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zum Thema Die Utah-Mormonen und der 11. September
Seite erstellt am 25.4.24 um 17:19 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: Gunar
Datum: Mittwoch, den 24. Oktober 2001, um 1:33 Uhr
Betrifft: Die Utah-Mormonen und der 11. September

Frankenpost
23.10.2001

ZWEI JUNGE MORMONEN IN HOF

Auf Mission der Nächstenliebe in schwierigen Zeiten

VON BEATE FRANCK

Elder Workman und Elder Fife tragen ihre Kennkarte an der Brusttasche ihrer Jackets. Mit ihren dunklen Anzügen und ihrem breiten amerikanischen Akzent könnten die beiden, die stets im Doppelpack auftreten, auch als FBI- Agenten durchgehen - da fehlen nur noch die Sonnenbrillen. Auch ihr Auftrag ist im Grunde ähnlich: Elder Workman und Elder Fife wollen die Menschen vor dem Bösen in der Welt bewahren - nur dass sie dies nicht mit Hightech-Waffen tun, sondern mit Worten aus einer alten Schrift. Eine Aufgabe, die die beiden jungen Mormonen, die zurzeit in Hof für ihre Kirche Dienst tun, seit den Terroranschlägen auf ihr Land vor eine besondere Herausforderung stellt.

HOF - „Elder“ heißen in der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“, kürzer als Mormonen bekannt, die Missionare. Rund 60000 gibt es auf der ganzen Welt, im Gebiet Hof, Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt etwa 100. Für eine Mission in die weite Welt zu ziehen, das war schon zu allen Zeiten ein hartes Geschäft. Eine tiefe Ãœberzeugung ist dafür nötig, und die haben Jared Workmann und Tim Fife. Der 19-Jährige aus Oregon und sein ein Jahr älterer Partner aus Kalifornien nehmen an einem zweijährigen Programm ihrer Kirche teil, das jun ge Amerikaner ins Ausland schickt. In Hof, wo die Mormonen in der Altstadt 33 einen Versammlungsraum besitzen, hat Jared über ein halbes Jahr verbracht, Tim, der schon in Eisenach, Erfurt und Leipzig stationiert war, ist erst seit ein paar Wochen hier. 20000 Mark kostet sie die Teilnahme an dem Programm, dafür sorgt die Mormonenkirche während ihres Aufenthalts für ihren Lebensunterhalt.

Für selbstlose Hilfsdienste kein Bedarf?

Ihre Kirche vorstellen, ihren Nächsten dienen, den Menschen den Unterschied zwischen gut und böse aufzeigen - das wollen die beiden jungen Missionare. Menschen selbstlos mit ehrenamtlicher Arbeit dienen - eine einfache Idee, deren Umsetzung in Hof, so haben sie festgestellt, erstaunlich schwierig für sie ist. Tim und Jared haben schon mit türkischen Kindern Fußball gespielt, für das BRK Hilfsdienste geleistet oder für Veranstaltungen in der Pakethalle Einladungen ausgetragen. Eine regelmäßige Betätigung beispielsweise für ein Altenheim aber haben sie hier im Unterschied zu anderen Städten noch nicht gefunden. Woran das liegt? Ihr gesundes amerikanisches Selbstbewusstsein lässt Tim und Jared nicht vermuten, dass Ausländerfeindlichkeit da hinter stecken könnte. „Vielleicht wird einfach keine Hilfe gebraucht?“
Ihre Kirche vorzustellen, das versuchen die beiden Amerikaner einmal pro Woche in der Altstadt. Auch das ist ein hartes Brot: „Wenn wir Passanten auf der Straße ansprechen, sind die meist sehr beschäftigt“, haben sie festgestellt. „Vielleicht haben sie Angst, wir wollten sie in unsere Kirche zwingen“, sagt Tim, „aber das können wir ja gar nicht. Wir haben etwas in unserem Leben gefunden, das uns sehr viel Freude macht, und wir möchten das mit anderen teilen. Aber wenn das jemand nicht will, akzeptieren wir das.“

