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Verfasser: Gipfelstürmer
Datum: Montag, den 9. November 2009, um 10:47 Uhr
Betrifft: Menschen und ihre individuelle Lebensgeschichten ernst nehmen!

Lieber svenx,

Du schreibst:

> Das Thema Blutsühne ist bis heute Bestandteil der mormonischen Absplitterungen in Utah, die sich auf Joseph Smith berufen. Insofern ist doch die LDS selbst schuld, wenn sie zu vielen Themen gar nichts sagt oder nur nach viel öffentlichen Druck bei FAIR etwas nachforschen lässt. Insofern ist es doch klar, dass kritische Geister mehr Informationen liefern, als die "eigentlichje Quelle" die es besser wissen müsste.

Naja, die meisten Informationen zur Blutsühne findet man vermutlich im „Journal of Discourses“. Und wo ist diese Quelle frei im Internet zugänglich? Auf den Seiten der kircheneigenen BYU. Außerdem haben offizielle Vertreter meiner Glaubensgemeinschaft zu diesem Thema schon richtig oft Stellung bezogen, z.B. in „Blood Atonement & the Origin of Plural Marriage“ von Joseph F. Smith (das Buch stammt übrigens aus dem frühen 20. Jahrhundert – es existierte also schon Urzeiten bevor es FAIR gab). Dennoch gibt es mehr Abhandlungen von Personen, die sich selbst als Gegner meiner Konfession bezeichnen. Ich stelle mir die Frage, ob es Aufgabe der Kirchenführung ist, die Anzahl der Ausführungen zu einem bestimmten Thema mengenmäßig ausgewogen zu halten. Meiner Meinung nach ist sie es nicht.

> Deine Ausführungen zeigen, dass es dir nicht darauf ankommt, dich mit dem Themen auseinanderzusetzen, sondern dass du viel mehr Gründe suchst, warum es überhaupt Menschen gibt, die sich kritisch mit LDS auseinandersetzen. Die Antwort ist immer die gleiche: arme enttäuschte Mitglieder wenden sich aus menschlichen Gründen von der Kirche ab ... Ich wurde weder gehasst noch ausgegrenzt, ich ging die mormonische "Laufbahn" bis zu meinem 30 Lebensjahr in 6ter Generation einer Mormonenfamilie. Hatte und habe viele mormonische Freunde. Ich bin allein meinem Gewissen und der (meiner) Wahrheit verpflichtet. Bitte nicht alle in einen Topf werfen, Danke!

Ich habe schon immer die Ansicht vertreten, dass es viele Wege gibt, die aus meiner Religionsgemeinschaft führen. Gerade deswegen nehme ich Menschen ernst, die etwas über ihre eigene, sehr individuelle Trennung von der Kirche andeuten. Ich möchte sie nicht in einen Topf werfen, indem ich anführe, dass manche Menschen die Kirche verlassen haben, ohne ausgespuckt, ausgegrenzt oder gehasst worden zu sein. Ich hätte sonst den Eindruck, die Erlebnisse dieser Personen herunter zu spielen und sie nicht als eigene, individuelle Biographie für sich stehen zu lassen. Dass Deine persönliche Geschichte so verletzungsfrei abgelaufen ist, freut mich für Dich. Sie ist jedoch nicht auf andere Individuen übertragbar. Wenn manche Menschen schreiben, dass sie ausgespuckt, ausgegrenzt und gehasst worden sind, dann nehme ich das ernst. Es verletzt, unfair behandelt und fortgejagt worden zu sein. Und es ist vollkommen menschlich, dass derartige Kränkungen das Bild von bestimmten Sachverhalten beeinflussen. Ehemalige Mitglieder der Kirche sind auch Menschen und sie haben ein Recht auf ihre Individualität auf zutiefst menschliche Reaktionen. Ich persönlich halte es für unangemessen, wenn Du in diesem Zusammenhang auf Deine eigene Lebensgeschichte verweist und schreibst, dass Du viele mormonische Freunde hattest und hast. Andere Personen können das nicht von sich sagen und sind allein gelassen worden. Das ist furchtbar, aber es ist Realität.

> Die alte Leier: "Anti-Mormonen" verdienen ihr Geld mit ihrer Hetze und sind deshalb Kinder des Teufels.

