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Beitrag 22 von 82
zum Thema Mäser Denkmal
Seite erstellt am 29.3.24 um 14:50 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Montag, den 14. Mai 2001, um 17:46 Uhr
Betrifft: ... und auf "schuldig" plädiert – heutige HLT streiten ab

James schrieb:
> Mäser wurde daher während der Anti-Polygamie Kampagne der 1880er rechtskräftig zu $300 Strafe verurteilt. Zur damaligen Zeit eine Riesensumme.

Als sich Mäser am 24. März 1888 vor Gericht wegen Bigamie verantworten musste, plädierte er auf schuldig gemäß der Anklage. (Ernest L. Wilkinson, Cleon Skousen: Brigham Young University: A School of Destiny, Brigham Young University Press, Provo, 1976, S.89, zitiert in James P. Harris: The Essential James E. Talmage, Signature Books, Salt Lake City, 1997, S.xx.)

Obwohl 300 US-Dollar zur damaligen Zeit viel Geld war, kam Mäser noch ausgesprochen glimpflich davon. Laut James Talmage war es dem wohlgesonnenen Einfluss der nichtmormonischen Bevölkerung zu verdanken, dass Mäser eine Gefängnisstrafe erspart blieb. (Ebd., S.xxi.)

Während Mäser sehr genau um sein gesetzwidriges Handeln wusste, streiten heutige deutschsprachige HLT diesen Umstand interessanter Weise meist ab. Sie versuchen zu argumentieren, dass die Bestätigung des Morill Anti-Bigamy Acts von 1862 durch den Obersten Gerichtshof erst 1879 erfolgte und deshalb die polygame Eheschließung Mäsers im Jahre 1875 nicht illegal gewesen sei.

Es ist offensichtlich, dass diese Argumentation jeder juristischen Grundlage entbehrt. Im Frühjahr 1860 wurde der Gesetzesentwurf eingebracht, vom Repräsentantenhaus genehmigt, vom Senat gebilligt und im Juni 1862 vom Kongress verabschiedet. Am 8. Juli 1862 wurde es mit der Unterzeichnung durch Präsident Abraham Lincoln zu geltendem Recht.

Nun hatten die Utahner alle Zeit der Welt, die Praktizierung der Polygynie ausklingen zu lassen, weil man sich auf eine Art "Bestandsschutz" hätte berufen können, vor allem aber, weil sie durch dem amerikanischen Bürgerkrieg völlig aus der Schusslinie geraten waren. Aber diese Gelegenheit wurde nicht wahrgenommen. Statt dessen wurde die nun mehr illegale Praxis weiter geführt, zahlreiche neue Vielehen wurden geschlossen, die Lehre von diesem "ewigen, unabänderlichen und zur Erhöhung notwendigen" Gesetz Gottes wurde in keiner Weise relativiert, eingeschränkt oder abgeändert.

So ging auch Mäser 1875 eine polygyne Ehe ein. Eine der historischen Lügen .. äh .. glaubensstärkenden Argumente besagt, dass diese Eheform erforderlich war, um allen Frauen in Deseret einen Versorger zu ermöglichen. Tatsache ist, das es in diesem Territorium niemals einen Überschuss an Frauen gegeben hat. Und man mag sich auch fragen, warum der 47-jährige Mäser notwendiger Weise eine 21-jährige ehelichen musste.

In den restlichen Gebieten der USA wurden solche Praktiken als unsittlich angesehen, aus diesem Grunde kam es ja auch zum Erlass dieses Gesetzes. Als die HLT-Kirche nach dem Bürgerkrieg ihre missionarische Tätigkeit in den Oststaaten wieder intensivierte, wurde das Problem wieder Gegenstand der Diskussion. Diese liefen letztlich auf die Verurteilungen von Polygamisten in den 1880ern hinaus.

Erst 1890 widerrief Kirchenpräsident Wilford Woodruff die Polygamie, was die Regierung und die Öffentlichkeit sehr beruhigte. Doch intern wurde sie nicht abgeschafft, sie wurde fast im gleichen Ausmaß fortgeführt. Der Regierung wurde dies erst nach der Umformung Utahs zum Bundesstaat so richtig bewusst. Woddruff musste 1904 ein Zweites Manifesto erlassen, um die Praxis einzudämmen. Trotz der öffentlichen Dementi sollte es noch Jahre dauern, bis die HLT keine Vielehen mehr dulden würden und die fundamentalistischen Mormonen sich in eigene mormonischen Gemeinschaften sammelten, in denen sie illegal die ihrer Ansicht nach göttliche Vorschrift weiter führen würden.

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (98 U.S. 145 [1879]), dass das Bigamie-Verbot verfassungsgemäß sei, hatte auf die Utah-Mormonen kaum praktische Auswirkungen. Allerdings war damit jede juristische Möglichkeit ausgeschöpft, um dieses Gesetz wieder zu kippen.

Die Behauptung, das Gesetz sei erst mit dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung zu geltendem Recht geworden, ist in jeder Hinsicht unhaltbar. Mäser wusste dies, und plädierte deshalb auf schuldig.

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