und der Frage nach einem Gott einen Sinn zu entlocken.

Ja, ich denke, Du hast Recht, wenn Du mit Deiner Beobachtung des Darwinismus schlussfolgerst, dass sich der Stärkere auch manchmal tatsächlich durchsetzt und das eine Frage nach einer absoluten Instanz der Ethikgebung für Gutes (Gott) und Böses (Satan) ausserkraft setzt.
Aber glücklicherweise sind wir seit den Tagen Hitlers weitergekommen und haben abstrakt und kollektiv -wenn auch nicht konkret und individuell- verstanden, dass der Stärkere eben nicht in letzter Konsequenz weiterkommt, weil er nämlich
1. gemeinhin nicht mehr in einem Umfeld lebt, dass das toleriert und
2. sich aufgrund dieses Umfeldes, der gesellschaftlichen Zwänge, herausstellt, dass solch ein Mensch letztlich doch immer Opfer seines Ethos werden wird. Auch schon diesseitig. Der kriegt seine Lebenshaltung schon zu fressen, so oder so.

Drittens, und das soll nun die Überleitung herstellen, klammert der Darwminismus einen Forbestand des Lebens über den Tod hinaus aus. Auch bietet er ganz intentional keine Antworten in Bezug auf eine Trennung zwischen sogenannter grobstofflicher und feinstofflicher Materie. Der sozialdarwinistisch denkende und handelnde Mensch lebt komplett diesseitig, da allein die konsequente Frage nach einer spirituellen Realität oder eines Lebens nach dem Tod seine Ideologie aushebelt.

Wenn aber tatsächlich feinstoffliche Materie (Geist) existiert und grobstoffliche Materie einfach nur keinen bewussten Bezug zu dieser Sache oder Dimension oder Schwingungsfrequenz oder was auch immer herstellen kann, dann zählen dort auch andere Gesetze als Jene, die den Fortbestand von Arten sichert. Denn ich muss keine Art oder Subjekt dieser Art sichern, wenn sie/es bereits tot ist.
Nehmen wir mal hypothetisch an, eine solche "Geisterwelt" sei real. Viele Atheisten sind ausgesprochen moralisch handelnde und auch "ethische" Menschen. Dennoch, allein diese Annahme muss mein gesamtes ethisches Gebilde (oder zumindest dessen intellektuelle Herleitung) komplett verändern, wenn ich vorher ausschliesslich diesseitig motiviert gehandelt habe.
Wenn ich also von dieser Annahme (hypothetisch) ausgehe, dann frage ich mich:

1. gibt es auf dieser Ebene einen Forbestand des Bewusstseins? Auch das müssen wir einfach einmal hypothetisch voraussetzen. Denn auch wenn ich mir Existenz nicht ohne Gewahrwerdung der Existenz vorstellen kann ("ich denke, also bin ich"), so existiert dennoch auch das, was sich seiner Existenz nicht gewahr wird, z.B. von Mineralien bis hin zu einem bewusstlosen (!) Menschen.
So kann ich mich aber auch fragen, ob nicht alles, was ist, eine Form von Bewusstsein hat, selbst wenn dieses Bewusstsein nicht mit Hirnströmen messbar ist, sich also die Frage nach dem Begriff "Bewusstsein" stellt.
Setzen wir also weiter hypothetisch voraus, dass alles auf dieser feinstofflichen Ebene ein Bewusstsein hat.

2. Wenn ich auf dieser Ebene in der Tat ein Bewusstsein habe, ist es dann logisch, dass dieses Bewusstsein vollständig ohne Sinne auskommt und wenn ja, kann mein Bewusstsein auf dieser feinstofflichen Ebene überhaupt etwas wahrnehmen? Da ich mich ja nun auf der feinstofflichen Ebene befinde und auch meine Umwelt sowohl eine grobstoffliche Dimension als auch eine feinstoffliche Dimension hat oder haben kann (wenn sie nicht bereits nur noch auf dieser Ebene existiert), ist es wahrscheinlich, dass ich durchaus alles perfekt wahrnehmen kann - also sowohl Feinstoffliches wie auch Grobstoffliches, da ich mich ja selber auf einer Ebene mit meiner Umwelt befinde.

3. Gibt es Sachzwänge, die mein "Leben" oder mein Dasein in solch einem Zustand bestimmen würden?
- Zum einen wäre ich nicht mehr sterblich, da ich ja bereits gestorben bin und dieser Zustand keinen biologischen Zersetzungsprozessen unterworfen ist, die einen Tod zur Folge hätten.
- Auch wäre Fortbewegung ein Thema, da nicht klar ist, ob es in diesem Zustand Hindernisse gibt, die meine Fortbewegung einschränken können. Im sterblichen Zustand bestimmt mein Gewicht und meine Grösse und die Schwerkraft und meine Muskelkraft sowie meine Ausdauer, wie lange ich mich wie schnell fortbewegen kann. In so einer "Geiteswelt" ist es aber eher wahrscheinlich, dass ich mich so schnell bewegen kann wie ich denken kann, es sei denn es gäbe irgendwelche spirituellen Hindernisse, die meine Bewegungsfreiheit einschränken, z.B. jemand hält mich fest oder jemandes Willen ist so stark, dass ich mich dem nicht widersetzen kann oder will.
- auch werde ich immernoch durch meine Wünsche und Vorstellungen angetrieben sein, auch wenn sich meine Fähigkeit, diese umzusetzen jetzt verändert hat.
- meine Kommunikation wird nicht mehr mittelbar sein, sondern unmittelbar. Man könnte seine Gedanken nicht mehr verstecken.

