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Verfasser: SvenB
Datum: Sonntag, den 1. Februar 2004, um 21:27 Uhr
Betrifft: Kontext

Hi Sara!

Ja, es empfielt sich immer den Kontext zu lesen. Leider beachtet dies die Kirche in vielen Fällen überhaupt nicht. Die Trägheit der Menschen kommt ihr dabei noch zugute. Ich war damals so stolz auf die Kirche, als ich den "Topical Guide" entdeckte, ich hatte das Gefühl, die Kirche weiß alles über die heiligen Schriften und sie weiß auch wie man die Stellen interpretiert. Der Spruch "Wenn du dich auf was verlässt, bist Du verlassen" gilt leider auch für die Kirche, sie manipuliert in sehr vielen Fällen. Ein schönes Beispiel ist der Leitfaden für FHV und Priestertum vom Jahr 2000, der Brigham Young als Monogamen Ehemann darstellt - das Mormonen das akzeptieren ist mir schwer verständlich. Der Link, den Dir Renate gegeben hat ist auch ein gutes Beispiel, aber auch hier würde ich mich nicht auf den verlassen, der interpretiert (in diesem Falle James), sondern möglichst Original-Texte besorgen - wenn man viele Texte und Aufzeichnungen aus der Zeit liest, erhält man ein differenzierteres Bild über Joseph Smith - dazu muss es einem aber erlaubt sein, JS ernsthaft in Frage zu stellen - wer davor Angst hat ist in den Fängen einer Sekte.

Hier nochmal das Beispiel, das Renate Dir genannt hat, ich finde es sehr exemplarisch für Kontextmissbrauch. Aber: um auszuschließen, dass keine Missbrauch im Wechsel stattfindet, muss man selbst die betreffenden Stellen lesen, deshalb ist es gut, wenn Du Dir das komplette Werk ausdrucken lässt...

Aus: http://www.mormonismus.de/general_smith.htm

>Besuch in Nauvoo
Geschichtsberichte, Lehrmaterialien oder Magazine der Kirche stellen den "Präsidenten, Propheten, Seher und Offenbarer", Joseph Smith, in stets stereotyper Art und Weise dar. Eine musterhafte bildliche Darstellung ist links zu erkennen. Interessant ist die Vorgehensweise von Beschreibungen über Joseph Smith. So findet sich im offiziellen Lehrmaterial des Bildungswesens der Kirche für Studenten und erwachsene Teilnehmer des sog. "Instituts" folgende Beschreibung:

"Josiah Quincy, ein prominenter Bürger aus Neu-England, der später Bürgermeister von Boston wurde, besuchte Joseph Smith zwei Monate vor dessen Tod. Viele Jahre später schrieb er über die Menschen die ihn am meisten beeindruckt hatten. Ãœber Joseph Smith schrieb er: "Es ist keineswegs unwahrscheinlich, daß sich in einem Lehrbuch für noch ungeborene Generationen eine Frage finden wird wie: ’Welcher Amerikaner des neunzehnten Jahrhunderts hat den stärksten Einfluß auf das Schicksal seiner Landsleute gehabt?’ Und es ist keineswegs unmöglich, daß die Antwort auf diese Frage heißt: ’Joseph Smith, der Mormonenprophet." (Josiah Quincy, Figures of the Past from the Leaves of Old Journals, Boston, 1883, S. 376, in: Religion 341-343, Die Geschichte der Kirche in der Fülle der Zeiten. Die Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Rev. Ausgabe 1993, o. O., S. 284)

Dasselbe Zitat findet sich im offiziellen Werk "Die Wahrheit Wiederhergestellt. Ein kurzer Abriß der Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage." (Frankfurt am Main, rev. Aufl. 1979) Geschrieben vom Präsidenten der Kirche Gordon B. Hinckley mit dem Zusatz:
"Derart waren die Eindrücke, die die Besucher Nauvoos gewannen, wenn sie den bedeutendsten Bürger der Stadt kennenlernten." (ebd., S. 71)

Was beide Werke verschweigen sind andere Eindrücke und Beobachtungen von Josiah Quincy, so schreibt dieser im gleichen Werk:
"Fanatiker, Hochstapler, Scharlatan könnte er gewesen sein, aber diese harten Namen stellen keine Lösung für das Problem dar, welches er uns liefert. ... aber der wunderbare Einfluß, den dieser Gründer einer Religion ausübte und noch immer ausübt, legt ihn uns nicht ... dar als Gauner der angeklagt werden muss, sondern als ein Phänomen, welches erklärt werden sollte." (Quincy, ebd., S. 377)

