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Verfasser: hltobi
Datum: Sonntag, den 19. Oktober 2003, um 4:50 Uhr
Betrifft: Theosis- ein bißchen tiefer geblickt

Hallo Elvira

Nun also zu meine versprochenen Antwort. Ich hoffe ich stelle mich nicht all zu blöd an (wäre nicht das erste mal;-)

1. Bevor ich aber genauer auf Deine Ausführungen eingehe möchte ich nochmals klar machen welches mein ursprüngliches Argument war, nämlich, dass Theosis eine Lehre war die ihren Platz in der Urkirche hatte und es daher den historischen Fakten (wie noch zu zeigen sein wird;-) nicht gerecht wird jegliche Lehre der Vergöttlichung des Menschen als satanisch oder nicht-christlich zu kategoriesiren.

2. Eine weitere Frage die damit einhergeht (und die auch weit komplexer ist), ist was genau unter der Lehre der Theosis von ihren urkirchlichen Vertretern verstanden wurde und inwieweit andere moderne Versionen einer solchen Lehre (wie sie z.B von den HLT vertreten wird) damit zu vergleichen sind, oder eben nicht!

Also zu 1:

Elviraa:
Wenn man sich die frühe Kirchengeschichte und die Schriften von Irenäus von Lyon anschaut, muss man folgendes feststellen:

a) Es gab neben Irenäus zu selben Zeit noch  weitere sogenannte Kirchenväter (was in der kath. Theologie darunter verstanden wird, wäre alleine eine Ausführung wert). Sie waren in ihrem Rang gleich, also bewerten wir ihre Aussagen auch mal als gleichwertig. Wenn man sich dann die Lehren der anderen Kirchenväter zu Gemüte führt, dann merkt man, dass niemand von denen die Theosis vertritt.

Tobias:
Wenn ich Dich hier richtig verstehe zielt dies darauf ab, den von mir Unter 1. gemachten Punkt in Frage zu stellen. Also war die Lehre der Theosis nun eine "spezielle" Lehre von Irenaeus oder war sie verbreitet in der Urkirche? Was wäre denn für Dich Beweis dafür, dass die Lehre verbreitet war? Wenn mehrere verschiedenen Kirchenväter diese Lehre glaubten?

Zurück zu Irenaeus:

Jesuit G.H. Joyce schrieb “the Fathers of the Church from the earliest times with one consent take the apostle’s words /of II Peter 1.4: ‘participate in the divine nature’/ in their literal sense.  There is no question of any figurative interpretation.  They do not hesitate to speak of the deification of men.” Joyce zitiert dann Irenaeus: “’We are not made gods from the first, but first men, then gods’ /AH 4.38/. (  G.H. Joyce, S.J., The Catholic Doctrine of Grace (London 1920): 35, 36)

Der katholische Theologe Thomas Weinandy schrieb zu Irenaei Aussage (Wenn das Wort Mensch wurde so geschah dies, damit Menschen Götter werden können ) “proclaimed a truth that would reverberate ever more loudly throughout patristic Christology.” (Thomas Weinandy, In the Likeness of Sinful Flesh: An Essay on the Humanity of Christ (Edinburgh 1993): 28)

Professor Mary Ann Donovan, zitiert in ihrer Studie über Irenaeu die nun merhmals erwähnte Aussage und schreibt dann: “this final line of the preface /to Book V/ sounds a dominant theme that recurs throughout AH and traces its own path in Christian history, occurring in another form in Athanasius.”  (Mary Ann  Donovan, One Right Reading?  A Guide to Irenaeus (Liturgical Press, Collegeville, Minn. 1997): 142)

Zu Athanasius:

Habe ich auch schon in meinem ersten Posting zitiert und schon allein daher sollte klar sein, dass diese Lehre der Theosis nicht nur von Irenaeus allein gelehrt wurde, sondern auch von einem der Kirchenväter, die wesentlich an der Formung des Glaubensbekenntnis von Nicaea beteiligt war.

In dem Lexikon für Theologie und Kirch steht hierzu unter Theosis: " Die Wechselbeziehung zwischen Menschwerdung und Theosis als zwei Dimensionen des selben Mysteriums hat Irenaeus von Lyon und Atanasius in einem Satz formuliert, der in der gesamten griechischen Patristik wiederholt wird: Der Logos " ist vermenschlicht worden, damit wir vergöttlicht werden" ... (Zehnter Band, S. 1482, Herder, Freiburg: 2001) 

Athanasius kommentiert den 2 Petrus 1:4 mit folgenden Worten:" The Logos of God took a human body for the salvation and well being of man so that having shared in human birth he might make man partake in the divine and sipritual nature. (Life of Antony, 74)

Schließlich scheibt er (Discourse against the Arians,III, 47): The Logos "put on a created body.. in order that in him we might be capable of being renewed and deified."

