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zum Thema Leserbrief in Sachen Green
Seite erstellt am 19.4.24 um 21:24 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Samstag, den 1. September 2001, um 6:21 Uhr
Betrifft: Leserbrief in Sachen Green

Leserbrief an die Oberösterreichische Nachrichten auf eine Meldung vom Samstag, 1. September 2001:

"Selbst ernannter Mormone

SALT LAKE CITY. Tom Greene, der sich selbst als strenggläubiger Mormone bezeichnete und damit, wie berichtet, seine Ehe mit fünf Frauen vor Gericht verteidigen wollte, ist kein Mitglied der Mormonen-Glaubensgemeinschaft. Die weltweit rund 11 Millionen Gläubige umfassende "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", die auch in Österreich als Religionsgemeinschaft offiziell anerkannt ist, hat ihn nie als Mitglied anerkannt. Seit 1886 gilt in dieser Kirche, die ihren Hauptsitz in Salt Lake City in Utah hat, ein striktes Verbot der Mehrehe. In Österreich wurde die erste Gemeinde dieser Kirche 1901 in Haag am Hausruck (OÖ.) gegründet. " (meine Herv.)

Original unter:

http://www.oon.at/nachrichten/Weltspiegel.asp?ressort=Weltspiegel&id=220387

Der Leserbrief (cut and paste ist ja eine so feine Sache;-) ):

"Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktion,

in Ihrem heutigen Artikel "Selbst ernannter Mormone" (OÖNachrichten Weltspiegel Samstag, 1. September 2001) schreiben sie mißverständlich und ungenau, daß:

"Selbst ernannter Mormone ... Tom Greene, der sich selbst als strenggläubiger Mormone bezeichnete ... ist kein Mitglied der Mormonen-Glaubensgemeinschaft. Die ... "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage", ... hat ihn nie als Mitglied anerkannt. Seit 1886 gilt in dieser Kirche, die ihren Hauptsitz in Salt Lake City in Utah hat, ein striktes Verbot der Mehrehe."

Hierzu einige korregierende Anmerkungen.

Tom Green (nicht Greene) bezeichnet sich selbst nicht als "strenggläubiger Mormone", sondern als ein"ein fundamentalistischer Mormone" und als ""unabhängiger Polygamist." Es ist weiterhin inkorrekt zu schreiben, daß die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ihn "nie als Mitglied anerkannt" hat. Green war Mitglied eben dieser Kirche, erfüllte sogar eine ehrenamtliche Mission, wurde jedoch später aus der Kirche ausgeschlossen, eben wegen seines Glaubens und der Ausübung der Mehrerhe. Es ist weiterhin inkorrekt zu schreiben, daß bei der Kirche "seit 1886 ... ein striktes Verbot der Mehrehe" gilt. Mormonen geben selbst an, daß die Vielehe seit angeblich 1890 nicht mehr gilt. Tatsache ist jedoch, daß sie seit dem Jahre 1904 nicht mehr praktiziert wird, als Lehre jedoch noch im Schriftkanon existiert.
Die Mormonen zeigen ihre Befindlichkeit wenn ein praktizierender Polygamist sich selbst oder von der Presse als "Mormone" bezeichnet wird. Im Vorfeld der im nächsten Jahr im Bundesstaat Utah (70% Mormonen) stattfindenden Winterolympiade, werden sie zunehmend von ihrer eigenen Kirchengeschichte des letzten Jahrhunderts eingeholt. Sie sind jetzt dabei zu erleben, wie ihre Versuche einen möglichen Schaden von der Kirche abzuwenden, nicht fruchtet. Erst vor einigen Monaten (05.3.2001), hat die Kirchenführung der HLT eine Presseerklärung gegenüber den Medien, aber auch ihren eigenen Mitgliedern veröffentlicht, in der sie betont, daß ihre eigenen Mitglieder, aber auch die Medien den "korrekten" Namen der Kirche benutzen sollen, und nicht das Kürzel "Mormonen." Die Mitglieder werden ausdrücklich aufgefordert nur diesen Namen zu benutzen. Ähnliche Forderungen der eigenen Kirchenführer haben sich bisher stets als nutzlos erwiesen. Dort findet sich auch die Erklärung, daß der Name "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" der "offenbarte Name" sei. Die HLT-Mormonen gehen davon aus, daß der korrekte Kirchenname ihrem ersten Führer, Joseph Smith, im April 1838 offenbart wurde, unbeschadet dessen, daß die Kirche in ihren eigenen heiligen Schriften vorher andere Namen hatte.

