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Beitrag 14 von 14
zum Thema Bibelauslegung
Seite erstellt am 18.4.24 um 2:11 Uhr
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Verfasser: Rene Krywult
Datum: Dienstag, den 7. November 2000, um 15:49 Uhr
Betrifft: Leider nicht ganz

Offensichtlich habe ich mich nicht verständlich ausgedrückt. Was ich wollte ist, daß Du mir zeigst, wie die Regeln, die Du vorgegeben hast (bzw. die Du gelernt hast) sich ANWENDEN lassen. Ich wollte sie in Aktion erleben.

Ich will es Dir vormachen, so wie ich denke, daß es nach diesen Regeln gemacht gehört. Sei bitte so gut und sag mir, ob ich es richtig gemacht habe. Ich wende besonders A5 und A11 an, wobei ich mich bemühe, die anderen nicht aus den Augen zu lassen.

Als Übersetzung nehme ich Luther, obwohl Elberfelder genauer wäre, aber das ist gleichgültig, denn ich werde auch den Hebräischen Text berücksichtigen.

PS 16
Ein gülden Kleinod Davids. Bewahre mich Gott; denn ich traue auf dich. Ich habe gesagt zu dem HERRN: Du bist ja der HERR; ich weiß von keinem Gute außer dir. An den Heiligen, so auf Erden sind, und den Herrlichen, an denen hab ich all mein Gefallen. Aber jene, die einem andern nacheilen, werden groß Herzeleid haben. Ich will ihre Trankopfer mit Blut nicht opfern noch ihren Namen in meinem Munde führen. Der HERR aber ist mein Gut und mein Teil; du erhältst mein Erbteil. Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche; mir ist ein schön Erbteil geworden. Ich lobe den HERRN, der mir geraten hat; auch züchtigen mich meine Nieren des Nachts. Ich habe den HERRN allezeit vor Augen; denn er ist mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben. Darum freut sich mein Herz, und meine Ehre ist fröhlich; auch mein Fleisch wird sicher liegen. Denn du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen und nicht zugeben, daß dein Heiliger verwese. Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu deiner Rechten
ewiglich.

Als Untertitel des Psalmes erfahren wir, daß David mit diesem Psalm zutun hatte, allerdings ist nicht gesagt, daß er der Autor ist. Der Ausdruck dw]d’l= ist ein mehrdeutiger Ausdruck. Die Präposition l= kann "von" im Sinne der Autorenschaft bedeuten, aber auch in dem Sinne, daß es zu einer Davidischen Sammlung gehört.

Der Name "David" kann sich auf den König David beziehen, aber auch auf jeden anderen König aus der Linie Davids (vgl. Hosea 3:5; A. A. Anderson, Psalms 1-72, The New Century Bible Commentary, ed. Ronald E. Clements (Grand Rapids: Eerdmans, 1972), 43-45. But, see GKC, par. 129 c who say: "Moreover, the introduction of the author, poet, &c., by this lamed auctoris is the customary idiom also in the other Semitic dialects, especially in Arabic.")

Der Psalm ist einer der Miktam Psalme, aber im Gegensatz zu vier der anderen sechs, die diese Gruppe ausmachen (nämlich 56, 57, 59, 60) gibt es keinen Hinweis im Titel auf eine Begebenheit im Leben Davids. Der Autor und die Datierung des Psalms kann daher nicht fixiert werden. Andererseits nennt Petrus im Neuen Testament David als den Autoren. Da wir das Neue Testament als höherwertiger betrachten müssen (entsprechend den Regeln), als das Alte, ist die Autorenschaft und die Entstehungszeit damit ziemlich erklärt.

Psalm 16 ist ein Zuversichtspsalm (vergleiche auch Psalm 4, 11, 23, 27:1-6; 62; 131), aber möglicherweise hat er sich aus einem Klagepsalm entwickelt (siehe auch Ps 17:8; 140:4).

Einige Kommentatoren schlagen auch eine Trennung in zwei Teile vor:
1. Der HERR im Leben des Psalmisten (1-8)
2. Der HERR wird ihn erretten (9-11).

