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Verfasser: shana
Datum: Donnerstag, den 27. Januar 2005, um 17:31 Uhr
Betrifft: menschliche Vorstellungen von Gott

Zum Thema: Gottesbilder, menschliche Vorstellungen von Gott, hier ein Auszug aus einem längeren Interview mit Jutta Voss, einer exordinierten evangelischen Theologin, deren Buch ’Das Schwarzmond Tabu’ ein wirklich einleuchtendes, auf jeden Fall aber sehr interessantes Erklärungsmodell dafür gibt, wie ’Gott’ zum Mann wurde und warum denn unbedingt blutig geopfert/gesühnt werden muss. Auch wie solche Gedanken wie "Macht euch die Erde untertan" entstanden sind, wird in diesem Buch zumindest für mich wirklich gut nachvollziehbar zu erklären versucht.

<Frau Voss, halten Sie die beiden Kirchen für reformierbar durch die Bemühungen von Frauen, einerseits durch feministische Theologie in der evangelischen und andererseits durch die kürzlich von Frauen erzwungene, nicht offiziell anerkannte Priesterinnenweihe in der katholischen Kirche?

Versuch einer kurzen Antwort:
Unabhängig von zu respektierenden feministisch theologischen Bemühungen halte ich keine der monotheistischen Religionen für reformierbar. Die Kirchen erlauben ein paar Variationen, so wie die Fassade am Haus einen neuen Anstrich bekommen kann. Es gibt zwei Prämissen, also grundsätzlich nicht hinterfragbare Tatsachen, die auch von den feministisch bewegten Frauen in der Kirche gar nicht diskutiert werden dürfen, denn dann muss (!) jede monotheistische Kirche sie zwangsläufig ausscheiden wie mich, wenn sie ihr Selbstverständnis nicht relativieren will.

1. Diese Religionen sind "mono".
Es gibt also nur eine Wahrheit und dadurch sind geistiger Terror und realer Kriegsterror die ganz normale Folge. Monotheismus muss zwangsläufig Krieg führen gegen Andersdenkende, denn sonst würden die Kirchen auf die Prämisse des "mono" verzichten müssen und damit würden sie den eigenen Glauben an die eine einzige Wahrheit selber ad absurdum führen. Eine Relativierung des "mono" wäre das Ende der Kirchen. Frauen, die an dem "mono" rütteln, greifen nichts weniger als die Identität der Kirche an. Es ist absolut nachvollziehbar, dass eine monotheistische Kirche jemanden wie mich, die den Primat einer einzigen Wahrheit infrage stellt, feuern muss.
"Mono"- Theismus ist daher grundsätzlich nicht reformierbar, es sei denn die Kirchen wären bereit, ihre grundlegenden Glaubensvorstellungen, ihre Substanz und ihre Macht aufzugeben.

2. Diese Religionen sind "theistisch".
Es gibt also nur einen männlichen Gott, die religiösen Werte sind männliche Werte. Der Mann-Gott sitzt nun nicht real körperlich und auch nicht real energetisch auf einer Wolke oben, dieser Kinderglaube sollte bei Erwachsenen vorbei sein. Der Mann-Gott ist ein Gottesbild des Mannes, das nachgewiesenermaßen nicht einmal historisch "am Anfang der Welt" stand, sondern erst vor circa 3000 Jahren als Projektion psychischer Bedürfnisse des Mannes entstanden ist. Diese Bedürfnisse waren zwar noch unbewusst, wurden aber - was mit unbewussten Anteilen immer gemacht wird - projiziert und personifizierten sich als Vater-Gottesbild. Das Hauptbedürfnis des Mannes war die politische und religiöse Machtübernahme mit der Konsequenz der Entwertung bisheriger weiblicher politischer Potenz und religiöser Weisheit, die sich eben nicht in einer, sondern in vielen Göttin- nen personifizierte, was einer gesunden Psyche in ihren vielfältigen Teilaspekten entspricht. Solange es nicht erlaubt ist, diese Prämisse des Vater-Gottesbildes zu hinterfragen, das der psychischen Vielfalt auch des Mannes nicht gerecht wird, ist eine theistische Kirche nicht reformierbar. Weibliche Werte bleiben zweite Wahl, falls sie überhaupt als Werte wahrgenommen werden. Weibliche religiöse Vorstellungen und Bedürfnisse werden ignoriert und eliminiert. Da reicht es nicht, zum Ostersonntag, zur Feier anlässlich der Auferstehung eines von Männern getöteten Mannes, der zum Gottessohn erklärt wird, feministische Osterglocken zu verteilen.
Es ist Zeit, diese Vater-Projektion zurückzunehmen und als eigenen psychischen Anteil zu integrieren, damit Männer hier unten auf diser Erde authentische Männer und Väter werden. Es ist ebenso Zeit, dass Frauen den feministischen Irrtum von neu etablierten Super-Mutter-Göttinnen beenden, die genau so unbewusst als weibliche Machtbedürfnisse an den Himmel projiziert werden. Wir brauchen keine Väter und Mütter im Himmel. Erwachsene sind keine "Kinder Gottes", auch keine Kinder der Göttin, sondern können auch religiös endlich erwachsen werden und "Vater und Mutter verlassen". Psychisch erwachsen werden wir, wenn wir unbewusste und projizierte Inhalte als eigene psychische Anteile integrieren, das heißt, wenn wir die Projektionen zurücknehmen und erkennen, dass wir selber gefragt sind und wir ganz allein für die Gestaltung dieser Welt verantwortlich sind. Dann ist der Himmel zwar leer, dafür sind wir aber erwachsen. Wir brauchen Männer und Frauen, weibliche und männliche Werte, hier gleichberechtigt und gleichwertig auf dieser Erde. Wir brauchen keine Götter, weder mono noch multi, weder männlich noch weiblich, wir brauchen psychisch bewusste, erwachsene, menschliche Menschen, die geschwisterlich leben können. <

http://www.jutta-voss.de/mathilde.htm

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