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Seite erstellt am 26.4.24 um 17:02 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: shana
Datum: Mittwoch, den 13. Dezember 2006, um 16:35 Uhr
Betrifft: Veränderungen und Reformen

> Ich halte mich dann doch lieber zurück, anstatt irgendwelche liebenswerten Leutchen mit einer Wahrheit zu konfrontieren, die sie seelisch nicht verkraften würden. Es muß doch ein Alptraum sein, wenn man nach 40, 50 oder noch mehr Jahren erfährt, daß man sein ganzes Leben auf eine frei erfundene Geschichte aufgebaut hat.

Ja, diese Skrupel plagen auch manche(n) Pfarrer(in) im Angesicht ihrer Gemeinde-Schäfchen;-) Wobei Du in diesem Fall vielleicht das ’frei erfundene Geschichte’ ersetzen könntest mit: Um Gottes willen Kinder nehmt die Bibel doch bitte nicht gar so wörtlich! - Schliesslich hat man ihnen während des Studiums so einiges über die Entstehung des NTs etc. beigebracht, Bsp.: hier spricht der nachösterliche Jesus und so;-).....

> Ich möchte aber noch klarstellen, daß es nicht mein Ziel ist, daß Leute aus der Kirche austreten. Ich möchte Veränderungen, z.B. Ökomene, Gleichstellung der Frau im Priestertum, Aufarbeitung der Vergangenheit der Kirche etc. etc. Kurz gesagt, ich möchte, daß die Kirche Jesu Christi ihren Namen auch verdient.

Apropos Frau im Priestertum und Veränderungen, hast Du Dich schon mal mit feministischer Theologie beschäftigt? Nicht mehr ganz so aktuell, ich weiss, die meisten haben es aufgegeben, reformieren zu wollen und sind zu eigenen neuen Ufern aufgebrochen, trotzdem vieles  immer noch lesenswert.

Das folgende soll jetzt keine Buchempfehlung sein, war nur zufällig das letzte Buch, das ich zu dieser Thematik in der Hand hatte und ist deshalb noch am erinnerungsfrischten gewesen;-) Falls Dich diese Richtung  interessiert, muss Du schon selbst sehen, was Dir so ’zufällt’, siehe das, was Renate über den eigenen Weg finden und gehen geschrieben hat.:-)

Hildegunde Wöller Zitat (Vortrag auf einem Kirchentag) aus dem Buch "Religion ist zu wichtig, um sie den Männern zu überlassen" von Christa Mulack

" Ich bin aufgewachsen in einem lutherischen Pfarrhaus, und was ich zuerst von Gott lernte, war: Gott verdammt mich zum Tode, denn ich bin ein Sünder.
Als zweites lernte ich: Gott hat mich verdammt, aber auch begnadigt, ich muss ihm immer dankbar sein.
Als drittes lernte ich: Gott erwartet meine Dankbarkeit als Gehorsam. Ich soll den Eltern gehorchen, denn sie verteten ihn. Ich muss brav, fleissig und anspruchslos sein, denn alles, was ich bin und habe, bekomme ich nur aus Gnade.
Schliesslich lernte ich: Gott ist ein Kriminalist. Er sieht alles, hört alles, rächt alles, ich kann mich nirgendwo vor ihm verbergen, und da ich nicht vollkommen bin, bin ich ein Sünder und habe kein Recht zu leben.
Das war meine Kindheit und Jugend. Es roch für ich in der Kirche immer nach Tod und Verwesung, nach Sünde, nach Schuld, nach Karfreitag. Zitternd und in Schwarz* gekleidet, ging ich zum Abendmahl, denn wer es ohne rechten Glauben empfängt, isst es sich zum Gericht.
(* Anmerkung von mir für die Nicht-Protestanten: 1. Abendmahl im Anschluss an die Konfirmation im Alter von ca. 13/14 Jahren, übliche Kleidung damals, bei mir auch noch: schwarz)

