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Verfasser: Chamael
Datum: Sonntag, den 11. Mai 2003, um 19:48 Uhr
Betrifft: Wie die Amerikaner das fetteste Volk der Welt wurden

Wie die Amerikaner das fetteste Volk der Welt wurden

Aus dem Tages-Anzeiger Freitag 9. Mai 2002 Seite 61 Kultur
Wie bringt man Menschen dazu, mehr zu essen, als ihnen
gut tut? Die Lösung heisst «Supersizing».

Von Peter Haffner

      Wer in die USA reist, ob nach New York oder irgendwohin in die Provinz des Mittleren Westens, dem fallen sie als Erstes auf die Männer und Frauen von unglaub-lichem Körperumfang die sich kaum mehr fortbewegen können, in keinen normalen Sessel passen und so kurzatmig sind, dass man jeden Augenblick um ihr Leben fürchtet
Die Statistik bestätigt den Eindruck: Die Amerikaner sind das dickste Volk der Welt.   Sechs von zehn US Bürgern und ein Viertel der unter 19 jährigen  sind übergewichtig Der Grund dafür ist rasch ausgemacht: zu viel, zu essen und zu fettes Essen und Trinken, und, damit verbunden, zu wenig Bewegung. Wie hat es so weit kommen können?
Greg Critser versucht in seinem Buch «Fat Land. How Americans Became the Fattest People in the World» (Houghton Miffim Company 2002) eine Erklärung. Er zieht neben den ernährungswissenschaft-lichen Tatsachen auch die kulturge-schichtlichen Hintergründe dieser Entwicklung mit ein Sie ist faszinierend, tangieren sie doch Belange der Religion nicht minder als solche der Politik und der Wirtschaft.

Die Todsünde Unmäßigkeit

Alles begann darin, dass die Nahrungs-mittelindustrie wachsen wollte wie jede andere, um ihre Profite zu steigern, sich dabei jedoch vor das Problem gestellt sah, die Leute dazu zu bringen, mehr zu essen, als ihnen gut tut Im Unterschied zu Kon-sumgütern, deren technischer Fortschritt garantiert, dass immer wieder neue Geräte den Weg zum Kunden finden, hat der Kon-sum von Nahrungsmitteln seine Grenzen, Man kann sich alle paar Monate einen Computer kaufen, aber nicht zehnmal so viel essen,  doch mehr essen kann - durchaus, und man kann auch die Leute dazu bewegen, das zu tun. Wie, das hat ein Mann na-mens David Wallesstein herausgefunden, der heute in der Chefetage von Mcdonald’s sitzt und in den Sechzigerjahren in eine Kinokette arbeitete. Damals zerbrach er sich den Kopf darüber, wie er mehr Popcorn und Soda, eine wichtige Einnah-mequelle der Kinos, verkaufen konnte.
      Er versuchte alles Mögliche, Matinee- Specials, drei Getränke zum Preis von zweien, vergeblich. Die Kunden waren nicht zu überreden, mehr als ein Getränk und eine Tüte Popcorn zu konsumieren. Der Schluss, den Wallerstein daraus zog, hat mit Moral zu tun: Die Leute wollen nicht als gierig gelten und sich der Unmäs-sigkeit, immerhin eine der sieben Todsünden, schuldig machen.

      Und dann hatte Wallerstein die zündende Idee: Er bot weiter nur eine , aber eine grössere Portion an. Das „Supersizing» war geboren - die Riesenportionen, die bald im ganzen Land Verkaufsschlager waren und Namen bekamen wie «Big Gulp“, „Big Mac“, „Jumbo Fries“ , „ „Macho Meal“, „Never Ending Pastas“ und ähnlich. Die Kunden langten zu – servierte man ihnen mehr, zeigte sich, essen sie mehr, und zwar bis zu dreissig Prozent.

500 Kalorien mehr pro Kopf und Tag

      Auch das ist von der Statistik belegt: Mit 3800 Kalorien hat das US-Agrobusiness in für den Erfolg an der ihr wichtigeren den letzten dreissig Jahren den Tagesverbrauch des Amerikaners um 500 Kalorien pro Kopf gesteigert. Neue Süssmittel aus Maissirup, billiges Palmöl und konservierende Fette für Fastfood und Snacks haben das ihre dazu beigetragen, dass der Ãœberschuss an Kalorien als Fett im Körper abgelagert wird.
      Was seinen evolutionären Sinn hatte in Zeiten als der Mensch tagelang auf Nahrungsmittel verzichten musste – die Fähigkeit der Fettspeicherung -, ist nun zur Plage geworden. im Westen wo Nahrungsmittel billig im Ãœberfluss vorhanden und rund um die Uhr greifbar  sind.
      Das die in Amerika so einflussreichen Kirchen gegen die Sünde der Völlerei, die der Supersizing –Trick ja nur vermeintlich aus der Welt schaffte, nicht Sturm liefen, hat nicht minder interessante Gründe. Die christliche Rechte hatte sich den Kampf gegen Alkohol, Tabak und Sex aufs Banner gechrieben und sah in der Tastsache, dass die Leute sich dafür den Magen vollstopfen, einen vergleichsweise geringen Preis für den Erfolg and der ihr wichtigeren Front: Die religiöse Linke dagegen, wollte in ihrem Kampf für Toleranz und Stärkung des Selbstvertrauens des Individuums ihre Schäfchen davor bewahren, sich schlecht und schuldig zu fühlen.
      Jedem Reisenden in Amerika fallen indes nicht nur die Fettleibigen, sondern auch die Fitten auf – betagte Damen und Herren, die vor jugendlichem Elan strotzen und eine beneidenswerte Figur haben. Ãœbergewicht ist das Stigma der sozial Unterpriviligierten, dies sich ausser Nahrungsmitteln kaum etwas leisten können.

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