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Verfasser: Sappho
Datum: Donnerstag, den 27. Dezember 2007, um 21:00 Uhr
Betrifft: Joseph Smith wollte sich befreien lassen

Die Legion und die letzten Stunden von Joseph Smith

Die Legion wurde mittels der Nauvoocharta am 4.2. 1841 aufgestellt, Smith wurde zum Generalleutnant am 10.3.1841 gewählt und von Gouverneur als solcher bestellt. 1846 wurde der Stadt Nauvoo und der Legion die Chartarechte wieder entzogen. Dies nachdem Joseph Smith am 18.6.1844 (kurz nach dem obigen Besuch von Josiah Quincy) in Nauvoo das Kriegsrecht ausgerufen hatte. Smith erhoffte sich in den letzten Stunden seines Daseins im Carthage Gefängnis, noch Rettung mittels der Nauvoo Legion. Ganz im Gegensatz zu den lieb gewonnenen Darstellungen, wie Smith seinen Tod entgegensah:
„Als Joseph sich nach Carthage begab, um sich den angeblichen Forderungen des Gesetzes zu stellen, da sagte er, ein paar Tage vor seiner Ermordung: "Ich gehe wie ein Lamm zur Schlachtbank, aber ich bin so ruhig wie ein Sommermorgen; mein Gewissen ist frei von Schuld gegenüber Gott und allen Menschen. Ich werde unschuldig sterben, und man wird von mir noch sagen: Er wurde kaltblütig ermordet.“ (LuB 135:4, auch HC 6:555)

So berichtet der Zeitgenosse von Smith, Allen Stout, dass der stellvertretende Kommandeur der Nauvoo Legion, Generalmajor Jonathan Dunham, von Smith den Befehl hatte, ihn zu befreien. Schrieb Stout (dieser war Leutnant unter Dunham):

„Und während sie (Hyrum & Joseph Smith) im Gefängnis waren, schrieb Bruder Joseph einen offiziellen Befehl an Jonathan Dunham um die Legion zu bringen, und ihn davor zu retten, getötet zu werden. Dunham ließ jedoch keinen Menschen oder Sterblichen wissen, dass er solche Befehle erhalten hatte und wir blieben unter Waffen in der Stadt ...“ (Allen Joseph Stout, Autobiography and Diary, Typescript, BYU Special Collections, S. 21: in Dean C. Jessee, Hrsg, The Personal Writings of Joseph Smith, Salt Lake City, 1988, S. 699).

Thomas B. Stenhouse berichtet in seinem „The Rocky Mountain Saints“ (New York, 1873, S. 164), dass Dunham den Befehl von Smith in seine Tasche packte und den Befehl verweigerte.  Da zuerst niemand Kenntnis vom Befehl hatte, fühlte sich Dunham sicher. Durch ungeklärte Umstände verlor jedoch Dunham das Schriftstück in den Straßen von Nauvoo, wo es sodann gefunden wurde.
Eigentlich ist Dunham der unbesungene Held von Nauvoo, denn eine Ausführung des Befehls von Smith hätte mit Sicherheit zu einem Bludbad in Nauvoo und Carthage, womöglich einem Bürgerkrieg, geführt. Es hätte unweigerlich eine Auseinandersetzung mit den Milizeinheiten in Carthage gegeben und den weitaus größeren Milizeinheiten des Bundestaates Illinois. Nur beurteilten Mitmormonen sein Verhalten anders. Dunham wurde als „Feigling und Verräter“, oder als „Narr und Idiot“ bezeichnet (siehe z.B. D. Michael Quinn, The Mormon Hierarchy: Origins of Power, Salt Lake City, 1993, S.179). Im Juli 1845 kam Dunham durch ungeklärte Umstände zu Tode (ob durch Mord, Selbstmord oder Krankheit konnte nie eindeutig festgestellt werden).
So macht es Sinn, wenn man liest, dass beim Angriff von mehr als 250 Bewaffneten auf das Carthage Gefängnis, Joseph zuerst die Ruhe bewahrte, den aufgeregten Gefängniswärter, George Stignall, sogar mit den Worten beruhigen wollte: „Kümmern sie sich nicht darum, sie sind gekommen um mich zu retten.“ (Brief von Thomas Holman Jr. an George C. Weston, 30. Juli 1844, Special Collections, Newberry Library, Chicago, Illinois, in: Quinn, ebd., S. 141, Herv. v. m.). Smith hatte sich geirrt und wurde nur Minuten nach seiner versuchten Flucht aus dem Fenster, am Brunnen vor dem Gefängnis angelehnt, regelrecht exekutiert (per Bajonett und Erschießung). Erst nach dem verzweifelten Versuch von Smith mittels des scheinbar kuriosen Ausrufes: „O Herr, mein Gott, gibt es keine Hilfe für den Sohn einer Witwe?“ Dies entspricht den Worten des freimaurerischen Notsignals, wodurch Smith offensichtlich versuchte, evtl. anwesende Freimaurer dazu zu bewegen, ihn zu retten. Es sei daran erinnert, dass praktisch jeder Mormone in Nauvoo und naher Umgebung mittlerweile Freimaurer geworden war. So sagte  z.B. die polygame Ehefrau von Joseph Smith, Zina D. Huntington, aus:

„Ich bin die Witwe eines Freimaurermeisters, der als er aus dem Fenster des Carthage Gefängnisses sprang, von Kugeln durchsiebt, das Freimaurernotsignal  ausführte ...“ (in: Andrew Jenson, Latter-day Saint Biographical Encyclopedia, Bd. 1, Salt Lake City, 1901, S. 698, auch Mervin B. Hogan, Freemasonry and the Lynching at Carthage Jail, Salt Lake City, S. 10f.).

