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Seite erstellt am 27.4.24 um 5:18 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Renate
Datum: Sonntag, den 27. April 2003, um 16:22 Uhr
Betrifft: Nächstenliebe und Druck

>Lange Zeit ging man davon aus, dass biologische Gründe die Ursache für bipolare Störungen sind, erst in letzter Zeit richtet sich der Fokus auf die Bedeutung psychosozialer Faktoren, "demnach sollen z. B. ... emotionale Labilität, dysfunktionale Einstellungen oder individuelle Tendenz zu Schuldgefühlen eine Person anfälliger für Belastungen und emotionalen Krisen machen."

Das ist eigentlich logisch nachvollziehbar.

>Ich überlegte mir: sensibel oder labil, je nachdem anfällig für psychische Störungen? Wer wird denn von der Sache Jesu angesprochenen? Weisst du, all sowas geht mir durch den Kopf. Zum Schluss ist noch jeder Christ (Liebe, sensibel, Gebote, Tendenz zu Schuldgefühlen etc.) labil. Verstehst du, was ich meine?.

Ja, jetzt verstehe ich es.:-) Aber ich sehe das eher so, dass eben "Christsein" nicht unbedingt gleichbedeutend mit Sensibilität und Nächstenliebe ist. Es kommt darauf an wie ernst man seinen Glauben nimmt.

>Keiner in der Selbsthilfegruppe würde sich als labil betrachten. Ich kenne die Geschichte der Leute und du bist auch auf Labilität eingegangen. Ich stimme den Leuten zu. Ich würde sie auch höchstens für sensibel halten. Und das sollte meiner Meinung nach jeder sein!

Richtig! Das ist eine wichtige Voraussetzung um mit seinen Mitmenschen auszukommen. Aber leider ist das eben nicht jeder.

>Ich hab’ eine depressive Freundin, die in einer psychosomatischen Klinik auf Kur waren. Da waren nicht wenige evang. und kath. Pfarrer/Priester, die der Glaube krank gemacht hat.

>Fazit: Der Glaube kann krank machen.

Selbstverständlich kann er das. Besonders dann, wenn die Ausübung des Glaubens im Widerspruch zur eigenen Lebenseinstellung steht. Was häufig bei "nicht ganz freiwillig" Konvertierten der Fall ist, oder bei Priestern/Pfarrern, die eigentlich keine Vorstellung davon hatten, was da mit dem neuen Amt auf sie zukommt. Besonders katholische Priester haben dann kaum mehr die Möglichkeit das rückgängig zu machen. Priester zu sein bedeutet eine enorme psychische Belastung, zu der nicht jeder geeignet ist. Denn:

1. Sehen die "Schäfchen" der Gemeinde in einem Priester immer eine besondere Respektsperson, die die bessere Verbindung zu Gott hat, also erwarten sie sich auch die Lösung all ihrer Probleme von ihrem Priester.

2. Kommt dazu die große Verantwortung der Aufgaben, die einen Priester ganz schön einsam sein lässt: Wie die Beichten, die Krankenbesuche und Segnungen, die letzte Ölung bei Sterbenden und das Trostspenden für die Angehörigen. Das stellt eine enorme Verantwortung dar, die ziemlich belastend ist. Denn wer tröstet den Priester wenn er keine Kraft mehr hat? Wer richtet ihn auf? Der evangelische Pfarrer hat wenigstens meist noch seine Frau und seine Kinder, also seine Familie.

Bei den HLT ist der Druck der Verantwortung genau so da. Es handelt sich da zwar "nur" um ein Laienpriestertum, aber trotzdem, der Priestertumsträger ist "etwas Besonderes" auch wenn es unzählige davon gibt. Allein schon der Auserwähltheitswahn katapultiert ihn höher als jeden anderen Priester. (Wobei die Katholiken der HLT da ja nicht viel nachstehen) Dadurch wird seine Verantwortung größer, ebenso die Erwartungen, die in ihn gesetzt werden. Besonders wenn er noch andere leitende Positionen besetzt, wie Bischof, Pfahlpräsident, etc. Und wie du schon in einem anderen Posting richtig sagtest: Es sind oft sehr einfache Leute, die keinerlei Führungsqualitäten aufweisen und trotzdem eine Gemeinde leiten sollen. Klar, dass da Überforderung vorprogrammiert ist.

>Es gibt viele, viele Gründe, aus denen ich jedem abraten würde, Mitglied zu werden. Jedoch nwürde ich nicht behaupten, dass HLTs anfälliger für psychische Erkrankungen sind als Mitglieder anderer hierarchischer Organisationen, wie du’s ja auch ansprichst.

Das würde ich auch nicht behaupten, deshalb stimme ich dir darin völlig zu. Nur geht es hier in diesem Forum eben hauptsächlich um HLTs.

>Und jetzt das allerfieseste: Sie sind mitverantwortlich  für psychische Erkrankungen (Stichwort Ellenbogengesellschaft,) die Erkrankten werden stigmatisiert und obendrauf sind die, auf denen Jesus steht, nicht fähig ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Was ist daran fies? Ich stime dir auch darin zu! Vielleicht nur mit der Einschränkung, dass diejenigen, "auf denen Jesus steht" sich dieser Verantwortung eben sehr oft nicht bewusst sind, weil es sich dabei meist nur um ein Lippenbekenntnis zu dieser Glaubenseinstellung handelt und sie selbst gar nicht fähig zu echter Nächstenliebe sind. Das soll jetzt nicht mal ein Vorwurf sein, denn Nächstenliebe ist im Christentum nun mal keine Selbstverständlichkeit, auch wenn es so propagiert wird, sondern eher ein Talent.

Diejenigen, die dazu tatsächlich fähig sind - die Philanthropen unter uns - die leben sie auch und das unabhängig davon, welchem Glauben sie angehören. Das ist meine Meinung dazu.

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