Beitrag 2 von 9 zum Thema Zeugnis; Wissen oder Glaube ? |
Seite erstellt am 27.4.24 um 2:36 Uhr |
Verfasser: Andi Datum: Sonntag, den 11. März 2001, um 12:54 Uhr Betrifft: Zeugnis, Wissen, Glaube
Hallo Andreas,
ja, das ist genau das, was mir auch immer spanisch vorkam an den "Zeugnissen" und dem "mit GewiÃheit wissen"(komische Formulierug, oder?) Was für ein "Wissen" meinen die Leute da eigentlich? Wissen basiert doch immer darauf, daà man Beobachtungen oder Gedanken auf einfachere, bereits bekannte Tatsachen zurückführt. Durch die Verknüpfung von Beobachtungen/neuen Gedanken mit bereits bekanntem Wissen entsteht neues Wissen. Ich bin aber der Meinung, daà der Ãbergang zwischen Glauben und Wissen flieÃend ist, daà Menschen also eigentlich sehr wenig wirklich wissen. Beispiel: wenn jemand sagt: "Karl der GroÃe hat wirklich mal gelebt und war ein groÃer fränkischer König und später führte er das Karolingerreich", so akzeptieren wir das als WISSEN, obwohl wir uns dabei nur auf überlieferte Schriften stützen und keinen endgültigen Beweis haben, daà diese Geschichte nicht einfach eine Erfindung ist. Warum? Weil wir eine Plausibilitätsabwägung machen und berücksichtigen, daà bestimmte bestimmte historische Traditionen der Ãberlieferung von Ereignissen als "sicher" gelten können und indem wir die historischen Folgen betrachten und damit in Einklang bringen.
Dennoch verlassen wir uns auf das, was Gelehrte schreiben und was wir in Schulen, Universitäten u. ä. hören und lernen und dann GLAUBEN wir das Gehörte. Streng genommen kann also kaum jemand sagen, er WISSE MIT GEWISSHEIT, daà Karl d. Gr. tatsächlich so existiert hat, wie es gesagt wird und ob er tatsächlich gelebt hat. (Ja, es gibt tatsächlich eine Theorie von den "erfundenen 197 Jahren", die behauptet, Karl sei nur ein Mythos).So ist es aber mit fast allen Dingen, die wir lernen. Also: Menschen WISSEN eigentlich SO GUT WIE GAR NICHTS. Wissen heiÃt für mich, einen der GewiÃheit sehr nahekommenden Glauben zu haben.
Was nun das Zeugnis der Mormonen betrifft, so ist dies in der Tat ein sehr flüchtiges "Wissen". Ich vermute, daà nach der Anleitung in Moroni 10 erlangte "Zeugnis" ist in erster Linie von dem Wunsch des Betreffenden bestimmt, was er gerne wahr haben möchte. Es ist richtig, daà Mormonen meinen, mit dem Gebet zur Erlangung von Wissen, könne man eigentlich jedes Kirchendoktrin bestätigt bekommen.
Die Aufforderung in Moroni 10 ist auÃerdem so ein no-win-Spiel. Wenn ein Untersucher kein Zeugnis erhält, so hat er entweder nicht genug Glauben an Christus gehabt, oder nicht mit aufrichtigem Herzen gefragt oder er muà sich erstmal stärker an die Gebote halten und der Kirche erstmal folgen o.ä. In jedem Fall soll es der Fehler und die Schuld des Untersuchers selbst sein, wenn er kein "Brennen im Herzen" verspürt.Und GBHâs Zeugnis ist in der Tat völlig ohne Aussage und ohne jeden Sinn. Ich habe ihn auch noch nie zu pikanten Dogmen der Kirche Stellung nehmen hören. Deine 2 Fragen kann ich dir leider nicht beantworten, ich gehe aber stark davon aus, daà die Kirchenführer genau die gleiche Unsicherheit haben, wie alle anderen Mitglieder auch, genau wie ein neues Mitglied oder ein altes, wie ein 60-jähriger Pfahlpräsident und genau so, wie ein 9-jähriger PV-Junge. Ich kann aber bestätigen, daà die Zeugnisversammlungen an sich eher das Gegenteil von dem zeigen, was sie eigentlich bezwecken sollen: nämlich die GroÃe Unsicherheit um die Wahrheit des Mormonismus unter den Mitgliedern. Warum muà ein Mitglied, daà 30 aktiv in der Kirche ist, und vielleicht ein hohes Amt innehat, sich Zeugnisse anhören. Sagt so jemand nach dem Gottesdienst zu Hause zu seiner Frau: "du ich hatte schon fast gedacht, daà die Kirche vielleicht nicht wahr ist...Gut, daà ich heute 20 mal gehört habe, daà Leute wissen, daà die Kirche wahr ist...jetzt bin ich wieder erleichtert und gestärkt." ?
Wer lange genug in der Kirche ist, hat auch schon oft genuge "Zeugnisse" gehört. Es ist aber bemerkenswert, daà selbst jahrzehntelange Mitglieder eigentlich noch fast die gleiche UNSICHERHEIT über die WAHRHEIT der Kirche haben, wie neue Mitglieder. Diese ewige gegenseitige Bestätigung und das ständige Wiederholen von Parolen ("ich weià daà die Kirche wahr ist, ich weià auch, daà J.S. ein Prophet war und daà das Priestertum wieder bei uns vorhanen ist..."), sind ein eindeutiges Zeichen für die innere Verzweiflung und die Verknechtung der Mitglieder, an wacklige, zweifelfte Lehren zu glauben und selbst wenn man sehr, sehr lange in der Kirche ist, wird man diese Unsicherheit offenbar nicht los, sondern muà sie sich immer und immer wieder bestätigen lassen. Oder was besagt daÃ, wenn ein Hoher Priester sich von einem 7-jährigen Knirps sagen läÃt, daà die Kirche wahr ist -:)? Also, die Suche nach einem Zeugnis dauert das ganze Leben und man muà ihm ständig hinterher jagen. Mormonen sind wirklich arm dran und sie tun mir leid.
Der andere Andreas K.