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Verfasser: Trzoska
Datum: Montag, den 7. Mai 2012, um 0:20 Uhr
Betrifft: NTV-Interview mit Holger Rudolph

http://www.n-tv.de/politik/Sie-sind-nicht-mehr-frei-article6103501.html
Holger Rudolph ist der Autor folgender Website:
http://www.mormonismus-online.de/index.php?inc=main.htm
Ich kopiere es mal hier rein, weil man nicht weiß, wie lange es bei NTV noch online bleibt:

Mittwoch, 25. April 2012

Ex-Mormone über Romneys Religion
"Sie sind nicht mehr frei"
Die USA werden womöglich bald von einem Mormonen regiert, Mitt Romney dominiert in fünf Vorwahlen tritt aller Voraussicht nach für die Republikaner an. Über seinen Glauben wissen die wenigsten Bescheid. Einer, der das Innenleben der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage kennt, ist Holger Rudolph, der die Gemeinschaft nach 14 Jahren verlassen hat. Er warnt im n-tv.de Interview: "Wer Mormone werden will, muss einen Teil seiner Persönlichkeit aufgeben."

n-tv.de: Ein Mormone, Mitt Romney, könnte bald Präsident der USA sein. Halten Sie das für problematisch?

Holger Rudolph: Nein, nicht problematischer, als wenn einer der strikten Evangelikalen Präsidentschaftskandidat ist.

Könnte Romneys Glaube sein Wirken beeinflussen?

Das wird sicherlich so sein, weil er gewisse Werte hat, die durch seinen Glauben geprägt sind und er ein spezielles Weltbild verinnerlicht hat. Aber so wie ich ihn einschätze, wird er versuchen, nicht den Anschein zu erwecken, dass die Religion einen zu großen Einfluss auf sein Handeln hat. Das könnte ihm nämlich mehr schaden als nutzen.

Hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage einen Einflussanspruch auf seine Mitglieder? Im Sinne von: Mitt Romney ist unser Präsident und erfüllt unsere Vorgaben?

Nein. Offiziell sicherlich nicht. Die Kirche wird sich da sehr bedeckt halten. Sie weiß genau: Wenn das passieren würde, würde das ein schlechtes Licht auf die Gemeinschaft werfen.

Sie sind aus der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage ausgetreten. Warum?

Ich habe mit 30 angefangen, nochmal über mein Leben und meinen Glauben nachzudenken. Dabei bin ich auf viele Ungereimtheiten und Probleme gestoßen und mit 33 Jahren zu dem Schluss gekommen, dass diese Gemeinschaft nicht das ist, was sie behauptet zu sein.

Als Reaktion auf Ihren Austrittsantrag sind Sie exkommuniziert worden.

Das ist richtig. Bei mir wurde ein Kirchengericht angesetzt, weil ich eine Führungsposition innerhalb der Gemeinschaft innehatte und im Internet bereits Recherchen und kritische Informationen über die Mormonen veröffentlicht hatte.

Diese Aufklärungswebseite besteht fort. Sie wollen damit Mormonen den Austritt erleichtern. Ist das nötig? Kann man nicht einfach sagen: Ich will austreten?

Doch, das geht schon. Aber das Problem ist, dass die Mitglieder indoktriniert sind, in ihrem Weltbild gefangen. Es ist ganz schwer, zu erkennen, dass man an die falsche Religion glaubt oder in einer Gemeinschaft ist, die nicht den Wahrheitsanspruch erfüllt, den man erwartet hatte. Die Webseite soll helfen, über die Geschichte und die Lehre der Mormonen aufzuklären, um Mitgliedern zu helfen, den Schritt nach außen zu wagen. Es geht mir aber auch darum, Menschen zu informieren, die sich mit dem Gedanken tragen, Mitglied zu werden.

Wie sind Sie denn selbst zum Mormonen geworden?

Ich war damals 19 Jahre alt und auf der Suche nach etwas. Viele Mormonen kommen in dieser jungen Erwachsenenphase in die Kirche, oft auch, weil sie in ihrem bisherigen Leben Defizite erfahren haben. Die Mormonen haben sehr interessante Antworten auf das Leben gehabt, die mich damals angesprochen haben. So bin ich relativ schnell und unkritisch, innerhalb von vier Wochen, Mitglied geworden.

Wie lief denn der erste Kontakt?

Ich bin in der Fußgängerzone in Freiburg von Missionaren der Mormonen angesprochen worden. Die haben dann mit mir Termine vereinbart, um mich in ihr Belehrungssystems zu integrieren. Es gibt sechs Lektionen, die ein sogenannter Untersucher, also ein Interessent der Mormonen, durchlaufen muss, bevor er Mitglied werden kann.

Oberflächlich betrachtet, vertreten Mormonen recht akzeptable Grundsätze: Sie haben einen hohen moralischen Anspruch, wenden sich von ungesunden Genüssen ab, ihr Auftreten in der Öffentlichkeit ist positiv und freundlich. Wo liegen die Gefahren?