Die Ereignisse des 11. September haben nun umgekehrte Reaktionen hervorgerufen. „Viele Leute haben ihr Mitleid geäußert und sich die Zeit genommen, mit uns zu sprechen“, erzählen Tim und Jared. Ein wenig kurios dabei ist, dass die beiden Missionare, die keinen Fernseher haben und keine Zeitung lesen, von der aktuellen Lage nur das mitbekommen, was ihnen erzählt wird. Ein einziges Mal hat Jared den Anschlag auf das World Trade Center kurz im Fernsehen gesehen. Anteilnahme wird ihnen in Hof gerade auch von Muslimen entgegen gebracht. „Eine Frau hat uns erst heute wieder versichert: Es tut uns so leid, wir sind nicht so.“

Zwiespalt zwischen Nationalstolz und Glauben

Gleichzeitig aber werden sie nun mit Fragen und Sorgen konfrontiert. Wie aber kann man als 20-Jähriger eine Antwort auf die Frage geben, wie Gott eine solche Tragödie zulassen könne? Die beiden jungen Missionare können das nicht, sie haben nur ihre Trauer darüber, dass das Abirren einiger weniger vom Weg des Guten den Tod von so vielen Unschuldigen nach sich zog. Und sie können ihren Glauben und ihr Vertrauen in die Existenz eines barmherzigen Gottes anbieten: „Irgendwie wird es ein Happy- Ending geben, auch wenn wir das heute nicht sehen können.“

Ihre Mission, den Menschen mit Hilfe ihres Glaubens und dem Buch Mormon - ein an biblischen Vorbildern orientiertes Schriftenwerk - zu helfen, das Gute vom Bösen zu unterscheiden, hat durch den Terroranschlag neues Gewicht bekommen. Sie ist freilich auch schwieriger geworden: Ist es denn nun gut, wenn US-Präsident George Bush im Namen der Freiheit Bomben auf Afghanistan abwirft, denen wiederum viele Unschuldige zum Opfer fallen? Da geraten gerade sie als Amerikaner in einen Zwiespalt zwischen christlicher Ãœberzeugung und Nationalstolz. „Ich unterstütze die Freiheit und alle die die Freiheit bewahren wollen“, sagt Tim, der Amerikaner, und Tim der Missionar fügt hinzu: „Aber zugleich beten wir jeden Tag, dass nicht soviele umkommen. Alles was wir beide tun können, ist hier in unserer Stadt Nächstenliebe zu zeigen.“
Und so packen die beiden wieder ihre Rucksäcke und machen sich auf den Weg. Jared wird am Mittwoch Hof verlassen, Mittweida in Sachsen ist seine nächste Station. Dann wird ein neuer „Elder“ als Partner an Tim Fifes Seite auf die schwierige Mission der Nächstenliebe gehen. Mit Worten und guten Taten, die mehr bewirken sollen als Gewalt und Krieg.

*

Ach ja, es gibt übrigens tatsächlich auch einen echten FBI- Agenten in den Reihen der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.“ Er hat die Fronten gewechselt und verrichtet nun in Plauen gemeinsam mit seiner Frau Missionsarbeit. Sie heißen Ken und Barbie. Cool.

Wer den jungen Mormonen eine ehrenamtliche Aufgabe übertra· gen möchte kann sich unter der Telefonnummer 09281/16120 melden. Donnerstags ab 18 Uhr bieten die Mormonen in ihrem Versammlungssaal in der Altstadt 33 zudem kostenlose Englisch- Unterrichtsstunden an. Ausdrück· lich sei gesagt: „No bible lessons, english just for fun“.

http://www.frankenpost.de/printversion/print.phtm?site=/nachrichten/archiv/resyart.phtm&id%3D178451

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