4. Wie wahrscheinlich ist in einer feinstofflichen Daseinsform, dass ein "feinstofflicher Mensch" (Geist) gezwungen ist, sich mit den für diese Daseinsform bestimmenden Gesetzen auseinanderzusetzen?
Es ist absolut naheliegend, dass er das muss.

5. Wie gestaltet sich also Gemeinschaft? Da der Mensch grundsätzlich das Bedurfnis nach Gemeinschaft mit Glechgesinnten hat, die ihn bestätigen und ergänzen, begibt er sich auch ganz natürlich in Gemeinschaft. Es mag zwar sein, dass man manchmal vielleicht auch für einen längeren Zeitraum eher ein Bedürfnis danach verspürt, alleine zu sein. Aber über kurz oder lang wird er doch mit anderen seiner Art zusammensein wollen, die so ticken wie er und eher nicht mit Jenen zusammensein, die völlig anders motiviert sind als er.
Wahrscheinlich ist sogar, dass sich ein Geist, der seine Gedanken und seine Motive nicht verstecken kann, gezwungen ist, mit solchen Geistern zusammenzusein, die so sind wie er.

6. Gibt es eine Instanz, die allmächtig ist, moralisches Verhalten fordert, Liebe gibt usw.?
Das ist, meines Erachtens, aus der Frage nach der vorausgesetzten dualen Existenz von feinstofflicher und grobstofflicher Materie nicht herzuleiten.
Auch lässt sich aus einer Beantwortung der Frage nach einem Gott nicht automatisch ein Anti-Gott herleiten.

7. Erkenne ich in einer solchen feinstofflichen Existenz den Wert von moralischem Verhalten?
Ja. Denn wenn Geister gleicher Motivation und gleichen Ethos miteinander Gemeinschaft haben, dann sehe ich auch, ob diese Gemeinschaft sich eher befreiend auf diese Geister auswirkt oder nicht.
Es ist ja wie gesagt wahrscheinlich, dass die Geister einer Gemeinschaft keine andere Wahl haben als in einer Gemeinschaft mit denen zu sein, die so sind wie sie.
Allerdings wäre es wohl auch wahrscheinlich, dass Geister höherer Moral und Mitgefühls sich für Jene verantwortlich fühlen mit weniger Moral. Diese hätten schon die Freiheit, Gemeinschaft mit Geistern zu haben, die ihre hohe Moral und vielleicht auch das Mitgefühl nicht haben, allerdings werden Jene mit geringerer Moral vor ihnen zurückschrecken oder sie ausgrenzen oder vielleicht sogar angreifen wollen.

Diese sieben Sachbestände leiten sich logisch einzig und allein aus der hypothetischen Feststellung ab, dass Geist existiert, dass es also eine duale Beziehung zwischen feinstofflicher und grobstofflicher Materie gibt.

Da ich aber nicht wissen kann, ob ausserkörperliches Bewusstsein tatsächlich ist, wäre es mir persönlich ja zu riskant so zu leben, als wäre es nicht tatsächlich !
Was ist, wenn ich sozialdarwinistisch lebe, in der Hoffnung, damit durchzukommen (obwohl das, wie besprochen, heutzutage ja kaum noch möglich ist) und auch tatsächlich alles zum Besten scheint auf meiner Suche nach den ewigen Sommerferien auf dem Rücken und zur Last Anderer; und ich stelle dann doch fest, dass ich nach meinem Tod nicht aufhöre zu sein.
Allein die logischen Sachzwänge aus dieser einen Tatsache würden meine fortwährende Existenz zu einer für mich realen Hölle machen. Nicht etwa deshalb, weil ich überrascht bin, sondern weil dann nicht in der Lage sein kann, über meinen Schatten zu springen und mich plötzlich zu Jenen hingezogen fühle, die durch Mitgefühl motiviert sind, weil ich es plötzlich auch wäre.
Allein die Tatsache, dass ich diese Frage keinesfalls abschliessend verneinen kann, müsste eigentlich ausreichen, mich zu motivieren, Mitgefühl zu entwickeln, unbeachtet der Tatsache ob es einen Gott gibt oder nicht.
Natürlich kann man sich auch die Frage stellen, ob ich denn jetzt neu-heidnisch werden muss und nackt um einen Baum tanzen muss, bloss weil es Menschen gibt, die daran glauben und ich nicht ausschliessen kann, dass die Recht haben. Hier stellt sich aber die Frage nach der Universalität des Problems und der Sinnhaftigkeit einer Allgemeinverbindlichkeit. Nich so bei der Frage nach dem Fortbestand des Bewusstseins über den Tod seiner Hülle hinaus.

Nun hast Du ja sehr diesseitig argumentiert, Deine Argumentation dann aber auch selber zu einem Schluss geführt. Somit kann Dein Beitrag eigentlich nur mit einem "Ja, haste eigentlich Recht" weitergeführt werden.
Aber interessant, dass Du "Moroni 11" anführst. Ich habe dieses Kapitel noch nicht gelesen. Vielleicht wird uns ja hier erklärt, wie wir das Buch Mormon spirituell glauben können, obwohl es sachliche Hinweise bietet, die seine sachliche Falschheit beweisen? Vielleicht durch "nicht rechtende[s] oder bewertende[s] Mitgefühl"?
Interessanter Gedanke.

liebe Grüsse,
Henning

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