Ähnliche deutliche Zitate könnte ich noch für andere Kirchenväter bringen (Clement, Origen, Justin Martyr, Augustinus, ...)

Noch einige Enzyklopädie Eintrage zu Theosis, Vergöttlichung, deification, divinization:

The Harpercollins Encyc. of Catholicism (deification):a theological theme also known as divinization. Judaism empthasized the transcendence of God, but the Incarnation gave Christians an intimation of accessibility of the divine. Paul said:"For in him we live and have our being" (Acts17:28). Elswher in the Nt it is said: ... (zitiert 2 Petrus1:4). ... Eastern theology has been very much at home with this them. Not so in the West ... Yet contemporary theologians Karl Rahner and Hans Urs von Balthasar have come closer to the eastern language of deification

Encyc. of early Christianity(divinization):Usual translation of the Greek theosis. The term "deificaion" is actually used more often by the earlier church fathers; the doctrine intended is also often expressed that human beimgs can (by grace) become "gods" (theoi). In these various forms of expression, the doctrine is one of the central themes of patristic anthropology and remaind important...

Das soll mir jetzt reichen (ich werde etwas müde), wenn Du noch mehr möchtest habe ich noch ungefähr 6 oder 7 weitere Einträge.

Elvira:
Wenn in Adam alle Menschen etwas verloren haben, dann muss der der alle Menschen umschließt, nämlich Christus als zweiter Adam ein wahrer Mensch sein. Anderseits muss Christus wahrer Gott sein, denn die zur Erlösung gehörende volle Gotteserkenntnis, kann nur von dem gebracht werden, der selbst Gott ist.“
Irenäus hat dieses Erlösungsgeschehen verkürzt folgernder maßen ausgedrückt:
„Christus ist zu dem geworden, was wir sind, damit er uns zu dem machen kann, was er war.“

Diese Aussage kann fälschlich dahingehend gedeutet werden, dass es Irenäus darum gegangen wäre, zu sagen, dass der Mensch sich zum Gott entwickeln wird. Tatsächlich bezieht sich diese Aussage aber ausschließlich auf das Erlösungsgeschehen und nicht auf den Status als Gott.

Tobias:
Sicher hast Du insoweit recht, dass hier die Frage der Christologie von wesentlicher Bedeutung ist, und genau hier liegt ja auch das Argument der Kirchenväter, dass Christus voll Mensch wurde und dennoch auch voll Gott sein muste zum Zeitpunkt seines Sühnopfers. Mit anderen Worten, was Mensch ist kann auch Gott werden und dies wurde durch Christus bewiesen (wie auch immer dies zu verstehen sein mag (Christologie nach Chalcedon, Kenotische Theorie oder Gnaden Theorie))

Um zum nde von Punkt eins zu komen ich hoffe aufgezeigt zu haben, dass die lehere der Theosis durchaus nicht nur von Irenaeus, sondern auch anderen Kirchenvätern gelhert wurde und verbreitet war in dem patristischen Gedankengut.

Zu 2.

Elvira:
1.Ernst Benz wird immer wieder nur von den gleichen Leuten zitiert, nämlich von HLT Apologeten. Die bewusste von Dir vorgetragene Stelle wird von keinem anderen, also nichtmormonischen Religionswissenschaftler zitiert. Es ist ausschließlich Benz auf den sich Barry Bickmore und FAIR.lds beziehen.

Ich werde immer stutzig wenn für eine These nur die Aussagen eines Wissenschaftlers benützt werden und nicht von mehreren zur gleichen Aussage gekommen wird. Ich werde auch dann stutzig, wenn Aussagen sehr alt sind und es keine neuere Forschungsergebnisse dazu gibt. Beides trifft bei Benz zu, weswegen ich auf seine Aussagen mit Vorsicht genieße.

Tobias:
Da die Aussage von Bentz aus einem Paper stammt, dass die Lehrer des Menschen im Abblid Gottes mit der HLT-Lehre vergleicht, ist es nicht verwunderlich dass dies vorallem interesse bei Mormonen weckt (vorallem bei so einem Ergebniss;-). Wäre es schlechter ausgefallen würde man sicher weniger von ihm hören, aber das ist ja nur natürlich!).  Der Aufsatz ist in einem Buch mit mehreren Aufsätzen von namenhaften Theologen erschienen die ein Symposium an der BYU gaben. Warum seine Ergebnisse aber weniger Bedeutug haben weil von mormonischen Apologeten zitiert und nicht von anderen Theologen bleibt mir unklar. In welchem Kontext sollten denn auch nicht-HLT Theologen oder Religionswissenschaftler Bentz Aussage zitieren? Auch dass seine Untersuchung nun über 25 Jahre her ist muß nicht automatisch ein Problem sein, wenn die Materie sich in der zwischen Zeit nicht wesentlich geändert hat und dies scheint mir bei Theologie im allgemeinen nicht eine zwingende Annahme zu sein im Gegensatz zu sich schnell ändernden Gebieten, wie Psychologie.

