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Seite erstellt am 25.4.24 um 12:39 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Elvira
Datum: Sonntag, den 7. Dezember 2003, um 22:06 Uhr
Betrifft: Frömmigkeit und Sexualität

> Jetzt meine Frage an Euch: verändert Frömmigkeit (von mir aus auch
>mormonische Frömmigkeit) das Verhältnis des Einzelnen zur Sexualität?

Interessant für mich ist, dass Du eigentlich das hier gefragt hattest, aber das Forum sprang auf Masturbation an. Tief dunkler Fleck in der Mo und Exmoseele?

Ich denke nicht, dass es abschließend zu klären sein wird, ob und in wie weit Frömmigkeit die Sexualität des Einzelnen verändert, weil es so viele bedeutende Einflüsse gibt.

1. Wenn man den schlauen Leuten die so was untersuchen glauben darf, dann hängt das Verhältnis zur Sexualität von der Sozialisation in der Familie und dem Umgang mit der Thematik in der Familie zusammen, außerdem sehr stark vom geschlechstspezifischen Vorbild der Eltern als Mann und Frau für das kleine Mädchen/ den kleinen Jungen.
Da im Mormonismus Sexualität sehr eingeschränkt gelebt werden darf (nur für Verheiratete ) und alle anderen Formen nicht nur abgelehnt sonder sogar unter Strafe gestellt werden, ist es anzunehmen, dass das keine besonders glückliche Ausgangssituation für Mormonenkinder ist.

2. Die Verpflichtung im Endwoment nur mit dem gesetzlich angetrauten Ehepartner Sex zu haben, hat eine interessante Auswirkung. Mormonenpaare sind sich einander sicher. Sie müssen nicht wie andere Paare Angst haben, dass ihr Partner ihnen davonläuft für eine andere Beziehung. (Natürlich weiß ich, dass es dennoch passiert.) Auch das ist ein entscheidender Einfluß auf eine Beziehung.

3. Als typisch weiblichen, enorm starken Einfluss auf die Sexualität würde ich Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit sehen. Das kann sich zu positiven wie zu negativen Auswirkungen entwickeln. Postiv: besseres Körpergefühl und Lustempfinden. negativ: Unwohlsein während der Schwangerschaft, nächtelang schreiendes Baby und damit schlicht so viel Müdigkeit, dass Sex auf der Strecke bleibt.
Da nun Mormoneneltern sich nach Möglichkeit nicht auf ein bis zwei Kinder beschränken dürfen, ist beim Sex im Hinterkopf ja immer noch die Möglichkeit  einer Schwangerschaft mit dabei. Das stelle ich mir als nicht gerade entspannend vor.

4. Und noch ein Punkt der für Mormonen eine Rolle spielt, das Tragen des Garment. Zu meiner Zeit waren die Dinger noch einteilig ( total unbequem, nach der Wäsche hart und die Nähte eingelaufen ) und äußerst hinderlich, wenn das Blut in Wallung kam. Ganz abgesehen, dass man darin alles andere als reizvoll aussah. (Wahrscheilich habe ich dem jahrelangen tragen des Garment zu verdanken, dass ich danach und bis heute ein Faible für schöne Unterwäsche habe.;-) )

Allein wenn man durch den Abschied von der Kirche die angsprochenen Punkte anders betrachtet, oder das Garment nicht mehr trägt, wird das eine veränderte Einstellung zur Sexualtität bringen.

Dass eine veränderte Frömmigkeit auch eine veränderte Wahrnehmung und Einstellung von und zu Sexualität bringt, ist eigentlich doch klar. An dem Beispiel das Eve hier brachte sieht man so gut, wie sehr schon gedanklich die erste sexuelle Erfahrung, nämlich die mit dem eigenen Körper, sanktioniert wird.
Nimmt man Abschied von der Kirche, und tut man sich derartige Indoktrination nicht mehr an, dann wird sich zwangsläufig ein Sinneswandel vollziehen. Mormonen interpretieren das dann als den Einfluss von Satan, der für die neuen Gedanken verantwortlich sei. In Wirklichkeit kommen dann nur die lange unter der Decke gehaltenen Gedanken hervor.

Bemerkt habe ich das bei mir selbst an folgendem: Solange ich überzeugtes Mitglied war, wusste ich, dass Homosexualität als von Gott verdammt und böse galt. Merkwürdigerweise konnte ich selbst, mit meinem Gewissen das nicht so empfinden. Meine Reaktion: solange ich Mitglied war, mied ich das Thema öffentlich und vor mir selbst. Erst nach dem Abschied von der Kirche, habe ich mich richtig mit der Thematik auseinander gesetzt.

Ebenfalls geändert hat sich meine Einstellung zu „keusch bis zur Ehe“. Einstmals als Mormonin sehr überzeugt davon und stolz darauf, hat sich das danach grundlegend geändert. Ohne einer hemmungslosen Promiskuität das Wort reden zu wollen, denke ich aus eigener Erfahrung, dass es eher Nachteile als Vorteile für ein Paar bringt, völlig ahnungslos auf diesem Gebiet in die Ehe einzutreten.

Im Grunde habe ich mir erst nach der Zeit in der Kirche meine eigenen Gedanken zur Sexualität gemacht und für mich überlegen und entscheiden können, was ich für mich gut, richtig, vertretbar, schön oder eben das Gegenteil davon ist. Dieser Prozess hat merkwürdigerweise niemals meine Frömmigkeit (eigentlich mag ich das Wort nicht, ich bin nicht fromm) also eher meine Spiritualität, in negativer Weise beeinflusst.

Was sich allerdings nicht bei mir geändert hat, ist dass ich solche Witze wie sie hier ATUler und Teefix zum Thema gemacht haben, immer noch nicht lustig oder zum lachen finde, sondern trauriges Anzeichen dafür, dass der Sexualpartner offenbar als benutzbares Objekt gesehen wird. Oder ist es, die mir wohl unverständlich bleibende typisch männliche Form mit einem schambesetzten Thema umzugehen?

Ihre liebe Not beim Thema Sexualität haben aber nicht nur Mormonen sondern viele gläubige Christen. Es gibt nur wenige Orte, wo das thematisiert wird. Am besten finde ich dazu die ganz unverkrampften Beiträge in der Zeitschrift  „family“ vom Bundesverlag.

Was mich nun interessieren würde, von Euch männlichen Schreibern hier. In der Kirche habe ich Paare in erster Linie als Eltern erlebt nicht als Liebespaar. Frauen sollten von ihren Männern ehrerbietig und mit dem Respekt, den man vor Müttern hat, behandelt werden. Wie ist es Euch als Männer damit ergangen? Seht Ihr Euere Partnerinnen heute anders, eben nicht mehr nur als Mutter sondern auch als Geliebte?

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