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der Beitrag:
Verfasser: Pyren
Datum: Freitag, den 10. März 2006, um 10:06 Uhr
Betrifft: Judentum -> Christentum -> Mormonismus

> Meiner Meinung nach gibt es keine gemeinsame jüdische-christliche Tradition.
Das kann ich nicht nachvollziehen.
Natürlich haben Judentum, Christentum und Mormonismus gleiche Wurzeln,

Christentum ist ein Spin-Off vom Judentum, aber das heutige Judentum hat sich ebenfalls weiterentwickelt. Das heutige Judentum, meist rabbinisches Judentum genannt, basiert auf den Unterlehrungen in der Synagoge, und nicht mehr auf dem Tempeldienst in Jerusalem.
Das Christentum verwendet die gleichen Grundtexte, interpretierte sie aber neu und fügte ein paar Bücher hinzu.

Mormonismus ist ein Spin-Off vom Christentum. Es verwendet die gleichen Grundtexte, interpretierte sie aber neu und fügte ein paar Bücher hinzu. (Hmm, das hatte ich doch schonmal getippt.)

Als beide Religionen sich von ihrer Mutterreligion trennten, entstand natürlich ein Konkurrenzverhältnis. Dieses Konkurrenzverhältnis spürt man ganz deutlich im neuen Testament, wo Jesus zum Beispiel Juden "Kinder des Teufels" nennt, oder im Buch Mormon, wo die christliche Kirche nach den Aposteln "große und gräuelreiche Kirche" genannt wird.
Beide male haben wir also eine Retroprojektion. Die Autoren der Evangelien projizierten die Probleme der Urchristen mit den Juden, die nicht an Jesus glaubten, in die Zeit Jesu zurück und
fügten Geschichten über gläubige Heiden hinzu.
Jospeh Smith retroprojiziert die Probleme, die im Laufe der Jahrhunderte bis ins 19 Jht. mit der Bibel entstanden, nämlich ein Wirrwarr unterschiedlichster Interpretationen der Texte, auf die Zeit Jesu zurück und behauptete, die Bibel sei geändert, klare und einfache Aussagen seien verkompliziert worden. Sein Buch Mormon ist auch in vielen Punkten einfacher zu verstehen, weil er mehr in Details geht und in einer moderneren Sprache schreibt als die Autoren des NT.
Doch schon heute sind seine Texte schlecht zu verstehen, so haben manche Menschen "white and delightsome" als "weiß(e Hautfarbe) und liebsam" verstanden und nicht als "rein und liebsam", wie Joseph Smith es gemeint hatte, weswegen es ja unter anderem geändert wurde...

Judentum, Christentum und Mormonismus gehen heute getrennte Wege, aber sie berufen sich auf den gleichen Grundstamm von Texten, die sie jedoch unterschiedlich interpretieren.
Der in der Bibel geschürte Antisemitismus ist aus einem Konkurrenzdenken heraus entstanden,
so wie das geschürte Anti-Christentum des Joseph Smith.
Beides sollte in seiner Geschichtlichkeit erkannt und akzeptiert, aber überwunden werden.

> Die Jüdische Tradition ist in dieser Relation vorzugswürdig. Sie hat niemals dem Christentum den Kampf erklärt...
Das ist Quatsch. Saul(aka. Paulus) hat Christen verfolgt. Viele Texte des NT drücken die Abneigung der Juden dagegen aus, Jesus als Messias zu sehen.
Juden waren in Bezug auf andere Religionen sehr intolerant, wie sich durch das ganze AT zeigen lässt. Und sie gingen nicht gerade zimperlich mit Andersgläubigen um.
Ihre relative Friedlichkeit in nachchristlicher Zeit ist ein reines Anzeichen politischer Schwäche.
Korruption und Boshaftigkeit zeigt sich erst, wenn es mit politischer Macht vermischt wird.
Dies findet man daher in der christlichen Geschichte, da das Christentum innerhalb der Macht des römischen Reiches groß wurde.
Ebenso findet man es in Japan, wo der buddhistische Klerus oft um politischen Einfluss buhlte und korrumpierte, weswegen die Herrscher oft keinen Ausweg sahen als die Hauptstadt zu verlegen, zum Beispiel von Nara nach Kyoto.

Ich wäre also vorsichtig mit solchen christenfeindlichen Argumenten.
Die unterschiedliche Grausamkeit der Religionen liegt nur in ihrer unterschiedlichen Dauer und der jeweiligen politischen Macht begründet. Die katholische Kirche ist immer ein Mustervorbild an Brutalität, weil sie nun einmal fast 2000 Jahre und dabei einige Machthöhen hinter sich hat.
Da kann Mormonismus mit 150 Jahren kaum mithalten.  Trotzdem sprechen Daniten, Mt. Meadows Massaker, etc. Bände über die Wildwest-Mentalität mancher Führer der Kirche.

Heute kam eine schöne Predigt auf BYU-TV. Elder Bednar berichtete über ein Treffen mit Hinkelstein einen Tag nach dem 11. September.
Hinkley betrat den Raum und sagte:
"Wir leben in schweren Zeiten. Gehen wir an die Arbeit."
und begann ein normales Arbeitstreffen, ohne auch nur ein weiteres Wort über die Terroranschläge zu verlieren.

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