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Seite erstellt am 25.4.24 um 17:49 Uhr
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Verfasser: Gunar
Datum: Sonntag, den 6. April 2003, um 1:28 Uhr
Betrifft: Auf US-Beglückung kann ich gut verzichten

> Anders als die USA haben in einigen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens viele Staatsoberhäupter keine moralischen Grundsätze.

Erstens ist es anmaßend, so über andere Menschen, und seien es auch Staatsoberhäupter, zu urteilen. Nur weil in der arabischen Welt andere Moralgrundsätze gelten als im USA-Kapitalismus, bedeutet das noch lange nicht, dass es "keine moralischen Grundsätze" gäbe.

Zweitens sind gerade die Staatsführungen der arabischen Welt sehr pro-westlich eingestellt, viel mehr als die normale arabische Welt. Dadurch ist das System überhaupt kompatibel zum Kapitalismus. Die Staaten sind lediglich mehr oder weniger kompatibel. Afghanistan war da eine Ausnahme, das war wirklich nicht kompatibel, nicht pro-westlich, aber das hat ja auch kein Erdöl.

> Leider haben die Deutschen und die Franzosen nicht gelernt, für ihre Freiheit zu kämpfen.

Ich habe in meinem Lben mit Sicherheit mehr für meine Freiheit gekämpft als du.

> Hätten die Amerikaner im 2. Weltkrieg lieber zuhause bleiben sollen, weil Deutschland ein "souveräner Staat" war?

Deutschland hatte damals bekanntlich den Krieg begonnen. Diesmal hat bekanntlich die USA den Krieg begonnen.

> Präsident Bush hat den Mut, angesichts der gescheiterten Politik der UN die Welt von einem Tyrannen zu befreien.

Das ist kein Mut, das ist Übermut, und die US-Amerikaner werden den noch bitter bereuen. Saddam ist sicher ein Tyrann für den Irak, aber Bush ist eine Gefahr für die Welt.

> Und glücklicherweise war und ist Amerika der "stärkere".

Ich bin darüber nicht glücklich. Von mir aus können die Aggressoeren alle draufgehen. Manche werden nämlich leider erst aus Schaden klug.

> Kannst Du Dir denn überhaupt vorstellen, wie das ist, in einem Land ohne Freiheit zu leben? Ich habe es auf Reisen nach Polen, durch die „DDR“, Yugoslavien und in Ungarn gesehen. Habe die anti-westliche Propaganda im Fernsehen, in den Zeitungen und auf Reklametafeln gesehen. Ich habe mit einem „DDR“-Flüchtling gesprochen. Habe die leeren Geschäfte von innen gesehen. Die verfallenen Häuser. Habe geheime Fotos von den Soldaten auf der Straße gemacht. Verwandte meiner Frau waren im Gefängnis wegen ihrer Äußerungen.

Ich habe nicht nur mit Leuten gesprochen, ich bin selbst in der DDR aufgewachsen. Bei allen Dingen, die es da zu kritisieren gab, eines hat man gut lernen können: mit Ambivalenz zu leben. Fazit: Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. So ist das auch heute. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen irakischer und amerikanischer Propaganda. Mir persönlich gefällt die irakische Propaganda besser, denn die ist leichter zu durchschauen.

> Freiheit hat Länder wie eben die USA, Deutschland oder Japan stark gemacht, d. h., wirtschaftlich und innenpolitisch stabil.

Es ist das kapitalistische Ideal von Freiheit. Dieses Ideal teilen nicht alle Menschen. Warum denken US-Amerikaner eigentlich immer, sie müssten die Menschheit mit ihrer Ideologie beglücken?

> Wärst Du als Bewohner eines solchen Landes etwa nicht froh, wenn ein anderes, stärkeres Land Deine Familienangehörigen und Dich von einem Saddam, Hitler oder Amin befreien würde?

Lass es mich mal so ausdrücken. Nachdem meine Heimatstadt von den US-Amerikanern zerbombt wurde, wurde sie tatsächlich von ihnen befreit. Anschließend wurde sie und alles Land herum von ihnen gegen ein kleines Fleckchen Berlin eingetauscht. Hätten sie das nicht gemacht, wäre ich nicht in einem sozialistischen Land aufgewachsen, sondern im hochgelobten Kapitalismus. Die USA hat mich verkauft. Willst du wirklich eine Antwort auf deine Frage?

> Ein seltsames Rechtsgefühl haben die Deutschen: Saddam Hussein soll weiterhin ganze Bevölkerungsgruppen mit Giftgas ungestraft auslöschen dürfen, aber Präsident Bush ist ein Kriegsverbrecher, weil er eben diese Menschen befreien möchte?!

Es geht überhaupt nicht um Saddam. Es geht um Bush. Wo ist Bush denn moralisch besser, wenn er internationales Recht bricht? Und nach welchen Kriterien wählt Bush denn aus? Nordkorea darf unbehelligt aus dem Atombombensperrvertrag austreten, aber im Irak ist noch immer nichts von den angeblich vorhandenen Massenvernichtungswaffen gefunden worden. Die einzige Lehre, die die kleinen Länder daraus ziehen werden: Wir brauchen eine Atombombe, denn das ist das einzige, was die USA von einem Einmarsch abhalten kann. Mittelfristig stürzt Bush die ganze Welt in ein neues Wettrüsten, nur dass das diesmal nicht so einfach zu kontrollieren ist. Und dann hat die ganze Welt ein echtes Problem. Dann braucht man nur noch ein Leichtflugzeug, um eine ganze US-Stadt auszulöschen, dann wird nicht nur ein einziges Hochhaus dran glauben müssen. Was dann? Die Amerikaner kennen keinen Krieg im eigenen Land. Der Zweite Weltkrieg war heilsam, Vietnam war heilsam. Heute braucht die USA wieder Heilung. Ich hoffe, sie wird sie erfahren, dann hat die Welt wenigstens die nächsten zwanzig Jahre wieder Ruhe. Die Friedensliebe in Deutschland entstand einer viel intensiveren Heilung. Die hält nun schon wesentlich länger an als nur zwanzig Jahre. Nur muss man dafür wohl durch ein Tal der Tränen gehen. menschen vergessen viel zu leicht.

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