Selbst die Kirchenzeitung „Times & Seasons“ vom 15. Juli 1844 schrieb (5:585):

„Sie waren beide Freimaurer im guten Stand. Ihr Brüder der mystischen Verbindung, was denkt ihr? Wo sind unsere guten Meister Joseph und Hyrum? Gab es nicht einen ... der bewegt wurde ... Josephs letzter Ausruf war: O Herr, mein Gott ... mit gehobenen Händen gaben sie das Zeichen der Not ...“ (engl. sign of distress).

Der Ratgeber in der sog. Ersten Präsidentschaft unter Brigham Young, Heber C. Kimball war der Meinung:

„Ja, Freimaurer, so wird gesagt, waren sogar im Mob der Joseph und Hyrum im Carthage Gefängnis ermordete. Joseph gab das freimaurerische Notsignal als er zum todbringenden Fenster sprang.“ (Orson Whitney, Life of Heber C. Kimball, Salt Lake City, 1888, S. 26).

Der späte John D. Lee beschrieb die letzten Worte von Smith: „Joseph verließ die Tür, sprang zum Fenster und rief aus: ‘O Herr, mein Gott, gibt es keine Hilfe für den Sohn einer Witwe.’ “ (John D. Lee, Mormonism Unveiled, or, The Life and Confessions of the Late Mormon Bishop, John D. Lee, St. Louis, 1877, S. 153).

Mormone Cecil McGavin beschreibt in seinem  „Mormonism & Masonry“ (Salt Lake City, 1956, S. 17), betreffs der letzten Worte von Joseph Smith:

„Die waren nicht der Anfang eines Gebetes, weil Joseph Smith nicht in dieser Manier betete ... der wusste, dass der Tod nah war, fing an das Notsignal der Freimaurer zu wiederholen, dadurch wohl den Schutz erwartend, den seine Mitglieder verpflichtet sind, ihrem Bruder in der Not zu gewähren.“

William Morgan (in: „Illustrations of Masonry“, Batavia, 1826, S. 76) beschreibt die Ausführung des freimaurerischen Notsignals:

„Das Zeichen wird gegeben, indem man beide Hände und Arme bis zum Ellbogen rechtwinklig hebt, einen auf jeder Seite des Kopfes, die Ellbogen bilden einen rechten Winkel. Die Worte die das Zeichen im Falle der Not begleiten sind: ‚O Herr, mein Gott, gibt es keine Hilfe für den Sohn einer Witwe.“

Das von Morgan beschriebene Notsignal kann hier eingesehen werden (entsprechen der 2. Auflage von 1827, S. 76):

http://www.utlm.org/onlinebooks/captmorgansfreemasonry4.htm#76

Es wundert daher nicht, wenn die offizielle Kirchengeschichtsschreibung dies alles unerwähnt lässt, und Joseph Smith den Märtyrertod sterben lässt mit den Worten auf den Lippen „O Herr, mein Gott!“ (LuB 135:1)

So wundert das „Rätsel“ um Joseph Smith auch nicht mehr, es wundert nicht, das mittels verklärter Geschichtsschreibung Nachfolger von Smith Sätze von sich geben können wie:

„Der Tag wird kommen meine Damen und Herren, ob sie zur Kirche gehören oder nicht, wo sie zu (Joseph Smith) aufsehen werden, wie zu einem Gott.“ (Heber C. Kimball, Journal of Discourses, 5:88)

Die mormonische Gruppendynamik erklärt sich, wenn man die Worte von Psychologen Manfred F.R. Kets de Vries („Crisis Leadership and the Paranoid Potential,“ Bulletin of the Menninger Clinic, Juli 1977, S. 358) liest, dass:

„ständige positive Erwiderungen der direkten Untergebenen eines Führers, bei sogar seinen unberechenbaren Handlungen desjenigen, verantwortlich sein kann für einen allmählichen Zerfall der Wahrnehmungsfähigkeit der Realität.“

Diese Verherrlichung und Selbstüberschätzung kann bereits in der Familie ihre Wurzeln oder Nahrung haben. So berichtet z.B. Emma Smith gegenüber Gästen am 4. Januar 1844, ihr Ehemann sei „größer als Bonaparte. Er könne nie ohne seine Freunde essen.“ Und laut Joseph war dies die „weiseste Aussage die er je von Emma gehört“ hat (HC 6:166).

Die Ironie liegt darin, dass dem Führer, dem es gelingt seine Bewegung, Gemeinschaft etc. zu einer Erfüllung ihrer Phantasien zu bringen, oft genug auf dem besten Wege seiner eigenen Selbstzerstörung ist (siehe hierzu auch „The Entrepreneurial Personality: A Person at the Crossroads,“ Journal of Management Studies, 1977, S. 34).
Joseph Smith sollte dieses Schicksal ereilen.
Quelle: http://www.mormonismus.de/

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