Elvira:
2.Lassen wir uns auf Benz ein, dann fällt wiederum auf, dass er sich in erster Linie auf Irenäus von Lyon, den Du ja auch schon zitiert hast bezieht.

Tobias:
Eigentlich bezieht er sich gar nicht auf Irenaeus, sondern auf Clement von Alexandria und Athanasius sowie Psalm 82:6 und Johannes 10:30 und bei nur 16 Fußnoten ist die also ausreichend (Verhältnismäßig betrachtet).

Elvira:
5.Es ist doch ratsam sich auch auf sprachliche Unterschiede einzulassen, denn schon da kann man zeigen, dass es nur einer anderen Ãœbersetzung bedarf und schon hat man eine vollkommen andere Aussage ...
Hier wird eine Vielzahl von Schriftstellen zitiert, die die Gottwerdung des Menschen unterstreichen wollen. Während im englischen Text noch teilweise „Götter“ vorkommen benützt die deutsche Einheitsausgabe der Bibel nur die Begriffe. „ Sohn/Söhne Gottes/ Erben/ am Erbe teilhaben.“
Gott sein und Sohn Gottes / am Erbe teilhaben/ Gemeinschaft haben mit dem Vater und dem Sohn ist aber etwas grundlegend anderes. Müsste man also erst mal die Begriffe klären. Auf keine Fall halte ich es für zulässig die genannten Schriftstellen für ein Stützung der HLT Lehre der Gottwerdung des Menschen heran zu ziehen.

Tobias:
Zunächst spricht keiner dieser Texte im Englischen über uns Menschen als Götter( wenn ich die englischen Passagen recht in Erinnerung habe), von daher ist die deutsche Ãœbersetzung auch nicht "anders". 
Zweitens sind viele dieser Passagen immerwieder auch von den Kirchenvätern als Belege für die Lehre der Theosis herangezogen wurden, von daher sehe ich nicht was falsch daran sein sollte wenn andere dies ebenso verstehen. Gerade weil diese begriffe wie Gemeinschaft mit dem Vater und Sohn bestimmte Bedeutungen haben, die ich eigentlich auch mal aus meiner Perspektive erläutern sollte aber jetzt werde ich wirklich müde. (Ich müß doch in ein paar Stunden in die Kirche;-)

Hier kannst Du aber im wesentlichen schon mal einen detaillierten Darstellung erhalten von dem was ich schreiben würde, wenn ich nicht so müde wäre:
unter Robinson on God and Deification

6.Schließlich müsste man sich auch noch damit auseinander setzen, was der Begriff „Gott sein“ , „Gott werden“ und vor allem "Götter" im AT bedeutet hat und was z.Z. von Jesus. Denn diese Begriffe dürften sich auch schon signifikant von der Meinung J. Smiths unterscheiden.

Das wäre sicher Interessant und vielleicht kommen wir auch noch dazu. Sehr spannende Geschichte aber sollten wir nicht dazu kommen kann ich von Margeret Barker (methodistische Theologinn des AT) zu ziehmlich alles empfeheln vor allem aber "The Great Angel: A Study of Israel’s second God"

Elvira:
Meine Schlussfolgerung:
Für mich sind die Ausführung der HLT Apologeten, die sich auf Benz und Irenäus berufen nicht stichhaltig, weil  wie dargelegt, Irenäus Aussagen ganz anders zu  interpretieren sind. Selbst wenn man mal zugrunde legt, dass es diesen Gedanken der Gottwerdung des Menschen beim einen oder anderen Kirchenvater oder als Störmung im frühen Christentum tatsächlich gab, heißt das noch lange nicht, dass das so vom überwiegenden Teil der Gläubigen aufgefasst wurde und dies ein Glaubensgrundsatz der frühen Kirche war.

Tobias:
Wie ich gezeigt (zumindest bilde ich mir das ein;-) habe ist die Lehre verbreitet gewesen, ob sie vom überwiegenden Teil der Gläubigen geglaubt wurde oder nicht halte ich für belanglos, wurde die Lehre doch von wichtigen Kirchenvätern geblaubt und gelehrt, und solch eine Mehrheit aufzuzeigen ist kaum möglich. Über die Interpretation von Irenaei Aussagebin ich natürlich andere Meinung und wie mir scheint habe bi ich da nicht ganz alleine.

Tobias

P.S. The New Mormone Challange ist von Owen, Moser und Beckwith herausgegeben und hat einige andere namenhafte evangelikale Theologen zusammengebracht die auf gehobenem Niveau Kritik üben. 

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