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Verfasser: Elvira
Datum: Montag, den 3. Februar 2003, um 22:35 Uhr
Betrifft: Antidepressivaverwendung in Utah--- ein Erklärungsversuch

>In Utah erkannte man seit einiger Zeit, es werden grosse Mengen von antidepessiven Drogen verwendet.

Der im Artikel mehrmals benützte Ausdruck „antidepressive Drogen“ lässt ein falsches Bild aufkommen, dahingehend, dass die Medikamentengruppe der Antidepressiva im pharmakologischen Sinn den Drogen angehören.
Im englischen Sprachraum, wird der Begriff „drug“ nicht nur für den deutschen Ausdruck „Droge“ gebraucht, sondern auch und viel häufiger steht er für „Medikament“ bzw. „Arzneimittel“.  Droge im deutschen Sprachraum bezeichnet immer ein suchtauslösendes Pharmakon.
Per Definintion sind Drogen zur Abhängigkeit führende, also suchterzeugende Pharmaka. Zu ihnen zählen die klassischen Drogen wie Alkohol, Kokain und Folgeprodukte, LSD, Canabis und die moderenen Drogen wie Ecstasy. Auch bei den Medikamenten gibt es Substanzen, die suchterzeugenden Charakter haben: Analgetika (= Schmerzmittel) vom Morphintyp, Barbiturate, Ampethamine, Tranquilantien (Beruhigungsmittel,) Hypnotika (Schlafmittel). Suchterzeugende Medikamente sind in Deutschland verschreibungspflichtig und unterliegen, dem Betäubungsmittelgesetz d.h.  Verkauf und Abgabe sind lückenlos zu dokumentieren. Antidepressiva dagegen haben keinerlei suchterzeugendes Potential und gehören demnach nicht zu den Drogen.
In diesem  Sinn fallen sie auch nicht unter das Verbot des Drogenmissbrauches im WdW.
Suizide gehen zum überwiegenden Teil auf Depressionen zurück und Antidepressiva sind wichtige,sinnvolle und hochpotente Medikamente, die dies verhindern.

Antidepressiva sind vorwiegend:
+stimmungsaufhellend
+angstlösend- beruhigend
+antriebssteigernd

Während hierzulande alle Antidepressiva verschreibungspflichtig sind, da ihre Dosierung und Auswahl in die Hand eines erfahrenen Arztes gehören, sind sie in den USA zumeist freiverkäuflich. Sie entfalten bei falscher Auswahl,  Dosierung aber vor allem bei nicht von Depressionen betroffenen Personen keine Wirkung, höchstens Nebenwirkungen.

Dass in Gottes eigenem Land der Vebrauch dieser Medikamente viel höher ist, als in anderen amerkan. Bundesstaaten, lässt selbstverständlich tief blicken. Interessant wäre es daher, nicht nur den Verbrauch an Antipdepressiva zu untersuchen, sondern die Indikation für deren Verordnung. Dazu hier mein Erklärungsversuch.

Depressionen werden in drei Ursachenfelder eingeteilt:
-psychogene Depressionen, zu denen auch die Erschöpfungsdepressionen zählen
-endogene Depressionen bei denen im allgemeinen keine einleuchtenden Ursachen festgestellt werden können
-somatogene Depressionen zu denen zumindest ein Teil der postnatalen Depressionen gezählt werden müssen.

Im Artikel wird angesprochen, dass es sich bei den Konsumenten vorwiegend um Frauen handelt.  Mormonische Frauen sind schon einmal auf Grund ihrer Rolle als Mutter, Magd, Dienerin, Versorgerin der Familie  und auf Grund der häufigen Geburten und großen Kinderzahl anfällig, für die Entstehung einer Erschöpfungsdepression oder postnataler Depressionen. Erschöpfungsdepressionen sind gekennzeichnet durch Dauerbelastungen.

Mormoninnen sehen sich im Laufe ihres Lebens gleich mehreren Situationen ausgesetzt, die zu einer solche Erschöpfungsdepression führen können.

-Ehekonflikte: Auch wenn Konflikte in der Partnerschaft nicht mehr lösbar sind, muss die Ehe aufrecht erhalten werden, da mit einem Scheitern besonders für die Frau das ewige Leben in der Cel. Herrlichkeit auf dem Spiel steht.

-Eine größere Kinderschar und ein entsprechend großer Haushalt prodzieren eine körperliche Dauerbelastung. Häufig werden diese Frauen von ihren Partnern nicht entlastet, da diese viel Zeit  außer Haus in entsprechenden Berufungen verbringen.

-Große Familien sind eine finanzielle Dauerbelastung, was durch das Entrichten des Zehnten noch eine Verschärfung erfährt.

-Sonntag für Sonntag wird die Familie und damit die Eltern durch die gesamte Gemeinde einer stillen Kontrolle unterworfen: Sind alle Kinder mitgekommen? Sind sie ordentlich gekleidet? Benehmen sie sich den Kirchenregeln entsprechend? Welche Mutter möchte da nicht die Beste sein und strengt sich unablässig an, um unter den Augen Gottes und ihrer Mitschwestern bestehen zu können?

-Aber nicht nur ein perfekt geführte Haushalt mit den Einjahresvorrat, selbstgebackenen Brot, selbstgenähter Kinderkleidung und Garten ist Mormoninnen auferlegt, sondern sie sollte möglichst noch Besuchslehren gehen, eine Berufung inne haben und sich im Gemeinwesen engagieren.

-Vielleicht ließe sich eine so große, permanente Belastung noch einigermaßen verkraften, wenn es dafür eine entsprechende Anerkennung gäbe. Aber auch da sind Mormoninnen nicht gerade verwöhnt. Denn schon ihre zwölfjährigen Söhne durfen das Aaronische Priestertum tragen und Aufgaben erfüllen, die ihnen für immer versagt sein werden.

Unter solchen Lebensbedingungen kann man eigentlich nur krank werden. Traurig, dass es für diese Frauen keinen Ort zum Ausruhen und zu sich selbst kommen gibt. Traurig, dass sie gezwungen sind ihre Leistungsfähigkeit und ihr Funktionieren mittels Medikamente sicher zu stellen.

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