Dabei sind dann die Verse 1-2 die Einleitung mit Gebet und Glaubensbekenntnis sind. 3-4 erklären den Kontrast zwischen jenen, die YHWH als ihren Gott beibehalten und jenen, die anderen Göttern nachrennnen. 5-8 sind Ausdruck des Vertrauens und der Zuversicht des Psalmisten in den HERRN, und 9-11 spricht von der Größe Gottes und des Schutzes, den er dem Psalmisten gewährt, sodaß er sich sicher fühlen kann.

Im Großen und Ganzen ist die Aussage des Psalmes folgende: David ist zuversichtlich, daß YHWH ihn von einem vorzeitigen Tod behüten wird und ihm ein gutes Leben gewähren wird, weil er zu YHWH steht, und er weiß, daß YHWH diejenigen, die ihm dienen, nicht von Unglück und vorzeitigem Tod überwältigen läßt.

16:1: "Bewahre mich Gott; denn ich traue auf dich." Dieser Ausdruck erinnert an einen Klagepslm, aber es ist schwer, zu diesem Zeitpunkt zu bestimmen, ob es eine akute Gefahr gibt, oder ob der Psalmist einfach um weiteren Schutz für die Zukunft fleht. Allerdings geht es um Erlösung von physischen Problemen und Leid.

16:4 "Aber jene, die einem andern nacheilen, werden groß Herzeleid haben." Diese Menschen, wer immer sie sind, sind anderen Göttern nachgelaufen und haben Leid über sich gebracht. In diesem Zusammenhang bedeutet das Leid in diesem Leben (s.a. Gen 3:16). Impliziert wird, daß David, als einer der YHWH als einzigen Gott angenommen hat, dieses Leid in diesem Leben (in diesem Zusammenhang ist auch Tod in diesem Leid inkludiert) nicht erleben würde, sondern Angenehmes. Das kommt in 16:6 deutlicher heraus.

16:6 "Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche; mir ist ein schön Erbteil geworden.". David scheint metaphorisch zu sagen, daß Gott ihm Herausragendes gegeben hat und ihm Dinge gegeben hat, die andere, die anderen Göttern folgen, nicht bekommen können. Es geht um die Segnungen im "Hier und Jetzt", nicht um das, was er im Leben nach dem Tod bekommen soll.

16:8 "denn er ist mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben." In diesem Zusammenhang bedeutet der niphil Imperfekt fwMa, möglicherweise den Gedanken der Angst als Antwort auf Schwierigkeiten., es könnte aber auch der Tod selbst sein (s.a. Psalm 13:5). Diese Möglichkeit ist sogar recht wahrscheinlich, da der Psalmist im nächsten Vers davon spricht, daß sein Körper in Sicherheit liegen soll, d.h. diesem wird kein Leid geschehen. David sieht sich also körperlichen Schwierigkeiten gegenüber, die zu seinem (vorzeitigen) Tod führen könnten (V. 9 u. 10)

16:9a "Darum." Das Bindewort /kl verbindet seine Zuversicht aus Vers 8, nämlich daß er nicht bewegt wird (nicht stirbt) mit seinem Jubel in Vers 9 und der Zuversciht, daß sein Körper sicher bleibt. Es geht hier total um körperlichen Schutz, denn was sonst soll "mein Fleisch wird sicher liegen" im Zusammenhang mit "ich werde fest bleiben" heißen? Eine Auferstehungshoffnung steckt hier nicht ausdrücklich drinnen (Elliott E. Johnson, "Author’s Intention and Biblical Interpretation," in Hermeneutics, Inerrancy and the Bible, ed. Earl D. Radmacher and Robert D. Preus (Grand Rapids: Zondervan, 1984), 420, 21.).

16:10a "Denn du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen." Bis jetzt haben wir gesehen, daß der Psalmist erwartet, daß er in nächster Zeit weder Ledi noch Tod erfährt. Stattdessen jubelt er, weil YHWH zu seiner Rechten steht, ein sicheres Zeichen des Schutzes (Ps 110:5; 121:5). Vers 10 erklärt nun den Grund seiner Zuversicht.Deer Qal imperfekt bzœ[}t’ mit dem negativen partikel al zeigt an, daß sein "sich an Gott freuen" etwas ist, daß auch in die Zukunft geht, weil Gott David nicht dem Tod überlassen wird. Das verb bzu mit der Präposition l zeigen eine Bewegung in Richtung eines Ortes oder Zsutandes an, nicht die Bewegung aus einem Ort oder Zustand heraus. Es geht also nicht darum, daß Gott ihn aus dem Tod wieder herausholt, sondern daß er ihn jetzt nicht sterben läßt.