Ich möchte mich keinesfalls an der Verfestigung derartiger Vorurteile beteiligen, indem ich diese Behauptung unwidersprochen stehen lasse. Noch nie habe ich auch nur angedeutet, dass Anti-Mormonen größtenteils Geld mit ihrer Hetze verdienen und Kinder des Teufels sind. Glauben tue ich es natürlich auch nicht. Im Gegenteil. Meinem Eindruck nach sind es oft die engagiertesten Menschen, die bei ihren Bemühungen, besonders gute Ansprachen, Sonntagsschulstunden oder Seminarklassen vorzubereiten, auf Informationen stoßen, die sie irritieren und manchmal von der Kirche wegführen. Diese Ansicht habe ich in diesem Forum schon mehrfach zum Ausdruck gebracht. Und ich werde es auch weiterhin hartnäckig tun und damit gegen die Verbreitung von Gerüchten ankämpfen, die durch das Veröffentlichen des von Dir abgefassten Satzes in die Welt gesetzt werden.

> Klar zunächst mal nichts zur Sache sagen, aber den Fragenden Zweifel in der Glaubwürdigkeit der Quellen schüren. Ich weiß nicht wer besser ist: derjenige der mit missionarischen Eifer Informationen sucht, oder derjenige der zunächst mal die Glaubwürdigkeit der Bereitsteller in Frage stellt?

Ich denke, dass beide Dinge wichtig sind: sowohl die eifrige Informationssuche als auch eine gesunde Skepsis gegenüber Menschen, die über einen heiklen Sachverhalt aufklären und dabei ein bestimmtes Anliegen verfolgen. Von „besser“ oder „schlechter“ würde ich in diesem Zusammenhang nicht sprechen wollen. Ich möchte jedoch noch etwas zu der konkreten Situation sagen, auf die ich mich in meinem Posting bezogen hatte: Sappho hat in diesem Forum wiederholt darüber berichtet, wie sie sich Legenden ausdenkt, um Glaubwürdigkeit zu erzielen. In meinen Ausführungen hatte ich ein wörtliches Zitat samt Link als Beispiel angeführt. Ich möchte dieses Verhalten nicht werten. Aber ich denke, dass in einem solchen Fall im Hinblick auf die Glaubhaftigkeit von Aussagen Skepsis angebracht ist. Sappho sagt: „Eine gute Anfangslegende erleichtert den Eintritt und somit die Glaubwürdigkeit … denn schließlich benutze ich diese Technik in christlichen Foren seit Jahren!“ Diese Aussage nehme ich ihr ab. Ich glaube, dass sie sich tatsächlich Lebenden ausdenkt, um damit einen bestimmten Zweck zu verfolgen. Sie sagt es doch selbst! Und ich kann ihr Verhalten in Anbetracht ihrer Vorgeschichte nachvollziehen. Allen ihren inhaltlichen Ausführungen vorbehaltlos zu vertrauen, würde für mich bedeuten, ihre Bemerkungen über die von ihr ersonnenen Legenden als Lüge zu etikettieren. Das tue ich jedoch nicht. Denn ich glaube ihr.

svenx, ich lese aus Deinen Ausführungen teilweise eine gewisse Geringschätzung der zutiefst verletzenden und sehr individuellen Erfahrungen mancher Forumsteilnehmer heraus. Außerdem gestehst Du Sappho nicht zu, ihre von ihr selbst mehrfach beschriebene Taktik zur Vermittlung von Glaubwürdigkeit in Foren anzuwenden. Vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen ist ihr Handeln absolut verständlich. Du tust so, als hätte sich Sappho zu ihrer nie Taktik geäußert und würde sie auch nicht anwenden. Nimm sie ernst! Wenn Deine Ausführungen tatsächlich in Teilen geringschätzend gegenüber manchen Ex-Mitgliedern gemeint waren (was ich mir bei Dir eigentlich kaum vorstellen kann), dann werde ich diese Menschen verteidigen. Auch wenn Manfred und mich im Hinblick auf viele unserer Ansichten ein tiefer Graben trennt, werde ich allen Bemerkungen entgegentreten, die auch nur andeuten, dass es sich bei ihm um einen gefühllosen Roboter handelt, an dem die von ihm selbst geschilderten Kränkungen völlig spurlos vorübergegangen sind. Genauso halte ich es mit Sappho. Sie hat eine wichtige Botschaft im Hinblick auf den Abbau von Vorurteilen gegenüber Menschen mit einer Geschlechtsidentität zu verkünden, die heute außerhalb der Norm liegt. Und wenn jemand ihre Ausführungen im Hinblick auf die Anwendung bestimmter Taktiken ignoriert oder in Zweifel zieht, werde ich eine Lanze für sie brechen.

Viele Grüße

Gipfelstürmer

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