Das Exmo-Diskussionsforum

Beitrag 9 von 10
zum Thema Das Polygamie-Geheimnis
Seite erstellt am 27.4.24 um 6:19 Uhr
zur Nachrichtenliste
der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Samstag, den 7. April 2001, um 8:05 Uhr
Betrifft: Präzisierung-Antwort

Gunar fragte an:

>Es handelt sich um das Buch von L. Steinfeld: Ehen zu dritt, 2. Aufl., Man Verlag, Berlin, 1928, ... "Am 29. August dieses Jahres [1852] war es, daß Brigham Young die Offenbarung des Joseph Smith über die Polygamie feierlich verkündete ... Der Priester Orson-Pratt [sic] gab in seiner Rede unumwunden
zu, daß die Polygamie bei zahlreichen Mormonen bereits seit einiger Zeit in Übung sei ... Dann sprach Brigham-Young ... Die Offenbarung enthielt sechsundzwanzig Abschnitte, von denen jedoch nur fünfundzwanzig veröffentlicht wurden, während der sechsundzwanzigste aus Gründen, die wir später betrachten werden, vollkommen geheim gehalten wurde.

Sehe keine Grundlage für eine solche Behauptung. Insbesondere, wenn man sich den angeblich "geheimen" Abschnitte anschaut, denn später heißt es:

>Erst später erfuhr man von dem sechsundzwanzigsten Abschnitt der Offenbarung von John [sic] Smith, den Brigham Young geheim gehalten hatte. Dieser Abschnitt bestimmt, daß ein Mormone, der in Vielehe lebt, nur wenn er zum Mörder wird, sündigen kann. Der Mormone kann daher, wenn es der Ausbreitung seiner Religion nützt, vor den Gerichten der
"Heiden" einen Meineid schwören. Er kann auch zum Scheine öffentlich gegen die Monogamie [sic] predigen, ohne damit eine Sünde zu begehen. Woodruff konnte daher die Polygamie scheinbar untersagen, weil dies zur Entfaltung der Mormonen-Religion und zur Erhebung Utahs zum Staat notwendig war, während die Mormonen allmählich mehr oder weniger offen neue Vielehen
eingehen können, wobei sie keineswegs eine Sünde begehen, sondern vielmehr ihre Pflicht als gute Mormonen tun.

Es ist zu beachten, daß der Schreiber an keiner Stelle irgendeinen Beleg dafür gibt, wie und wann obige Stelle "geheim gehalten" wurde. Sie entbehrt m.M.n. jeglicher Grundlage. Hier wird nichts anderes beschrieben, was in LuB 132:26, 27 (die gesiegelten Mormonen (in polygamer Ehe ... heute versuchen die HLT den sog. "neuen und immerwährenden Bund" als die Tempelehesiegelung darzustellen, wie es heute geschieht, LuB 132 beschreibt jedoch die polygame Ehesiegelung! inkl. LuB
131) zu finden ist und stets zu finden war: Das wer "keinen Mord ... wodurch sie unschuldiges Blut vergiessen" begeht, in die "Erhöhung" eingeht. Vers 27 schmückt dies dann noch aus.

Von der ursprünglichen "Offenbarung" Smiths (das spätere LuB 132) fertigte ja sein Sekretär William Clayton, am 12.07.1842, eine Niederschrift an. Einen Tag später kopierte Joseph Kingsbury die Vorlage Claytons . Die Kingsbury Kopie diente
später als Vorlage für das heutige LuB. Nach einer eidesstattlichen Versicherung von Clayton, 1874 in SLC aufgesetzt, entsprach die Kingsbury Kopie as "a true and correct copy of the original in every respect." So z.B. in HC 5:XXXIII zu finden. Kingsbury gab 1886 eine Erklärung ab (ibid), publiziert in Deseret Evening News, 20.5.1886, , daß seine Kopie was "pronounced the copy correct" und, daß " this copy, as also the original are identically the same as that published in the present edition (1886) of the Book of Doctrine and Covenants."