Quincy berichtet weiter, dass seine Ankunft in Nauvoo offensichtlich "General Smith" zugetragen worden sei,  und "die Kutsche des Propheten" ihn erwartete. Quincy hatte eine Reisebegleitung in Person von Charles Francis Adams. Beide wurden hofiert. Diese Hofierung führte Quincy auf "einen merkwürdigen Fehler" zurück. Die Mormonen verwechselten nach seiner Meinung ihn und seinem Begleiter Adams. Offensichtlich hatte man ihn mit dem ehemaligen Präsidenten der USA, John Quincy Adams, verwechselt. Smith begrüßte ihn in "gestreifter Hose, einer Leinenjacke, die die Waschwanne in letzter Zeit nicht gesehen hatte, und einen Dreitagesbart." (ebd., S. 380f.) Smith sollte nun bemerkenswerte Dinge von sich geben, so erklärte er den beiden Besuchern, dass er durch seinen:
"Freund Gouverneur Ford, eine Charta erhalten hatte. Die Vergangenheit hatte ihm gezeigt, dass eine militärische Organisation notwendig war. Er war nun der Führer von dreitausend Männern, ausgerüstet vom Staate Illinois und ihrer Miliz zugehörig, und die Heiligen wären ebenso bereit zu kämpfen, als auch zu arbeiten. "Ich entschied," sagte Smith, "dass der Kommandeur meiner Truppen ein Generalleutnant sein müsse, und ich wurde natürlich zu dieser Position ausgewählt. Ich sandte mein Zertifikat der Wahl an Gouverneur Ford und erhielt dafür das Patent des Generalleutnants der Nauvoo Legion und der Miliz des Staates Illinois. Wenn ich nun die Verfassung der Vereinigten Staaten überprüfe, dann stelle ich fest, dass ein Offizier nur von einem Kriegsgericht angeklagt werden kann, welches aus Gleichrangigen zusammengesetzt sein muss; und, da ich der einzige Generalleutnant im Lande bin, denke ich, dass sie es ziemlich schwer haben werden, mich anzuklagen." (ebd., S. 384, Herv. v. m.)

Anschließend versuchte Smith dann Quincy mit seiner Beherrschung „aller Sprachen“ zu beeindrucken. Quincy fand es nicht verwunderlich, dass Smith dies nicht mittels der „klassischen Sprache“ (Latein, Griechisch) tat, sondern der hebräischen Sprache. Keiner der mitanwesenden Mormonen verstand Hebräisch, akzeptierten jedoch die „triumphierende Demonstration seiner Fähigkeiten.“ Das Gebot der Gastfreundschaft verbot es Quincy seinen Gastgeber auf die Probe zu stellen. (ebd., S. 385)

Quincy durfte noch erleben wie Smith ihm „Pergamente“ zeigte (Papyrusrollen), die laut Smith die „Handschrift von Abraham, dem Vater des Gläubigen“ zeigte, weiter das „Autogramm des Moses, und ... Zeilen ... von seinem Bruder Aaron. Die anwesenden Mormonen versicherten Quincy, Smith wäre „der einzige Sterbliche, der diese mysteriösen Schriften übersetzen konnte, und dass seine Kraft von direkter Inspiration gegeben wurde.“ (386f.) Im Lichte der Fakten zeigt sich die völlige Ignoranz der mormonischen Zuhörer von Smith, die dieser offensichtlich nicht korrigiert. Es handelte sich um ägyptische Hieroglyphen, die bereits seit 1822 von anderen „Sterblichen“ übersetzt werden konnten, und seit dem Jahre 1824 wurden Ãœbersetzungen auch veröffentlicht, so z.B. Jean Francois Champollion in seinem „Precis du systeme hieroglyphique des anciens Egyptiens“ (Paris, 1824). In Großbritannien war Thomas Young gleichzeitig mit Ãœbersetzungen und Veröffentlichungen der Hieroglyphen beschäftigt. Bis zum Jahre 1844 konnte jeder willige Leser Grammatiken und Lexika zu den Hieroglyphen einsehen, so z.B. „Grammaire égyptienne“, 3 Bd., Paris, 1836-1841, oder „Dictionnaire égyptien en écriture hieroglyphique“,  4 Bd. , Paris, 1841-1844. Young publizierte die ersten rudimentären Ãœbersetzungsergebnisse bereits 1819 und 1824 in der „Encyclopedia Britannica,“ und in 1830 wurde der erste Band von Youngs „A Compendious Grammar of the Egyptian Language as Contained in the Coptic and Sahidic Dialects; zusammen mit Henry Tattam, in London, publiziert).

Quincy bemerkt nach solchen Erlebnissen deutlich, dass die Anwesenden „beispiellosen Absurditäten wir diesen Morgen zugehört hatten“ (ebd., S. 388).  Auffällig ist, dass Quincy einige Male beschreibt, wie Mormonen im Gespräch mit Smith sind und diese ihn immer wieder mit „General Smith“ begrüßen bzw. anreden, nicht Bruder, Ältester, Präsident etc. Augenscheinlich ist es, dass Smith dies selbst fördert, erlebt doch Quincy z.B. das Gespräch zwischen einem Methodistischen Geistlichen und Smith selbst. Der Methodist berichtete Smith, er hätte in einer Predigt ihn als „Joe Smith“ erwähnt. Smith fragte nach: „Sagten Sie Joe Smith in einer Predigt?“ Als Antwort erhielt er ein: „Natürlich tat ich es. Warum nicht ?" Die Erwiderung von Smith folgt prompt: „Den Tag und den Ort berücksichtigend, wäre es respektvoller gewesen, Generalleutnant Joseph Smith gesagt zu haben.“ (ebd. S. 393) <

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