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zum Thema Mäser Denkmal
Seite erstellt am 26.4.24 um 20:46 Uhr
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Verfasser: Gunar
Datum: Samstag, den 5. Mai 2001, um 19:56 Uhr
Betrifft: Mäser – Lehrer, Missionar, Gesetzesbrecher

Karl Gottfried Mäser wird am 16. Januar 1828 im sächsischen Meißen geboren. 1848 schließt er die Ausbildung am Friedrichstadt Schullehrerseminar ab und arbeitet anschließend als Privatlehrer in Böhmen und Schullehrer in Dresden. 26-jährig heiratet er dort am 4. Juni 1854 die 24-jährige Tochter des Schuldirektors Karl Benjamin Immanuel Mieth, Anna Henrietta Theresa.

9½ Monate später stellt sich Nachwuchs ein, Karl Friedrich Reinhard, das erste von acht Kindern in dieser Ehe. Noch im gleichen Jahr lässt sich Mäser mormonisch taufen, und wird eine Woche später sofort präsidierender Ältester des neu gegründeten Zweiges Dresden der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.

1856 verlässt er Deutschland mit seiner Familie, um nach „Zion“ über zu siedeln. Es soll ein Weg mit vielen Zwischenstationen werden, an sein Ziel gelangt er erst 1860. In dieser Zeit wird Karl Franklin geboren, der jedoch bei der Überfahrt nach Amerika stirbt. 1859 kommt Anna Ottilie bereits in Amerika zur Welt.

In „Deseret“ angekommen ergreift er wieder den Lehrerberuf, arbeitet in der Fünfzehnten und Zwanzigsten Gemeinde, und unterrichtet auch Brigham Youngs Kinder. In dieser Zeit bekommt Ehefrau Anna die Kinder Mamie, Anna Camilla und Karl Emil, aber die beiden Mädchen sterben bereits bei der Geburt bzw. mit zwei Jahren.

Mäser kehrt 1867 als Missionar in der Schweizerisch-italienisch-deutschen Mission nach Europa zurück und erlebt aufgrund eines beachtlichen Bekehrungserfolges ein Jahr später die Gründung der Schweizerisch-deutschen Mission. Seine Mission dauert drei Jahre an, worauf hin er wieder als Lehrer in der Zwanzigsten Gemeinde und kurzzeitig auch an der Universität von Deseret tätig wird. Im Jahr 1873 wird Helen Janette geboren.

Am 18. Oktober 1875 geht der 47-jährige Mäser in Salt Lake City eine polygame Ehe mit Emilie Caroline Damke ein, einer 21-jährigen Auswanderin aus dem Holsteinschen Rathjensdorf.

Im Alter von 46 Jahren bringt Ehefrau Anna am 21. Juni 1876 ihr letztes Kind zur Welt, die Tochter Evelyn. 1880 stellt sich auch bei Ehefrau Emilie Nachwuchs ein, Anna Christina. Sie wird Emilies einziges Kind bleiben und mit 19 Jahren noch vor ihren Eltern sterben.

Im Jahr 1876 zerstört die Explosion eines Schießpulver-Lagers das Schulhaus der Zwanzigsten Gemeinde weitgehend. Karl G. Mäser trifft darauf hin auf Brigham Young, der 1875 die finanziell angeschlagene Timpanogos Außenstelle der Universität von Deseret gekauft und sie in „Brigham Young Academy“ (BYA) umbenannt hatte. Der Kirchenpräsident beruft Mäser kurzer Hand als Direktor an seine Akademie in Provo, um sie in eine Kirchenschule umzuwandeln, und erteilt ihm den Auftrag, „not to teach even the alphabet or the multiplication tables without the Spirit of God.“ Sein jährliches Gehalt dafür beträgt 1 200 Dollar, „in such commodities as the treasurer might take on tuition.“

Diese Einschränkung soll sich noch als sehr realistisch heraus stellen. Zunächst scheint die neue Aufgabe Mäser zum Träumen zu bringen. Er selbst beschreibt später, wie er davon träumte, durch ein geräumiges Gebäude zu wandeln. Doch mit Youngs Tod 1877 werden die finanziellen Mittel knapper und ein neues Gebäude wird erst nach einem zerstörerischen Feuer im Jahr 1884 in Angriff genommen. Inzwischen ist die finanzielle Lage so katastrophal, dass die Angestellten nur noch ein Drittel ihres Gehalts bekommen, Mäser verschuldet sich tief, bleibt aber Direktor der BYA. Im Jahr 1889 spricht das „Mormon Church Board of Education“ Mäser einen Doktortitel zu. 1892 wird das neue Gebäude fertig gestellt, im gleichen Jahr dankt der inzwischen 63-jährige Mäser von seinem Posten ab.

Es ist den persönlichen finanziellen Opfern der Angestellten und dem Eingreifen von Abraham O. Smoot zu verdanken, dass die BYA nicht ihre Pforten schließen musste, ein Umstand, der jedem wirtschaftlichen Denken und Handeln widerspricht. 1896, dem Jahr der Erhebung Utahs vom US-Territorium zum Bundesstaat und Todesjahr von Ehefrau Anna, wird die Akademie durch die Inkorporation in die HLT-Kirche aus ihren finanziellen Schwierigkeiten befreit. Die Umgestaltung der Akademie zur Universität wird Mäser nicht mehr erleben, sie erfolgt erst 1903. Mäser stirbt mit 73 Jahren am 15. Februar 1901 in Salt Lake City, fünf Kinder und seine Ehefrau Emilie hinterlassend.

Und wodurch machte sich Mäser zum Gesetzesbrecher? Mit der Unterschrift von Präsident Abraham Lincoln wurde der vom Kongress der Vereinigten Staaten verabschiedete und vom Senat mit 37 zu 2 Stimmen bestätigte Morrill Anti-Bigamy Act am 8. Juli 1862 zum Gesetz. Dieses verbot „cohabitation“ innerhalb einer polygamen Ehe und untersagte jegliche Art von Bigamie innerhalb der USA und ihrer Territorien. Definiert wurde sie als bestehende Ehe mit einem/einer ungeschiedenen, lebenden Ehepartner(in) und dann eine(n) weitere(n) heiratend. Die Strafe belief sich auf 5 Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von 500 Dollar. Der Oberste Gerichtshof der USA erklärte dieses Gesetz im Jahre 1879 zusätzlich als verfassungsgemäß (Reynolds vs. United States).

Durch seine Hochzeit am 18. Oktober 1875 begründete Mäser mit der 21-jährigen Emilie Damke eine Ehe in Bigamie und brach damit ein bestehendes und geltendes Gesetz bewusst und wissentlich. Er war bei weitem nicht der einzige HLT-Mormone, der in ungesetzlicher Polygamie lebte. Aber soll man einem solchen Mann in Deutschland ein überlebensgroßes Denkmal errichten? Karl G. Mäser, das Vorbild?

Denk mal!

(Ich danke für die Zuarbeit u.a. durch James A. Field, Jessie L. Embry, Merrill J. Bateman, Dan Rollins, Ancestral File, Justus Ernst und deren Quellen.)

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