Weiterhin ist zu bemerken, daß lt. HLT-Quellen Brigham Young das obige Dokument erhielt. Dieses wurde dann am 14.9.1852 in den Deseret News Extra veröffentlicht, am 29.8.52 im SLC Tabernacle verlesen und lang und breit von Orson Pratt erläutert (z.B. unter JD 1:53ff.) Interessant ist, daß die RLDS ja bis zum heutigen Tage Yonug unterstellt, er hätte diese Offenbarung gefälscht, also Polygamy hinzugefügt. Ernsthafte Beweise habe ich dafür nie gesehen. Aus diesem Grund ist ja diese Offenbarung ja nie in eine RLDS LuB aufgenommen worden. Bis zum heutigen Tage findet man vielmehr die "alte" LuB 109 "Eheerklärung" (Monogamie), die ja erst in der 1876 (!) Ausgabe der Utah-LDS LuB herausgenommen wurde! Und durch eben LuB 132 ersetzt wurde. Welch Ironie, heißt zwischen 1852 und 1876 wiederlegten die Mormonen sich selbst.

Denke man kann sicher davon ausgehen, daß hier nichts weggelassen wurde, denn mit großer Sicherheit hätte z.B. B.H. Roberts in bekannter Manier es in HC kommentiert und wenn auch lediglich apologetisch unter der Teppich kehrend. Na, und Tanners hätten das Ding schon lange ausgeschlachtet, auch in altbekannter Manier.

>In den ersten Abschnitten [ab Vers 1] zitiert Joseph Smith als Beispiele für seine Lehre Abraham, Isaak, Jacob, David, Moses und Salomon.

Verwirrung tritt offensichtlich auch dadurch auf, daß hier von Abschnitten die Rede ist. Muß wohl an der Übersetzung liegen. Grundlage dürfte die ursprüngliche Offenbarung sein, so wie sie sich noch heute in HC 5 findet,nämlich ab Seiten 501, und dort sind es genau 26 Absätze! Es sind also offensichtlich Absätze gemeint und nicht Abschnitte. Dies würde dann auch bedeuten, daß z.B.:

>Im Abschnitt 7 [ab Vers 19] erklärt er, daß der Mann und die Frau, die sich den gegebenen Anordnungen fügen, zu Göttern werden.

Vers 20, nicht 19, nach den heutigen LuB entsprechen würde, was auch paßt, denn es ist der 7. Absatz.

>Im Abschnitt 13 [ab Vers 34] heißt es: "Gott befahl es Abraham, ...

Müßte daher Absatz 13 heißen.

>Im Abschnitt 4 [ab Vers 37] : "Abraham hatte Nebenfrauen ...

Müßte Absatz 14, nicht 4, heißen. Wohl schlichtweg ein Schreib- oder Editierfehler, typisches Merkmal wenn man nur abschreibt oder übersetzt ohne die eigentliche Recherche selbst anzulegen.

>Endlich sagt der Abschnitt 14 [ab Vers 61] : "Wenn ein Mann ...

Müßte dann Absatz 25 heißen. LuB 132 tauchte erstmals in der 1876 D&C Ausgabe auf, in der Neuauflage dieser Ausgabe von 1879, gedruckt in England (wegen mangelender Kapazizäten in Utah), wurden die LuB-Texte erstmals in Verse eingeteilt (veranlaßt von Orson Pratt).

Gunar dann weiter, anschließend wieder zitierend:

>Als Zugabe und Erweiterung meiner Anfrage bringe ich noch weitere Auszüge aus diesem Kapitel:

"Die Mormonen haben auch erlaubt, daß man Frauen, die miteinander verwandt sind, heiratet. So kann man gleichzeitig die Mutter und deren Tochter sowie auch mehrere Schwestern heiraten.