Die Presse wurde gebeten Kürzel wie ""Mormonen Kirche",  "Heilige der Letzten Tage Kirche (engl. Latter-Day Saints, LDS)" oder "Die Heiligen der Letzten Tage Kirche" zu vermeiden. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, daß wenn Kürzel schon notwendig sind, doch "Kirche", oder "Die Kirche Jesu Christi ermutigt" werden. Wenn es um die Mitglieder selbst geht, "Heiligen der Letzten Tage", wobei "Mormonen akzeptabel" sei. Aktuell versuchen sie durchzusetzen, daß es nur eine Art Mormonen gibt, sie selbst. Also Green kein "wirklicher Mormone" ist. Ein wahres Dilemma.

Tatsache ist jedoch, daß es seit der Gründung der ursprünglichen Kirche im Jahre 1830, es mittlerweile über 200 Schismen gegeben hat. Häufiger Grund für diese waren fundamentale Fragen der Lehre, wie die Lehre und gelebte Praxis der sogenannten Polygamie (Vielehe). Diese daher "fundamentalistischen Mormonen" sind im Regelfall keine Mitglieder der HLT.
Zumindest nicht in der Öffentlichkeit sich dazu bekennend. Wäre dies der Fall, würden sie aus den Reihen der HLT sofort exkommuniziert werden. Die HLT haben in der Zeit von 1842 -1904 die Vielehe praktiziert. Im Jahre 1890 veröffentlichten sie das erste sog. "Manifest," um dem politischen Druck und dem drohenden finanziellen Bankrott aus dem Wege zu gehen. Es sollte sich jedoch schnell herausstellen, daß diese Erklärung eine Farce war, denn bis zum Jahre 1904 wurde polygame Ehen in Kenntnis und Vollmacht der Kirchenführung "gesiegelt." Die Öffentlichkeit und die staatlichen Organe schlichtweg getäuscht. Nach dem Verständnis der HLT war es eine zwingende Notwendigkeit "für den Herrn zu lügen", lehrten sie doch bereits zu jenem Zeitpunkt seit über 45 Jahren, daß die Vielehe eine Voraussetzung sei, um "in den ewigen Welten Erhöhung haben (zu können)", sprich "Götter (zu sein), weil sie kein Ende haben." Die Kirche sah sich daher genötigt, 1904 ein zweites Manifest abzugeben. Seitdem wird die Vielehe nicht mehr praktiziert, Kirchenlehre ist sie jedoch sehr wohl. In einer heiligen Schrift der HLT (Lehre und Bündnisse 132, aufgezeichnet im Jahre 1843) ist noch in der heutigen Zeit zu lesen, daß das "Gesetz des Priestertums" beinhaltet, daß z.B. ein Mann "zehn Jungfrauen" ehelichen kann. Er wäre darin "gerechtfertigt." Die erste Ehefrau hat selbstverständlich das Recht einer "Zustimmung." Jedoch darf sie diese Lehre und "Gesetz ... glauben und ihm dienen." Tut sie es nicht, so wird sie "vernichtet." Dies bedeutet wohlgemerkt nicht, daß die Mormonen des letzten Jahrhunderts lediglich bis zu zehn "Jungfrauen" heiraten durften. Manche ihrer Führer brachten es auf über vierzig Frauen.

Ich denke es ist verständlich, daß diese historische Peinlichkeit den heutigen HLT ein Stachel im Fleische ist. Um so rigoroser versuchen sie in der heutigen Zeit, jegliche Affinität zum Thema Vielehe weit von sich zu weisen. Trotzdem bleibt obiges "Gesetz des Priestertums" Bestandteil ihres Lehrgutes, welches natürlich neuen Mitgliedern nicht ausdrücklich auf die Nase gebunden wird. Trotzdem sind sie aber auch nicht in der Lage, dieses Relikt ihrer eigenen Kirchengeschichte, über Bord zu werfen. Sollte Green tatsächlich nach der erfolgten Strafverkündung im Gefängnis auch nach einer Berufung verweilen müssen, so tritt er lediglich in die Fußstapfen von 935 HLT, vornehmlich Kirchenführern, die noch im letzten Jahrhundert in den Gefängnissen von Utah bis zu 3 1/2 Jahren schmachteten, da sie gegen geltendes Recht (Anti-Bigamie-Gesetz) der USA verstoßen hatten. Auch hatte sie bereits vor ihrer Auswanderung ins Salzseetal gegen Anti-Bigamie Gesetze anderer Bundestaaten verstoßen. Erst kurz vor dem Bankrott der Kirche "sprach der Herr" (so die Darstellung der HLT)  und hob 1890 scheinbar das "ewige Gesetz" der Vielehe auf. Wenn also Green "in Gottes Augen" sich verheiratet wähnt, er sich dazu bekennt, weil seine Religion dies von ihm verlange, er zudem bereit dafür ins Gefängnis zu gehen, so lebt Green eigentlich im falschen Jahrhundert. Oder die HLT-Mormonen. Die Geschichte wird es zeigen.

Mit freundlichen Grüßen

James Field ..."

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