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Verfasser: Gunar
Datum: Donnerstag, den 8. August 2002, um 7:22 Uhr
Betrifft: Kirsten Bolm meistert auch im Privatleben die höchsten Hürden

aus: Neue Ruhr Zeitung, 8.8.2002

Die Verständnislosigkeit um sie herum überspringt sie, ehe sie 1997 noch einen weiteren Schritt macht: Kerstin Bolm wechselt mit einem Stipendium in den US-Bundesstaat Utah an eine Privat-Universität der Mormonen. Bolm ist keine Mormonin, unterschreibt aber als Aufnahmebedingung den Ehrenkodex der Religionsgemeinschaft. "Regeln sind doch dazu da, gebrochen zu werden", denkt sie. Und täuscht sich.

Sie erlebt vier Jahre, an denen sie fast zerbricht. Das Psychologie-Studium fasziniert sie, aber der Ehrenkodex macht ihr das Leben außerhalb des Hörsaals zur Hölle. Die zehn Verbote beginnen damit, dass niemand die Drogen, Kaffee, Tee oder Alkohol trinken darf. "Das lässt sich einrichten", findet Bolm. Auch mit den vorgeschriebenen langen Röcken im heißen Wüsten-Sommer arrangiert sie sich.

Doch es gibt Dinge, die ihrer Vorstellung von Leben widersprechen. Unverheiratete Frauen dürfen vom Abend bis zum Morgen keinen Herren-Besuch haben. Doch Bolm hat einen Freund, der einmal in ihr Badezimmer geht. Für Bolm eine Lappalie, für die Mormonen ein krasser Regelverstoß. Eine Mitbewohnerin verrät der Uni-Direktion das Geheimnis. Bolm streicht das Wort "Vertrauen" aus ihrem Leben. "Ich stand kurz vor dem Rauswurf und hatte schlaflose Nächte", sagt sie. "Das klingt heute lustig, aber es war brutal."

Die Flucht aus dem Fenster

Die Studentin traut sich nicht mehr ans Telefon. Zeichen und Wunden eines religiösen Ehrenkodexes. "Ich dachte immer, jetzt kommt der Anruf von der Uni, und ich werde gefeuert." Als sie einmal ihren Freund besucht, klingelt es an der Tür. Bolm fürchtet eine Kontrolle und springt auf der Flucht aus dem Fenster: "Wenigstens das habe ich durch die Überwachung gelernt."

Warum sie trotzdem vier Jahre in Utah geblieben ist? "Ach, man rutscht so rein. Und nach zwei Jahren wollte ich mein Studium nicht wegwerfen und habe es durchgezogen."

Zwar trainiert die frühere Junioren-Weltmeisterin auch in den USA weiter, aber ihr fehlt dabei der Biss. Vielleicht fordert der Kampf mit dem Alltag zuviel Energie. Es kommt vor, dass Bolm nach einer Einlaufrunde wieder ihre Sachen packt und von der Anlage verschwindet. Dann besteht sie die Abschlussprüfung und will ihre Doktor-Arbeit beginnen. Vorher fliegt sie im Mai 2001 für ein paar Wochen nach Deutschland. Aber es gibt keine Rückkehr mehr für sie. Ihre Sachen stehen immer noch in Utah, aber sie war nie mehr dort. "Ich musste gehen", glaubt sie. "Ich wäre sonst verrückt geworden."

Heute, ein Jahr später, kann die 27-Jährige mittlerweile wieder einen Telefonhörer ohne Angst abheben. "Ist das überhaupt zu fassen?", fragt sie und schüttelt ihren Kopf. Trotzdem: "Die Erfahrung würde ich gegen nichts eintauschen. Ich habe es geschafft, und viel für mich gelernt. Das macht mich stolz."

http://www.nrz.de/nrz/nrz.sport.volltext.php?id=185912

aus: Hannoversche Allgemeine

Durchbeißen, auch wenn es schwer fällt. Dass Kirsten Bolm diese Taktik beherrscht, hat sie nicht nur im Sport bewiesen. Vier Jahre in den USA (1997 bis 2001), im Mormonenstaat Utah, haben die Hürdenläuferin abgehärtet. Dort studierte Bolm an einer privaten Universität der Glaubensgemeinschaft Psychologie – dorthin gelangte sie durch Zufall, wie sie berichtet. Bolm selbst ist nämlich keine Mormonin.

