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zum Thema Beiträge zum Olympia-Korruptions-Skandal
Seite erstellt am 26.4.24 um 18:15 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Montag, den 18. Februar 2002, um 3:17 Uhr
Betrifft: SZ: On the rocks

Süddeutsche Zeitung
Mittwoch, 13.2.2002

On the rocks

War das ein gemütlicher Abend, damals ’93 bei den Welshs, in der Villa mit der gestelzten Glasveranda auf dem Abhang über Salt Lake City. Zuvor hatten wir in der Lounge von Delta Airlines Basketball angeschaut, Utah Jazz gegen New Jersey Nets, jetzt wurde Thanksgiving gefeiert. Truthahn auf dem Tisch, Frau Welsh schenkte alkoholfreien Punsch aus, Tom Welsh schnitt den Braten an, der Oberbürgermeister schaute vorbei, die IOC- Walküre Anita DeFrantz saß strumpfsockig auf dem Sofa, Dave Johnson schaute auch vorbei, und im Basement gab es für Nicht-Mormonen und andere Ungläubige Chardonnay und Merlot. Tom war Chef der Olympiabewerbung von Salt Lake City für ein Beraterhonorar von 10000 Dollar im Monat (hatte er als erfolgreicher Lawyer eigentlich gar nicht nötig), Dave sein hauptamtlicher Deputy (Jahresgehalt 200000 Dollar), und sie hängten sich mächtig rein, um die Winterspiele zu bekommen. Sie bekamen sie, wie man weiß.

Gestern fragte ein Eingeborener, ob wir schon mal hier gewesen seien. Ja, als Gäste von Tom Welsh: Darauf kriegt man hier zur Zeit in der Regel eine bedauernde Geste. Vieles ist nicht mehr so, wie es damals war. Frau Welsh ist nicht mehr Frau Welsh, weil sich Tom einen schlimmen Ausrutscher gegen sie leistete, was ihm erstens ein Verfahren wegen domestic violence einbrachte und ihn zweitens das olympische Amt kostete samt der vereinbarten nacholympischen Rente. Dave musste ebenfalls gehen, weil irgendwann die Meinung sich durchsetzte, die Utahs hätten bei der Bewerbung ein bisschen übertrieben, eine Million Dollar an Reisespesen und Gastgeschenken für Wahlmänner/Frauen des Internationalen Olympischen Komitees sei des Guten zu viel gewesen.

„Was können wir noch tun?“, hatten die Bewerber Tom&Dave uns oft gefragt in jenen Tagen, und wir antworteten, dass wir alles schon ziemlich okay fänden, die Abfahrtsstrecke vielleicht ein bisschen weit draußen liege, und auf alle Fälle der Alkoholausschank weniger restriktiv gehandhabt werden sollte, falls die Jugend der Welt tatsächlich nach Salt Lake City käme. Vermutlich haben die Beiden sich etwas Brauchbareres von uns erwartet, vermutlich waren wir doch ein bisschen zu naiv für ihre speziellen Ansprüche. Aber es hat ja auch ohne unsere Mithilfe geklappt.

Die Villa mit der gestelzten Glas- veranda steht wie damals über Salt Lake City. Aber die Welshs wohnen nicht mehr hier. Dave kämpft verbittert um Rehabilitation. Und der Truthahn war trocken, ehrlich gesagt.

gä

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel122179.php

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