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Verfasser: Renate
Datum: Donnerstag, den 4. Dezember 2003, um 19:46 Uhr
Betrifft: Geduld und Verständnis

>Irgendein Teil von dir wird sich selbst und die Welt immer durch die Mormonenbrille wahrnehmen.

Das stimmt absolut! Aber das kann man auch positiv betrachten und dann ist es vielleicht auch hilfreich und muss nicht als Belastung gesehen werden. Es ist eine Erfahrung, die man Anderen voraus hat, die niemals mit einer Sekte konfrontiert wurden. Irgendwie eine Art Impfung, nie wieder auf eine Sekte herein zu fallen. Man hat ihre Tricks durchschaut, am eigenen Leib erfahren und kann deshalb auch Andere davor warnen. Außerdem, die Welt und alles, was einem wiederfährt, auch noch aus einer zusätzlichen Perspektive zu betrachten, ist
eigentlich ein Gewinn. Je mehr Perspektiven, umso verständnisvoller wird man für das, was um einen herum geschieht. Man wird feinfühliger und verständisvoller. Ich spreche da nur aus eigener Erfahrung.

Selbstverständlich will ich mit diesen Worten nicht deine Probleme schmälern. Es ist ziemlich schmerzvoll die eigene Familie noch voll in der Sekte gefangen zu sehen und nicht zu wissen wie man den Balance-Akt zwischen Verständnis dafür und dem Wunsch, dass auch der Partner verstehen und sich befreien möge, schaffen soll. Kinder sind sowieso auf die erwachsenen Bezugspersonen angewiesen, auf die Liebe und das Verständnis von Vater und Mutter. Wenn jetzt Einer so ein Sektensystem, in dem die gesamte Familie gefangen ist - die Kinder sind es ja unbewusst und orientieren sich an dem Verhalten der Erwachsenen - durchschaut hat, aber der Partner, den man liebt und den man respektiert, es nicht schafft dieses System zu durchschauen, dann ist es alles Andere als einfach. Das verlangt sehr viel Feingefühl und viel Geduld. Miteinander reden und das wieder und immer wieder, ohne Groll und immer mit der Vermittlung, des Verständnisses, aber auch mit der Bitte selbst verstanden zu werden, ist sicher der beste Weg. Ich wünsche dir alles Glück und alle Kraft dazu, die nötig ist um dich und deine Familie aus dieser Situation zu befreien.

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