Dass dabei der Sport zu kurz kam, ist eigentlich nur erwähnenswert, weil die aus dem niedersächsischen Scheeßel stammende Athletin schon damals sehr gute Perspektiven besaß. Immerhin war Bolm 1994 Junioren-Weltmeisterin im 100-m-Hürdenlauf geworden. „In den USA aber habe ich viel zu locker trainiert, wie eine Jugendliche“, erzählt sie. Erst seit der Rückkehr nach Deutschland geht es wieder aufwärts. Und nicht nur sportlich. Bolm empfindet das Leben hier zu Lande als Befreiung im Vergleich zu dem, was sie an der Mormonen-Universität erlebte. Dabei seien die knielangen Röcke trotz des heißen Wüstenklimas für sie noch das geringste Ãœbel gewesen, ebenso der Verzicht auf Alkohol oder Koffein. Viel schlimmer empfand die Sportlerin den Verlust der Privatsphäre. „Die Studenten haben sich gegenseitig bespitzelt und angeschwärzt“, sagt sie. Und Bolm wäre beinahe der Universität verwiesen worden, nur weil ihr damaliger Freund ihr Badezimmer benutzt hatte.

Kirsten Bolm möchte diese Erfahrung aber nicht missen, zumal sie vor dem Sprung über den „großen Teich“ nicht glücklicher war.

http://www.haz.de/sport/ueberblick/138781.html

aus: Westdeutsche Allgemeine:

Geboren ist sie in Frechen, sie startet für das Leichtathletik-Team der Deutschen Sporthochschule Köln, sie hat in Hannover gewohnt, sie hat vier Jahre im US-Staat Utah studiert, jetzt wohnt sie in Mannheim und studiert in Heidelberg: Kirsten Bolm ist in der Welt herumgekommen, hat viele Erfahrungen gesammelt, hat interessante Eindrücke aufgesaugt, ist aber auch schon durch eine Psycho-Hölle gegangen. Erfahrungen, die sie zu einer selbstbewussten jungen Frau und zu einer mündigen Athletin gemacht haben.

1997 ist sie in die USA gegangen, um Psychologie zu studieren. Nicht in New York oder Los Angeles, sondern in Provo, einer kleinen Stadt im Staate Utah, an einer Privatuniversität der Mormonen. Obwohl sie selbst nicht Mitglied der "Kirche der Heiligen der letzten Tage" ist, hat sie sich an der Mormonen-Hochschule eingeschrieben. "Es war ein doppelter Kulturschock für mich. Einerseits die Vereinigten Staaten mit vielen neuen Eindrücken, andererseits das Leben bei den Mormonen, wo alles, wirklich alles Regeln unterworfen ist", sagt Kirsten Bolm. Wenn die Fünfte der europäischen Jahresbestenliste erzählt, tut sie dies mit klarer, lauter Stimme und sucht den Blickkontakt mit dem Gesprächspartner. Kein verhuschtes Auf-den-Boden-Schauen, Kirsten Bolm strahlt Reife aus.

Diese Reife hat sie in Utah erlangt. Der Weg dorthin war steinig, einige Male fürchtete sie, die Orientierung zu verlieren. Mit der Kleiderregel hat sie sich relativ leicht abgefunden, auch wenn ihr die Vorschriften abstrus erschienen, in einem Wüstenstaat stets schulterbedeckt und mit einem langen unmodischen Kleid herumlaufen zu müssen. Mehr Probleme bereitete ihr schon der obligatorische gesellschaftliche Unterricht. "Gehirnwäsche" nennt sie es heute. "Selbst das Niedermetzeln der Indianer wurde als Gottes Wille gerechtfertigt", erklärt sie.

Und dann die totale Überwachung. Kirsten Bolm hatte in den USA einen jungen Amerikaner lieben gelernt. Kompliziert genug in einer Religionsgemeinschaft, die Partnerschaft nur in der Ehe toleriert. Doch der junge Mann war auch noch farbig. "Seine Exfreundin hat mich dann denunziert, ich würde mit ihm zusammenleben. Obwohl das nicht stimmte, gab es ein Prüfungsverfahren. Wegen einer solchen Lappalie wäre ich sofort von der Uni geflogen", sagt Kirsten Bolm.

Wochenlang durchlief sie ein ängstlicher Schauer, wenn das Telefon klingelte. Jetzt haben sie mich, jetzt bist du weg, durchfuhr es sie. Sie durfte bleiben, und sie wollte bleiben. "Das fachliche Studium war vorzüglich. Auch wenn ich Schlimmes überstehen musste, ich möchte die vier Jahre auf keinen Fall missen", sagt sie.

Im Mai des vergangenen Jahres hatte sie dann doch genug und kehrte nach Deutschland zurück, wo sie in Heidelberg ihr Psychologiestudium beendet.

http://www.waz.de/waz/waz.sport.artikel.php?id=185810

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