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Verfasser: Nyu
Datum: Freitag, den 27. Juni 2003, um 9:05 Uhr
Betrifft: Sei glücklich - gefälligst!

es ist halt auch inoffizielles Gebot (wie z.B. Tempelarbeiter, die keinen Bart tragen dürfen) glücklich zu sein.
Ich möchte aber bewusst betonen, dass bestimmte Dinge "c´est la vie" sind. Mein Vater z.B. ist bei seiner Theatergruppe auch engagiert und macht da viel, so dass das einiges an Zeit erfordert. Und wenn ich am Computer sitze und mich mit meiner Website herumärgere, weil dieses Content Management System mir Ärger macht, dann ist das ja auch mein Hobby und ich investiere freiwillig diese ganze Zeit.
Des Weiteren ist es ganz normal, dass eine Organisation, der man angehört sagt, dass man zum Erreichen eines Ziels etwas dafür tun muss.
 
Dass es aber nicht so einfach ist und das man diese Dinge nicht so darstellen sollte, ist mir auch klar. Der Punkt hieran ist nämlich, dass es emotional und psychisch einfacher ist, aus einem Theaterverein auszusteigen als aus der Mormonenkirche. Auch geht es bei dem "Leistungsevangelium" nicht um die "Leistung" per se, sondern um die psychische Bindung des Mitglieds an diese Kirche/Sekte. Es ist also nicht "nur" der Zeitaufwand, sondern vor allem der seelische Druck, es sei denn man ist Bischof oder Pfahlpräsident. Damals als Zweigpräsident habe ich auch recht viel Zeit in die Berufung investiert. Aber dir Krux an dem Problem ist, dass ich meine eigene Hölle durchlebt, weil ich überzeugt war, ich hätte nicht genug gemacht. Also wieder: Zeitaufwand vs. seelischem Druck.
 
Dieser seelische Druck auf das Mitglied ist aber so tief in der Lehre der Kirche eingewoben, dass sie das nicht los werden kann. Der Grund hierfür liegt in der Auslegung des Sühnopfers und der Lehre vom Herrschaftsbereich des Satans.
Aber auch das ist nicht ausschliesslich ein mormonisches Problem.
Mormonische Probleme zeigen sich in drei Beispielen
(mal wieder;-) ):
1. Warum sind manche Alleinstehende zu Treffen mit anderen Alleinstehenden darum bemüht, dass das andere Geschlecht die Garmentlinien (also die Abdrücke der Unterwäsche in der Kleidung) sehen kann?
2. Warum wird der Bruder aus Salt Lake City sich beeilen, jedem der es (nicht) hören will mitzuteilen, dass "Bruder Maxwell" oder "Bruder Monson" oder "die Brüder" ihm persönlich dies und das mitgeteilt haben und vor allem, dass man in Zion (damit meint er Utah) dies und das ja ganz anders machen würde.
3. Warum hörte ich von einer Bekannten von mir kürzlich, dass sie darüber verwundert war zu beobachten, wie im San Diego Tempel in Südkalifornien die weissen Amerikaner vorne sassen und die hispanischen Amerikaner hinten sassen und beide Gruppen sich nicht mischten.
Ich denke dass das mormonische Problem sich aus einer merkwürdigen Mischung von ungeschriebenen kulturellen Richtlinien, Säkularisierung und piätistischer und teilweise technokratischer Konformität ergibt.
Fakt ist: In der Kirche ist es sehr gut, reich, weiss, männlich und beruflich engagiert zu sein. Wenn Du dann auch noch in 3. Generation HLT bist und immer einen Tempelempfehlungsschein hattest, dann ist Dir "DER INNERE KREIS" sicher und das Amt des Pfahlpräsidenten und Siebzigers nahe. Und zu diesem "inneren Kreis" bemühen sich alle zu gehören. Ich kenne einen afrikanischen Bruder, der das besonders merkwürdig-ernsthaft versucht.
Aber auch das halte ich eigentlich für normal und zwar nicht besonders humanistisch und liberal aber nicht unbedingt schockierend. Auch ist in der Kirchenverwaltung eine Pöstchenverteilerei und Dünkelei eher normal, die in der deutschen Politik undenkbar wäre, aber auch das verwundert mich nicht und finde ich auch nicht so super-kritisch.
Was ich aber für kritikfähig halte ist, wenn sich kulturelle Konformität die Maske des Gehorsams zu den Geboten Gottes aufsetzt. Auch für schändlich halte ich es, wenn Menschen an der Hoffnung, dazugehören zu wollen, scheitern und die dann auch noch ihren Glauben an Gott von ihrem Status in der Kirche abhängig machen, da die Kirche (die Gottes ist) ja diesen Status bereitstellt.
Schändlich ist es auch, wenn die Kirche lehrt, dass Menschen, die dunkler Hautfarbe sind im vorirdischen Dasein nicht "valiant" und treu waren und man ein Dogma schafft, das nur aus der amerikanischen Geschichte und Kultur erklärbar ist.
 
Man kann ja noch so viele Beispiele anführen. Das habe ich ja auch schon gemacht.
Eine mir sehr nahestehende Person ist der Auffassung, dass die Kirche überhaupt kein Leistungsevangelium lehren würde. Die Person meint, dass die Menschen, die damit ein Problem hätten, dass es viele Gebote gibt, selber psychische Probleme haben würden. Die Kirche würde die Menschen nicht unter Druck setzen.
Die kleine mormonische Nussschale einer Musikbeauftragen in der Gemeinde Hintertupfingen-Süd, in der keine relevante Auslegung der Schrift und Lehre passiert, ist halt immer noch ein sicherer Anker in der schlechten Welt, zu der vor allem die Anti-Mormonen gehören und AIDS und TV-Total und die Disco.
Wer weiss. Vielleicht bin ich einfach nur zu blöd, um das zu raffen.

Nyu

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