Dann studierte ich Theologie. Dort lernte ich: Gott ist eine Chiffre. Ich muss denken lernen, möglichst abstrakt, denn Gott, das ist etwas für Gelehrte.
Zweitens lernte ich: Gott ist ganz anders als alles, was Menschen denken, glauben und beten. Jede Erfahrung, auch meine, jede Religion ist Sünde, ist Götzendienst, ist Abgötterei.
Drittens lernte ich: Gott ist gerecht. Er hat seinen geliebten Sohn zum Tode verdammt, um durch ihn Sühne zu bekommen für die Sünden der Menschheit. Da Jesus gelitten hat, darf auch ich nichts als Leiden erwarten in dieser Welt.
Gott ist auch ein Moralist, wenn ich jemanden liebe, ist das Sünde, auf die Verdammung folgt.
Ich lernte: Gott ist verborgen, er ist vielleicht sogar tot. Ich muss auf dieser Erde leben, als ob es ihn nicht gäbe.
Endlich lernte ich: Gott leidet selbst an dieser Welt, und seine Liebe zu ihr ist ohnmächtig. Alles Böse auf dieser Welt ist Schuld der Menschen, auch meine Schuld, und es hängt allein an mir, ob sich etwas bessert. Ich muss mich anstrengen.
Das war der Gott, von dem ich in meiner Studien- und Ausbildungszeit hörte. Ich spürte damals: Ich komme in dieser Theologie nicht vor. Was mich bewegt, hat keine Bedutung, ja es ist Sünde.
Ich lernte: Von diesem Gott ist keine Hilfe zu erwarten, es hängt an mir kleinem Menschen, ob sich auf dieser Welt etwas bessert. Es war also am ehrlichsten und redlichsten, zu leben, als ob es Gott nicht gäbe.
Aber ich habe gelitten unter dem Gottesbild meiner Kindheit, das micht verdammt, und ich habe gelitten unter dem Gottesbild meiner Studien-und Ausbildungszeit, das mich leer liess und Gott zu einem intellektuellen Gespenst machte. Nur konnte ich damals selbst nicht sagen, was ich meinte und warum ich litt.

Inzwischen habe ich meine eigene Stimme gefunden und sage, wie ich mir Gott vorstelle, trotz allem Gegenteiligen, was man mir von ihm gesagt hat. Doch wenn ich das sage, bekomme ich Widerspruch und Feindschaft zu spüren.
Wenn ich sage: Gott ist Liebe, unendliche Liebe, die niemanden verstösst und verdammt, so hat es doch Jesus gesagt, dann bekomme ich zur Antwort: Pfui, das ist billige Gnade, das ist Allversöhnung. Du nimmst Gott nicht ernst.
Wenn ich sage: Gott ist Geist, inspirierend, entzündend, begeisternd, ausgegossen auf alles Fleisch, dann bekomme ich zur Antwort: Pfui, das ist Selbsterlösung!
Wenn ich sage: Gott offenbart sich in allen Religionen, nicht nur uns Christen, sagt man: Pfui, das ist Synkretismus!
Wenn ich sage: Gott, der Schöpfer und der kosmische Christus ist in allen seinen Geschöpfen gegenwärtig, bekomme ich zu hören: Pfui, das ist Pantheismus, Animismus, natürliche Theologie!
Wenn ich sage: Gott ist auch weiblich, und wenn ich ihn in weiblichen Gestalten suche, bekomme ich zur Antwort: Pfui, das ist finsteres Heidentum!
Es bleibt also dabei: Ich bin eine Sünderin. Ich bin eine Sünderin, wenn ich das Gottesbild akzeptiere, das man mir vorhält, und ich bin ebenso oder erst recht eine Sünderin in den Augen meiner Kirche, wenn ich bekenne, welches Gottesbild mir hilft, zu lieben, zu glauben und zu leben.

Manchmal frage ich mich: Ist das Gottesbild, das man mich gelehrt hat, womöglich das Gespenst kranker Männer?"  Zitat Ende;-)

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