Die Gefahr liegt in der starken Indoktrinierung. Sie lassen Ihr altes Leben völlig hinter sich und übernehmen ein Glaubens- und Weltbild, das ausschließlich von den Mormonen geprägt wird und alle Bereiche Ihres Lebens beeinflusst. Sie müssen einen Teil Ihrer Persönlichkeit aufgeben, um Mitglied bei den Mormonen werden zu können. Und das ist der kritische Punkt: Sie sind nicht mehr frei, weder in ihrem Denken noch in ihrem Handeln. Das führt schließlich zu Abhängigkeiten.

In Ihrer Zeit bei den Mormonen haben Sie auch bestimmte Funktionen ausgeübt. Wie kommt man da hin?

Die gesamte Gemeinschaft ist durch ein Laienpriestertum organisiert. Jeder Mann erhält, wenn er "würdig" ist, das Priestertum. Darin gibt es verschiedene Ämter, zu denen man berufen wird. Vorgesetzte, in der Regel der Bischof oder die sogenannte Pfahlpräsidentschaft, entscheiden, dass ein Mann - oder eine Frau außerhalb des Priestertums - ein bestimmtes Amt oder Aufgabe empfangen soll. Je nachdem, wie sehr Sie sich anstrengen oder wie gut Sie da mitmachen, steigen Sie relativ schnell auf.  

Generell ist die Kirche streng hierarchisch aufgebaut. Ziel ist die Gottwerdung der Mitglieder.

Die Mormonen glauben tatsächlich, dass sie selbst einst zu Göttern werden können und dass es nicht nur einen Gott gibt, der selbst einst Mensch war, sondern viele Götter. Das bedeutet: Es kommt irgendwann ein Erlöser auf eine Erde wie diese, der den sogenannten Geistkindern Gottes die Rückkehr in sein Reich ermöglicht. Aber dazu muss man Mormone sein und deren Tempelriten empfangen haben. Dadurch entsteht ein großer psychologischer Druck, der auf den Mitgliedern lastet. Denn die Anforderungen, Gott zu werden, sind sehr hoch. Zudem sind Sie zu Verschwiegenheit verpflichtet, etwa was das Tempelritual anbetrifft. Das macht die Mormonen zu einer stark religiös-elitären Gruppierung. Sie nennen sich ja auch selbst "Heilige der letzten Tage".

Kein Nicht-Mormone darf die Tempel betreten. Was geht da drin vor sich?

Erst nach einem Jahr Mitgliedschaft dürfen Sie in diesen Tempel gehen. Dazu brauchen Sie einen Tempelempfehlungsschein, den nur ausgestellt bekommt, wer "würdig" ist. Ein Bischof interviewt Sie und prüft, ob Sie sich moralisch rein halten und andere wichtige Kriterien erfüllen. Im Tempel werden dann zum einen stellvertretende Taufen für Verstorbene vollzogen. Die Mormonen glauben ja, dass auch Menschen, die sterben und in die sogenannte Geisterwelt kommen, das mormonische Evangelium gepredigt wird und sie posthum die Möglichkeit haben, es anzunehmen. Zum anderen erhält im Tempel jedes Mitglied seine sogenannte Begabung, auch "Endowment" genannt. Dieser Ritus ist zurückzuführen auf die Freimaurer, gemischt mit Ideen von Joseph Smith [Gründer der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage]. Sie empfangen eine Belehrung sowie Zeichen und Kennzeichen, die sie eines Tages brauchen werden, um in den Himmel zu kommen.

Was sind das für Zeichen?

Das sind Griffe und Handzeichen, die von den Ritualen der Freimaurer des 19. Jahrhunderts abgekupfert sind. Smith war Freimaurer und hat damals diese Tempelzeremonie geschaffen. Bis 1990 hat es auch noch Strafzeichen gegeben. Ich habe das selbst noch erlebt.

Wie sah das aus?

Den Mitgliedern wurde gedroht, dass sie auf eine bestimmte Art und Weise umkommen könnten, wenn sie ihre Zeichen öffentlich preisgeben. Da wurde die Hand über den Hals gezogen, über die Brust oder über den Bauch, um zu symbolisieren, wie man zu Tode kommen könnte. Dadurch wurde ein starker psychischer Druck auf die Mitglieder ausgeübt, um Geheimhaltung zu gewährleisten.

Sie sprechen sehr offen über diese eigentlich geheimen Tempelriten, sind in den Augen der Mormonen ein Verräter. Gibt es Reaktionen auf Ihre Offenbarungen?

Die Mormonen sind keine Psychosekte wie die Scientologen, das muss man unbedingt unterscheiden. Es gibt keine Repressalien, keine Drohungen oder Verfolgungen. Das Einzige ist, dass immer mal wieder Mitglieder versuchen, mich per Mail oder Telefon zu erreichen, um mir klarzumachen, dass ich auf dem Irrweg bin. Doch das beeindruckt mich nicht mehr. Ich habe nach meinem Austritt ein neues Leben begonnen: neue Freunde, ein neues Weltbild, die Aufarbeitung meiner Vergangenheit. Das war kein einfacher Weg. Aber die Mormonen spielen jetzt, nach 13 Jahren, keine Rolle mehr in meinem Leben.

Mit Holger Rudolph sprach Johannes Graf

Und hier noch ein weiteres Interview mit Holger in der Aachener Zeitung:
http://www.mormonismus-online.de/pdf/Interview-Aachener-Zeitung-17.10.2011.pdf

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