Jules Remy schreibt hierzu: "Ein seltsamer Gebrauch ist die Ehestellvertretung bei den Mormonen. Ein Mormone, der sich für mehrere Jahre auf eine Missionsreise begibt, ist meist gezwungen, sich von seiner Frau oder seinen Frauen - oft sind es bis zu zwölf - zu trennen. Diese Trennung aber führt notwendigerweise zu einem Verlust an Kindern und bedeutet damit eine Gefährdung des ewigen Heiles, da man die Familie eines Mannes als sein Königreich im zukünftigen Leben betrachtet. Daher sucht man diesem Hindernis abzuhelfen, indem man für den verhinderten Gatten einen Stellvertreter bestimmt. Es wird behauptet, daß viele Kinder im Gebiet der Mormonen aus dieser Stellvertreterschaft hervorgegangen sind. Der Mormone John Hyde, der später abtrünnig wurde, und der in seiner Eigenschaft als Priester in die tiefsten Geheimnisse des Mormonentums eingeweiht worden war, versichert, daß das Prinzip der Stellvertretung noch heute in Geltung sei, daß man es indessen zu verbergen suche und nur gleichnisweise davon spreche. Hyde teilt auch weiter mit, daß sich die Mormonen auf die alte Vorschrift Moses’ berufen, wonach der Mann die Kinder für seinen verstorbenen Bruder großziehen muß, und daß sie diesem Gebot die folgende Auslegung geben: Da der Tod auch nur eine zeitweilige Abwesenheit ist, so muß man eine zeitweilige Abwesenheit auf Erden wie den Tod behandeln. Da aber im Falle
des Todes die Stellvertretung bei den Frauen nicht etwa ein Verbrechen sondern eine Vorschrift ist, so ist dies auch im Fall der Abwesenheit gesetzlich und zu befürworten."

Remy hat Hydes Original (John Hyde, "Mormonism, Its Leaders and Designs, NYC, 1857) als Grundlage, nachzulesen unter:

http://thedigitalvoice.com/enigma/hyd1857b.htm#pg083a

Dort heißt es u.a.:

"Not only is it deemed proper to take the widows of some good brother, but also to take fresh wives for your dead brother ... A still more atrocious, but natural result of his sensual salvation remains. As a man’s family constitutes his glory, to go on a mission for several years, leaving from two to a dozen wives at home, necessarily causes some loss of family, and consequently, according to Mormon notions, much sacrifice of salvation. This difficulty is however obviated by the appointment of an agent or proxy, who shall stand to them-ward in their husband’s stead. Many and many a little child has been thus issued into the Mormon world. This is one of the secret principles that as yet is only privately talked of in select circles, and darkly hinted at from their pulpits and in their works. They argue that the old Mosaic law of a "brother raising up seed to his dead brother" is now in force; and as death is only a temporary absence, so they contend a temporary absence is equivalent to death; and if in the case of death, it is not only no crime, but proper; so also in this case it is equally lawful and extremely advantageous! This practice, commended by such sophistry, and commanded by such a Prophet, was adopted as early as at Nauvoo.

Much scandal was caused by others than Smith attempting to carry out this doctrine. Several, who thought what was good for the Prophet should be good for the people, were crushed down by Smith’s heavy hand. Several of thosehave spoken out to the practices of the "Saints." Much discussion occurred at Salt Lake as to the advisability of revealing the doctrine of polygamy in 1852, and that has caused Brigham to defer the public enunciation of this "proxy doctrine" ..."

Denke Hyde schmeißt hier etwas durcheinander, weil er es nicht besser wußte. Gemeint ist der Fakt der Polyandry, eine Tatsache, wie ja schon vor nicht langer Zeit hier angesprochen, die belegt, daß Joseph Smith sich an Frauen siegelte die noch mit anderen Männern verheiratet waren. Von den ersten 12 (belegbaren) polygamen Ehen von Smith, waren 9 (!) eigentlich polyandrisch, soll heißen, diese Frauen waren bereits verheiratet! Die Mehrheit mit Mormonen! So z.B. an die Frau von Apostel Orson Hyde während dieser auf Mission war, so z.B. in Palästina. Auch nett, kommst ins traute Heim und Deine holde Gattin ist nun mit Gordon B. Hinckley verheiratet. Eine Praxis die ja dann später in Utah unter Brigham Young ausgeweitet wurde, wo es laut Young rechtens war, daß die Frauen sogar ihre Männer verließen um ihn, Kimball oder andere "große" Kirchenführer zu heiraten, wenn a) die Männer
"abgefallen" waren (eine formelle Scheidung war nicht nötig), oder b) wenn eine Frau mit einem Mann verheiratet sein wollte, der eine größere Priestertumsautorität, so der "ewige Lohn" dann auch ein größere sein würde, so konnte die Frau sich an z.B. Meister Brigham siegeln lassen. Genials Prinzip: So manche Frau läßt sich mit der potenziellen Zukunft, Macht und Ansehen ködern, die Männer werden bestrebt sein gehorsam zu sein, um ja große "Führer" zu sein. Und es funktionierte, jedenfalls für die Hautevolee.

