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Verfasser: Renate
Datum: Mittwoch, den 30. April 2003, um 15:41 Uhr
Betrifft: der Weg in die Freiheit ist nicht leicht

>Gunar hat es ganz nüchtern auf den Punkt gebracht. Chance etc. Das finde ich echt super. So würde mein Mann auch denken. Vielleicht Männer im allgemeinen?

Das denke ich nicht. So kann man das meist erst zusammenfassen und sehen wenn man genügend Abstand gewonnen hat. Ich bin der Meinung, dass ein wirklich gläubiger Mensch (egal ob männlich oder weiblich) immer leiden wird wenn er seinen Glauben verliert und deshalb eine mehr oder weniger schmerzvolle Ablösungsphase durchleben muss. Behauptet jemand das Gegenteil, dann ist er niemals wirklich gläubig gewesen. Es spielt dabei auch keine Rolle aus welchen Gründen man seinen Glauben verliert.

Bei mir war es die kritische Auseinandersetzung mit der Bibel und den Naturwissenschaften, die klar im Gegensatz zum christlichen Glauben stehen. Obwohl das Resultat für mich klar war, wollte ich es lange nicht wahrhaben. Ich habe immer wieder nach Möglichkeiten gesucht, meinen Glauben behalten zu können, aber das funktionierte nicht. Als die Bibel sich also aufgrund meiner neuen Erkenntnisse eindeutig nicht mehr als Wort Gottes darstellte, ja es diesen Gott der Bibel nicht mehr geben konnte, zerfiel selbstverständlich auch mein christlicher Glaube. Die Konsequenz war, ich musste auch die HLTs aufgeben, was ich damals eigentlich überhaupt nicht wollte. Ich habe mir also praktisch selbst den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber ich konnte mich auch nicht vor den Tatsachen verschließen.

Ich weiss noch, wie mich mein schlechtes Gewissen plagte, als ich beschloss nicht mehr zu beten, nicht mehr zu den Versammlungen zu gehen. Mich plagte auch diese Ungewissheit, die Angst ob meine Entscheidung  nicht vielleicht doch falsch sein könnte, ob ich vielleicht irgendetwas übersehen oder falsch interpretiert hatte. Mir gingen damals die unsinnigsten Gedanken durch den Kopf, aus Angst etwas falsch zu machen, aus der Hoffnung, vielleicht noch etwas retten zu können, aus der Sehnsucht irgendeinen Weg zurückfinden zu können.

Heute ist es für mich ziemlich unvorstellbar, dass ich mich einmal so gequält hatte. Ich weiss aber noch, dass mich diese Qual dazu anspornte noch mehr Bestätigung für meine neue Erkenntnis zu bekommen, also habe ich alles gelesen, was mir dazu in die Finger kam. Genau so erging es mir dann als ich das zweite Mal meinen Glauben verloren hatte, nämlich den Glauben an die HLT-Kirche, die ich bis zu meinem Besuch hier auf mormonen.de als etwas Besonderes betrachtet hatte, das ich nur leider für mich persönlich verloren hatte, da ich eben die Basis des Glaubens aufgeben musste.

Doch nun gibt es schon lange nicht mehr die geringste Spur von Unsicherheit. Keine Sehnsucht nach Glaubensgemeinschaft, keine Angst vor Bestrafung, keine Sinnlosigkeit, die ich befürchtet hatte. Ich genieße es frei denken und handeln und selbst die Verantwortung für mein Handeln tragen zu können. Alle Rechenschaft für mein Handeln nur noch mir selbst schuldig zu sein, und denen, die von meinem Handeln betroffen sind. Das ist schon ein schönes Gefühl, das aber mittlerweile so selbstverständlich geworden ist, obwohl ich es mir langsam erarbeiten musste. Aber der Weg dorthin war auch sehr spannend und lehrreich und ist es eigentlich immer noch, denn es kommen immer wieder neue Aspekte dazu. Trotzdem wird es mir immer wieder bewusst, wie beruhigend dieses Gefühl ist.

Verlier also nicht deinen Mut. Denn, seinen Glauben zu verlieren ist niemals einfach. Das braucht immer viel Zeit, viel Kraft und vor allem den Mut sich den Schwierigkeiten dabei  zu stellen. Der Trick dabei ist: sich selbst gegenüber ehrlich zu bleiben, sich nie mehr selbst zu belügen, egal wie unangenehm das auch sein mag.

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