16:10b "und nicht zugeben, daß dein Heiliger verwese" Diese Zeile entspricht 10a und erklärt das, was David gerade gesagt hat, näher. David meint also, daß die Gefahr in der er schwebt, nicht zum Tod führen wird, weil er ja Gottes "Heiliger" ist. Es geht nicht darum, daß David NIE sterben, nie verwesen wird (Psalm 39:13, 14 MT).

16:11a "Du tust mir kund den Weg zum Leben" Da David zuversichtlich ist, nicht zu sterben, bezieht sich das wohl auf den Rat, den Gott ihm gibt (s. V. 7), welcher es ihm ermöglicht, sein Leben auch in gefährlichen Situationen gut zu leben.

16:11b, c "vor dir ist Freude die Fülle und liebliches Wesen zu deiner Rechten ewiglich." In Sheol, dem Ort der Toten, erfährt niemand die Gegenwart Gottes. Deshalb, da er ja zuversichtlich ist, nicht zu sterben, erfreut er sich des Wissens, daß YHWH ihm zur Seite stehen wird und er sich der Gegenwart Gottes erfreuen kann, solange er lebt. (Der Ausdruck jx’n, den Luther mit "ewiglich" übersetzt, findet sich 41 mal im MT, und meint entweder die Ãœberlegenheit Israels (1 Sam 15:29) oder ein Attribut Gottes (1 Chron 29:11). Es meint aber auch immer Wiederkehrendes in der Natur (Ps 74:3), "immer" im Sinne von "eine lange Zeit" (2 Sam 2:26), oder einfach so lange das Leben einer Person dauert (Ex 21:6; Ps 74:1). Diese letzte Bedeutung ist es, die ich hier verstehe, weil David weiß, daß er nicht jetzt sterben wird, andererseits weiß er, daß er irgendwann sterben muß. Es geht also nicht um "Ewiges Leben" nach dem Tod.

Wie wir wissen stritten sich die Juden zur Zeit Jesu darüber, ob es eine Auferstehung und ein ewiges Leben gibt, oder nicht. Die Sadduzäer lehnten das ewige Leben ab, die Pharisäer glaubten daran. Grund für diesen Streit war, daß es im AT nur zwei Stellen gibt, die die Idee der Auferstehung zu propagieren scheinen, und das sind Jesaja 26:19 und Daniel 12:2 (diese sind wesentlich jünger, als der vorliegende Psalm!). Auch diese akzeptierten die Sadduzäer nicht als Grundlage für die Lehre von der Auferstehung. Tatsache ist: Die Auferstehung war KEINE feststehende Doktrin bei den Juden, und sie findet sich auch nicht explizit in den Psalmen.

Weiters gibt David auch an keiner anderen Stelle irgendeinen Hinweis, daß ihm ein Leben nach dem Tod bekannt gewesen wäre (2 Sam 7:12; 12:23; Ps. 39:5-7) In Ps 39:13, 14 (Elberfelder) beschreibt er den Tod als den Zustand des Nicht-seins: "13 Höre mein Gebet, HERR, und vernimm mein Schreien; schweige nicht zu meinen Tränen! Denn ein Fremdling bin ich bei dir, ein Beisasse wie alle meine Väter. 14 Blicke von mir weg, daß ich [noch einmal] fröhlich werde, bevor ich dahingehe und nicht mehr bin!"

Der weitere Kontext sollte wohl der sein, wie die Juden Psalm 16 verstanden. Und das deckt sich eigentlich wunderbar mit dem Gesagten: David spricht mit Gott. Im Gegensatz zu anderen ist dieser Psalm kein messianischer (=er spricht NICHT über den Messias). Zu Vers ´9 und 10 lautet die Midrash, daß Davids Körper in seinem Grab nicht verweste. Die Midrash zu Vers 11 sagt, daß ein langes  ("volles") Leben dem geweährt wird, der sich an die Weisung (Torah) hält und gottesfürchtig ist.

Edgar: Stimmst Du meiner Auslegung dieses Verses nach den von Dir angegebenen Regeln zu?

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