Gemeint sind also die sog. "proxy" (stellvertretenden) Ehe. Heuzutage ja normal in den HLT-Tempel, wonach jemand an eine verstorbene Person für die "Ewigkeit" gesiegelt wird, eine lebende Person ja "stellvertretend" am Siegelungsaltar "einsteht" während des Siegelungsrituals. Nur zu Smiths und Youngs Zeiten wurde eine Frau für "Zeit" an einen lebenden Stellvertreter gesiegelt. Smith und Young (auch andere) ließen es sich daher nicht nehmen, sich verheiratete Frauen zu "nehmen." Die "theologische" Begründung war eh einfach, die bis zum heutigen Tag ihre Gültigkeit hat, nur reden sie nicht laut darüber, stattdessen reden sie mehr über Tempel, Geld, mehr Missionare und noch mehr Missionare (siehe die Aufrufe während der letzten Generallonferenz). Für Smith und später Young war es einfach sich die weiteren Frauen zu nehmen, da diese eh in "wilder Ehe" lebten! Sie lebten sogar "in Sünde", denn sie waren ja lediglich "weltliche" als Ehepaar erklärt worden, und diese "weltlichen" und/oder nichtmormonischen, kirchlichen Priester hatten ja eh keine "Priestertumsvollmacht", also waren logischerweise diese Ehe ungültig. Einfach, aber radikal. Unter diesem Blickwinkel mal LuB 132:7 betrachten:

"... Alle Bündnisse, Verträge ... Eide, Gelöbnisse ... die nicht sowohl für Zeit als auch für alle Ewigkeit geschlossen und eingegangen und vom Heiligen Geist der Verheißung gesiegelt werden - durch den, der gesalbt ist (selbstverständlich Smith und/oder seine Handlanger, m. Zusatz) ... haben bei der Auferstehung ... keine Wirksamkeit, Kraft und Gültigkeit ..."

Genial. Ebenso werden ja nicht HLT-Taufen als nicht gültig betrachtet.

Es gab wohl Einzelfälle, wo Verwandte die Stelle von abwesenden Männern einnahmen (Mission etc.) um die Familie inkl. Ehefrau zu unterstützen. Hier lagen jedoch i.d.R. keine Ehen vor, waren also "Mitversorger." Dies war ja eigentlich Grundprinzip der Polygamie, "leisten" konnten sich es eh nur die Männer die die entsprechende Kohle hatten. Viele jüngere oder ärmere konnten es sich nie leisten, was ja auch zu Spannungen führte, denn es war nicht so, daß nach einer alten Mär, es einen Überschuß an Frauen gab, es gab eher zu wenig. Also strebte man fleißig in allem Gehorsam nach Anerkennung, sprich Priestertumsmacht ... äh ... Priestertumsvollmacht, sorry, die Berufungen und Kohle kamen dann als Segen, die Ehefrauen kommen dann von ganu alleine. Status und Macht, funktioniert von Anbeginn der Evolution (die Frau muß ja für sich und ihre Nachkommenschaft sorgen), von mir aus auch seit Anbeginn der Erschaffung, spielt keine Rolle. Packen wirs an ... denn wir wollen immer besser werden ...

zur Nachrichtenliste
auf diesen Beitrag antworten:

nicht möglich, da es sich um einen Legacy-Beitrag handelt

zur Nachrichtenliste
das Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge in diesem Themengebiet: zur Nachrichtenliste
die neuesten Beiträge außerhalb dieses Themengebietes: zur Nachrichtenliste
zurück
www.mormonentum.de