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zum Thema Prozess gegen mormonische Betrüger beginnt
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Verfasser: Gunar
Datum: Montag, den 17. September 2001, um 0:34 Uhr
Betrifft: SZ: Millionenbetrug mit Öko-Projekten

Süddeutsche Zeitung
Montag, 17.9.2001

Millionenbetrug mit Öko-Projekten

Staatsanwalt: Wabag lockte Anleger mit illusorischen Renditen, kassiert hat aber nur die Firmenspitze

Von Alexander Krug

Es ist das wohl größte und aufwändigste Wirtschafts- Strafverfahren in der Geschichte der Münchner Justiz. Am Donnerstag wird am Landgericht vier Angeklagten der Wabag-Gruppe der Prozess gemacht. Es geht um Betrug in dreistelliger Millionenhöhe mit rund 6000 Geschädigten. Es geht aber auch um eine Person, deren Name immer wieder in den Akten auftaucht: Max Strauß, den Rechtsberater der Wabag.

Die Aktenmenge ist erdrückend: Rund 7000 Leitzordner mussten die Ermittler sichten. Ein derartiger Fall überschreite die „Grenzen der Belastbarkeit“, ließ die Staatsanwaltschaft München I verlauten. Die Geschichte der Wabag – mit vollem Namen „Wirtschaftsanalyse und Beratung Aktiengesellschaft“ – mit Sitz in Oberhaching ist der Anklage zufolge ein klassischer Betrugsfall von geradezu gigantischen Ausmaßen.

Die im Dezember 1991 gegründete Wabag war ursprünglich mit der Beratung und Vermittlung von Kapitalanlagen, Unternehmensbeteiligungen und Aktien betraut. Tatsächlich soll sie aber von den Firmengründern Erich D., 51, und Harald St., 60, als reines Emissionshaus betrieben worden sein. Im Klartext: Die Wabag sollte Gelder für Projekte im Bereich Umweltschutz einsammeln, vorzugsweise Recycling-Werke in den neuen Bundesländern.

Insgesamt zehn solcher Werke waren geplant gewesen: die Biokraftwerk Zittau AG, ein Bioheizkraftwerk für den Betrieb mit Pflanzenöl; die Trentec AG in München, eine Wertstoffrückgewinnungsanlage; die Sachsenholz AG, ein Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk; die Kurs AG, eine Kunststoffrecycling-Anlage in Eberswalde (Brandenburg); die Zenit AG, eine Wertstoffrückgewinnungsanlage in Siebenlehn (Sachsen); die Kompakt AG in Malchin (Mecklenburg-Vorpommern), eine Anlage, die aus organischen Abfällen Düngemittel herstellt; die Biospan AG in Aicha vorm Wald (im Bayerischen Wald), wo aus Stroh feuerfeste Strohplatten hergestellt werden sollten; die Trentec II AG in Berlin zur Wertstoffrückgewinnung; die Bio-Ölpresswerke Zittau GmbH, ein Pflanzenölpresswerk; sowie die EHAG Elber-Elster Holzkraft AG, ein Gasturbinenkraftwerk mit Holzschnitzelbetrieb.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass die geplanten Anlagen allesamt mehr oder weniger Luftschlösser waren. Es sei nur darum gegangen, möglichst viel Kapital einzusammeln. Den Anlegern seien völlig illusorische Renditeversprechungen gemacht worden. Von 1995 bis 1999 sollen insgesamt 245 Millionen Mark eingesammelt worden sein, teils über stille Beteiligungen, teils aus dem Verkauf von Aktien, teils auch aus Fördermitteln. Investiert wurden dagegen nur rund 55 Millionen Mark – der Schaden beläuft sich also auf rund 190 Millionen Mark.

Allein die Aktionäre sollen rund 146 Millionen Mark sprichwörtlich in den Sand gesetzt haben. Denn keine einzige Anlage warf laut Anklage jemals Gewinn ab, im Gegenteil: Alle Gesellschaften mussten 1999 wegen erheblicher Liquiditätsprobleme Insolvenz anmelden. Die Angeklagten sollen sich kräftig bedient haben, von mehreren Millionen Mark ist die Rede, die der Vorstandsvorsitzende Harald St. und der Aufsichtsratsvorsitzende Erich D. einstrichen. Die mitangeklagten Vorstände Michael B., 40, und Axel F., 53, sollen ebenfalls Millionen an Provisionen verdient haben. Bis auf den vielfach und einschlägig vorbestraften Axel F. (1986 wurde er wegen Betruges zu sechs Jahren Haft verurteilt) sollen alle Angeklagten der Glaubensgemeinschaft der Mormonen angehört haben. Nach den bisherigen Erkenntnissen investierten zahlreiche Mitglieder der 1830 in den USA gegründeten Gemeinschaft in die Wabag. Harald St. und Erich D. sollen auch neu gegründete Projektaktiengesellschaften bevorzugt mit Glaubensbrüdern besetzt haben.

Erich D. und Harald St. sind angeklagt wegen Betruges in jeweils 4926 Fällen und Subventionsbetruges. Michael B. und Axel F. müssen sich wegen Betruges in jeweils 4522 Fällen verantworten. Die Verteidigung haben die Münchner Anwälte Eckhart Müller, Klaus Leipold, Stephan Tschaidse und Robert Jofer übernommen. Die 731 Seiten starke Anklage wird von den Staatsanwälten Norbert Riedmann und Clemens Turkowksi vertreten. Allein die Verlesung des reinen Anklagesatzes von 272 Seiten dürfte mindestens einen Tag in Anspruch nehmen.

http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel78612.php

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