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Beitrag 26 von 106 Beiträgen.
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der Beitrag:
Verfasser: shana
Datum: Donnerstag, den 6. Oktober 2005, um 13:24 Uhr
Betrifft: Versuch einer Antwort

Du schriebst:
> Ich weiss nicht, was das soll?
> Warum ist das Thema “Totentaufe” denn so wichtig?

Ich habe das Thema jüdischer Protest gegen unerwünschte Totentaufen u. a. auch deswegen angesprochen, weil du neulich hier gefragt hattest:

> Was wißt Ihr über das Verhältnis der Mormonen zum Judentum?

Bei der Suche über das BYU Jerusalem Center stiess auf den netten kleinen Artikel von Mark Paredes, in dem er sich über das freundschaftliche Verhältnis der Mormonen zu den Juden auslässt und solche interessanten Sachen sagt wie:

"I do not believe that Jews who do not accept Jesus as their savior are going to hell."
http://www.jewishjournal.com/home/preview.php?id=14054

Das liess mich daran denken, dass ich mal irgendwo von jüdischen Protesten gegen Totentaufen gelesen hatte. Deshalb meine Frage über nähere Infos darüber, die mir ja von Sven netterweise vollständigst beantwortet wurde.

Klar für den christlichen Normalverbraucher ist das Thema Totentaufe mehr oder weniger uninteressant. Der denkt sich: hat doch eh keine Gültigkeit, lass die Mormonen mal machen, wenn sie nichts besseres zu tun haben, schadet ja niemandem.

Aber für viele Juden sind diese nachträglichen christlichen Taufaktionen ein Schlag ins Gesicht und es verletzt zutiefst ihre Gefühle, d. h. es schadet sehr wohl. Und wenn man, wie z. B. Mark Paredes und viele andere Mormonen auch, behauptet, dass man den Juden gegenüber freundlich eingestellt ist, sollte man auch darauf verzichten, ihnen Schaden/Schmerz zuzufügen.

Um hier nochmal Rabbi Fuchs zu zitieren, für diejenigen, die nicht den ganzen ’link’, den ich gestern angab, durchgelesen haben:

http://www.hagalil.com/archiv/2001/04/christentum.htm

Ausschnitte aus: Sollen Christen Juden bekehren von Rabbi Stephen Fuchs

"Wenn ich höre, wie Christen darauf bestehen, daß ihre Tradition von ihnen fordert, Juden gegenüber Zeugnis abzulegen über ihre Liebe zu Juden, dann denke ich immer an die Geschichte des chassidischen Schülers, der zu seinem Rebben kam und ausrief: "Meister - ich liebe dich!". Und der Rebbe antwortete ihm: "Weißt du, was mich verletzt?".
Der Schüler antwortete: "Nein, Rebbe, wie kann ich wissen, was dich verletzt?"
Der Rebbe antwortete ihm: "Wenn du nicht weißt, was mich verletzt, dann kannst du mich auch nicht lieben."

Für mich ist das grundlegend: Du kannst mich nicht lieben, du kannst nicht wahrhaftig mein Freund sein, wenn du nicht anerkennst, was mich tief verletzt und davon abläßt mir diesen Schmerz zuzufügen."

"Lektion aus der Geschichte

Meine Antwort ist: Ich habe die Lektion, die uns die Geschichte erteilt hat, gelernt. Ich glaube, daß die Kampagne Juden zu Jesus zu bringen manchmal von Liebe motiviert ist. Aber ich sage gleichermaßen eindeutig, daß es sich um eine Fehlform der Liebe handelt. Ich sage das, denn man kann sich die Geschichte anschauen und die Resultate sehen - unvermeidliche Resultate dieser Liebe, wie sie sich in der Geschichte niedergeschlagen haben.

In einem Land nach dem anderen haben Christen ihre Besorgnis um unsere Erlösung zum Ausdruck gebracht und uns dazu eingeladen, Jesus anzunehmen. Immer und immer wieder wenn wir diese Einladung zurückgewiesen haben, hat sich diese Liebe in Bosheit und Haß verwandelt. Oft war Vertreibung und Tod die Folge.

Ein außergewöhnlicher zeitgenössischer Philosoph, Emil Fackenheim, hat es folgendermaßen auf den Punkt gebracht:

"Der Holocaust war die Zuspitzung einer 2000jährigen Kampagne der christlichen Welt gegen Juden. Es begann früh damit, daß sie uns erzählten: ’Du kannst nicht hier leben als Jude’. Und in einem Land nach dem anderen zwangen sie uns zur Konversion. Später wurde daraus die Botschaft: ‘Ihr könnt hier nicht leben.’ Und in einem Land nach dem anderen zwangen sie uns wegzugehen. Hitlers Botschaft war: ‘Ihr könnt nicht leben’ - und sie rotteten ein Drittel unseres Volkes aus".

Es ist ein langer, langer Weg von den Bemühungen und der Liebe, die unsere Nachbarn ausdrücken bis zu Hitlers Öfen.
Wenn ein Jude / eine Jüdin Jesus als seinen oder ihren Messias annimmt, dann erfüllt er oder sie keine biblische Prophezeiung. Wenn ein Jude Jesus als Messias akzeptiert, dann wird er (oder sie) Christ und verläßt damit die jüdische - religiöse - Gemeinschaft. Man kann nicht beides gleichzeitig sein: Jude und Christ. Das ist so seit mehr als 1800 Jahren als sich unsere Religionen gespalten haben und ihre getrennten Wege gingen. Dabei bleibt es auch heute.

Wenn jemand Christ werden möchte, so wünsche ich ihm oder ihr, daß dieser Weg ihm oder ihr spirituelle Erfüllung bringen möge. Aber er / sie kann nicht gleichzeitig Jude sein.
Wenn also die Kampagne Juden zu Jesus zu bringen ihr erklärtes Ziel erreichen würde und jeder Jude Christ werden würde, dann wäre das Endergebnis als hätte Hitler den Krieg gewonnen. Es gäbe keine Juden mehr. Das ist - kurz gesagt - der Grund, warum diese Bekehrungsfeldzüge mir solche Sorge bereiten."

Ende des Zitats

Und obiges ist auch der Grund, warum viele Juden sich darüber aufregen, dass ihre Vorfahren, die ermordet wurden aus keinem anderen Grund als dem, dass sie eben Juden waren, nun zum ’Hohn’ auch noch nachträglich zu Christen gemacht werden sollen.

Folgendes schrieb Ernest Michel u. a. an J. Richard Clarke vom Family History Department  siehe http://www.avotaynu.com/mormon.htm

"Baptism is a Christian ceremony that is particularly repugnant (widerlich, abstossend) to Jews. It reminds us of the centuries of persecution against Jews where our ancestors were given a choice; be baptized or suffer death. There are many Christians living today who can trace their family history back to people who chose option one. Our Jewish history books are filled with martyrs who chose option two."

Woraus man sehen kann: für manche Menschen ist die mormonische Totentauferei nichts als ein Jux für andere aber eine tiefe Beleidigung ihres Seins und ihrer Gefühle.

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