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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Dienstag, den 28. April 2009, um 9:19 Uhr
Betrifft: Theologie der Bibel und Elohim

Lieber Waldläufer,

ich habe schon länger nichts mehr von mir hören lassen. In den letzten Wochen war ich zeitlich sehr eingebunden. Ich hoffe, es geht Dir gut. Nun habe ich aber doch mal wieder kurz ins Forum hineingeschaut und möchte Deine Aussagen kurz kommentieren.

Du schreibst:

> Ich denke, deshalb es ist wichtig, immer wieder einmal auf die in vielen Punkten nicht mir der Bibel zu vereinbarende Theologie hinzuweisen. Dazu erweist sich gerade das Tempelritual als okkultes  Konglomerat aus verschiedenen Quellen als besonders geeignet.

Ich würde Dein Statement anders formulieren und lieber von Widersprüchen zwischen den Lehren oder Gepflogenheiten der HLT-Kirche und den orthodoxen Credos sprechen, die um 300 n. Chr. (und später) entstanden sind. Das wäre aus meiner Sicht akkurater. Denn die verschiedenen Manuskripte, aus denen die heutigen Bibelversionen hervorgegangen sind, enthalten keine einheitliche Theologie. Man könnte auch sagen, dass sie z.T. eine andere Theologie enthalten als viele der heutigen Bibelausgaben. Ein Beispiel soll diesen Standpunkt verdeutlichen: Der Augustinermönch Erasmus von Rotterdam veröffentlichte 1516 eine griechische Version des Neuen Testaments, die u.a. Martin Luther als Ausgangstext für seine Bibelübersetzung diente. Erasmus wurde vorher unter massiven Druck gesetzt (u.a. von Papst Leo X.), bestimmte Passagen aus der jüngeren lateinischen Vulgata, anstatt aus den älteren und verlässlicheren griechischen Manuskripten zu übernehmen. Denn dieser jüngere und weniger authentische Bibeltext schloss Stellen mit ein, mit denen man die auf dem ersten Konzil von Konstantinopel festgelegte Lehre von der Dreifaltigkeit zumindest einigermaßen gut stützen konnte. Die älteren und verlässlicheren Quellen gaben das nicht her. Betrachtet man heute das Neue Testament der Einheitsübersetzung, so enthält es mehr Veränderungen im Vergleich zu den ersten uns zur Verfügung stehenden griechischen Manuskripten als Worte. Was ist also in diesem Fall eine „mit der Bibel zu vereinbarende Theologie“? Ist es die Dreifaltigkeitslehre?

Ich glaube, dass es Gott in seiner Allmacht problemlos möglich gewesen wäre, uns die Bibel bis in die heutige Zeit als 100% korrektes und widerspruchsfreies Werk zu überliefern. Er hat sich dazu entschieden, es nicht zu tun. Trotzdem begreift ein großer Teil der evangelikalen Bewegung die Bibel als Geschichtsbuch und betont, dass sie absolut irrtumslos und unfehlbar ist (so ist es z. B. in der „Chicago Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift“ von 1978 festgelegt). Wenn ich mit evangelikalen Christen diskutiere, dann wird häufig die Überzeugung geäußert, dass sich alle Lehren, die für unser Heil wesentlich sind, in der Bibel befinden. Und es kommt die Frage auf: „Was sollte man denn außer der Bibel noch brauchen? Kannst Du mir eine Lehre nennen, die wichtig ist, aber nicht in der Bibel steht?“ Wenn ich dann die Tempelarbeit erwähne, werde ich dafür meist scharf kritisiert, denn darüber findet man nichts in der Bibel. Ich soll also mit Dingen aufwarten, die nicht in der Bibel stehen, aber trotzdem in der Bibel erwähnt sein müssen. Das erinnert mich dann immer ein wenig an den folgenden Witz: „Frage: Wie viele evangelikale Christen sind nötig, um eine Glühbirne auszuwechseln? Antwort: Das lässt sich nicht sagen, denn darüber steht nichts in der Bibel.“

Weiterhin schreibst Du:

> Wenn also im Tempelritual  gleich zu Beginn "Elohim"  einen Jehova/JHWH hinabschickt, eine Erde zu gründen" usw, dann ist das ungefähr so, wie wenn die Bundeskanzlerin zu Angela Merkel sagt.....
> Abgesehen von den sonstigen okkulten Riten im Tempel ist das ein Thema, wo schnell die entsprechenden Aussagen auf den Punkt zu bringen sind. Das hat nichts mit Gefühl, nichts mit Zeugnis usw. zu tun, sondern nur damit, dass es da einen "Elohim" gibt, von dem die Bibel nichts weiß, denn Jehova (JHWH/Jahwe) ist der Elohim des AT.

Elohim ist der Allgemeinbegriff für Gott. Jehova ist hingegen ein Eigenname. Im Alten Testament werden viele Götter erwähnt, die ebenfalls mit dem Allgemeinbegriff Elohim bezeichnet werden konnten. Die Sicht der HLT-Kirche deckt sich in diesem Zusammenhang mit den meisten Bibelpassagen, in denen dazu Stellung genommen wird. Als Beispiel möchte ich 1. Korinther 8:6 anführen (Luther-Übersetzung): „So haben wir doch nur einen Gott, den Vater, von welchem alle Dinge sind und wir zu ihm; und einen Herrn, Jesus Christus, durch welchen alle Dinge sind und wir durch ihn.“ Es gibt also nur einen Elohim: den Vater. Und es gibt nur einen Herrn: Jesus Christus (der nach dem Glauben der HLT-Kirche im Alten Testament Jehova genannt wird). Im Tempelritual wird dementsprechend Gott Vater mit dem Allgemeinbegriff Elohim und Gott Sohn mit dem Eigennahmen Jehova bezeichnet. Deswegen passt Dein Beispiel mit Angela Merkel nicht. Denn es ist durchaus möglich oder sogar üblich, dass man seinen Vater nicht mit dem Eigennamen anspricht, während Väter ihre Kinder hingegen schon mit ihren jeweiligen Eigennamen rufen.

Viele Grüße

Gipfelstürmer

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