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zum Thema Die ultimative Ironie - Mormonen und Polygamie
Seite erstellt am 23.4.24 um 10:45 Uhr
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Verfasser: James
Datum: Mittwoch, den 29. August 2001, um 14:01 Uhr
Betrifft: Die ultimative Ironie - Mormonen und Polygamie

Die ultimative Ironie - Mormonen und Polygamie

Mormone zu 5 Jahren Haft verurteilt. So, oder so ähnlich liest man es die Tage wieder in einem Teil des deutschsprachigen Blätterwaldes. Man schüttelt nur den Kopf. Nicht unbedingt weil eben dieser Teil der Presse, wobei es nicht überrascht welcher Teil es der schreibenden Zunft ist, mit dem Begriff "Mormone" nicht sauber arbeitet. So wird aus dem sich selbst als "unabhängigen" in Polygamie lebenden (mit fünf Ehefrauen) und "fundamentalistischen Mormonen" bezeichnenden Tom Green, eben ein "Mormone."

Nebenbei bemerkt: Ich selbst benutze den Terminus "Polygamie" hier im mormonischen Sinne von "Vielehe." Polygamie bedeutet im eigentlichen Sinne "viel Ehe", soll heißen, daß ein Mann oder Frau zwei oder mehrere Ehepartner haben. Mormonen benutzen gerne den Terminus "Vielehe." Anthropologisch gesehen, wird die Polygamie jedoch in zwei Kategorien unterteilt: Polygynie ("Vielweiberei"); die Ehegemeinschaft eines Mannes mit zwei oder mehreren Frauen (dies trifft eher auf die Mormonen zu), und der Polyandrie ("Vielmännerei"); der Ehegemeinschaft einer Frau mit zwei oder mehreren Männern. Nicht unerwähnt sei, daß der Führer der Mormonen, Joseph Smith, auch die obengenannte Polyandrie lehrte, einführte und auch praktizierte. Hier darauf einzugehen, würde jedoch den Rahmen sprengen (eine gute Einführung jedoch liefert z.B. Richard S. Van Wagoner, Mormon Polyandry in Nauvoo, in: Dialogue. A Journal of Mormon Thought, Bd. 18, Nr.3, 1985, S. 67-83)

Auch schüttelt man nicht unbedingt den Kopf darüber, daß Green am 25.08.2001 zu 5 Jahren Haft verurteilt worden ist. Unter anderem wegen vierfacher Bigamie.

Man unterbricht, aber nur kurz, das Kopfschütteln in dem Moment, wo man erfährt, daß Ankläger David Leavitt, dessen Bruder Mike Leavitt Gouverneur des Bundesstaates Utah ist, selbst polygamistischer Abstammung ist. Beide sind Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Noch am Tage der Urteilsverkündung berichtet Ankläger Leavitt über sich selbst, welche "ultimative Ironie" darin läge, daß "ein Mann, der aus polygamistischen Verhältnissen stammt der Ankläger in diesem Fall sei." Erstaunt ist man, wenn man erfährt, Leavitt hätte noch im Jahre 1993 die Gegenseite vertreten. Leavitt "wälzte sich damals in seinem Sieg." Anscheinend kann Leavitt jedoch gut mit dieser "ultimativen Ironie" leben.

Ebenso erstaunt ist man, wenn man erfährt, daß der das Urteil verkündende Richter Guy Burningham, ebenfalls aus polygamistischen Verhältnissen stammt und sogar mit Tom Greens erster, mittlerweile verstorbenen Ehefrau, verwandt ist (siehe z.B. http://deseretnews.com/dn/view/0,1249,295020218,00.html).

Liest man sodann die Urteilsbegründung, weicht das Erstaunen und das Kopfschütteln nimmt wieder seinen freien Lauf. Erfährt man dort z.B., daß die Verurteilung u.a. dadurch begründet wird, daß laut "First Amendment" zur US-Verfassung, der Bundesstaat Utah "in keiner Weise sich in die religiösen Ãœberzeugungen einer Person einmischen kann", so hat dieser doch die Macht, Verhalten, welches den "Frieden und Ordnung unterhöhlt Einhalt zu gebieten" (engl. "...although the State of Utah cannot interfere in any way with a person’s religious beliefs, it is granted the power, consistent with the First Amendment, to restrain conduct which undermines "peace and good order.").

Nach der Verfassung des Bundesstaates Utah, darf die Ausübung der Polygamie ausdrücklich untersagt werden. So findet sich interessanter weise die Aufforderung im "Enabling Act, Article III" die Verpflichtung, daß "polygame oder Vielehen für immer verboten sind" (engl. "but polygamous or plural marriages are forever prohibited."). Dies war natürlich eine Bedingung, damit Utah überhaupt im letzten Jahrhundert in die Union der Vereinigten Staaten von Amerika aufgenommen werden konnte. Ironischerweise  waren dies dieselben Vereinigten Staaten von Amerika, von denen Joseph Smith noch 1843 "im Namen des Herrgottes von Israel" prophezeit hatte, daß sie "in wenigen Jahren diese Regierung gänzlich zu Fall gebracht und zerfallen werde, so daß nicht eine Scherbe übrigbliebe" (Joseph Smith, History of the Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints, Salt Lake City, 1978, Bd.5, S.394, hiernach HC). Mehr wie "einige Jahre" sind vergangen, Joseph Smith war ein Jahr später erschossen, die Vereinigten Staaten von Amerika existieren nach wie vor. Natürlich hatte Smith in typisch mormonischer Art seine Prophezeiung konditioniert indem er sagte, seine Vorhersage würde nur eintreten, wenn die "Vereinigten Staaten das Unrecht, welches den Heiligen im Staate Missouri angetan wurden, entschädigen und bestrafen würde" (ebd.). Eine Entschädigung oder Bestrafung ist nie erfolgt.

Richter Burningham bezog sich weiterhin auf den Fall "Reynolds v. United States, 98 U.S., 1878" Dieser war der Ursprung dessen, das die Mormonen später das "Manifesto" von 1890 verkündeten um den finanziellen Ruin der Kirche zu verhindern und den Schein zu wahren, daß angeblich der Vollzug von polygamen Ehen gestoppt worden war. Erst das zweite Manifesto von 1904 sollte den Vollzug der Polygamie erst wirklich stoppen. Man fragt sich hier bereits wie genau Mormonen es wirklich damit nehmen, die "Gesetze des Landes" zu halten (für eine ausführliche Betrachtung, wie die Kirche die Öffentlichkeit in den Jahren zwischen 1890 - 1904 täuschte und weiterhin Vielehen vollzogen wurden, siehe u.a. D. Michael Quinn, LDS Church Authority and New Plural Marriages, 1890 - 1904, in: Dialogue. A Journal of Mormon Thought, Bd. 18, Nr.1, 1985, S.9 - 105).

Burningham führte weiter aus, daß der Oberste Gerichtshof der USA im ehemaligen Fall Reynolds gegen die USA, die dem Gesetz widersprechende Praxis der Polygamie untersagte, weil ein Bürger die Ausübung der Polygamie damit nicht begründen könnte, daß er sich über die Gesetze und Rechtsprechung des Landes erheben könnte, auch nicht unter Berufung auf die freie Religionsausübung. Dies zu erlauben würde bedeuten, daß die Ausübung religiöser Praktiken, wie z.B. die Polygamie, von der Aufsicht und Strafverfolgung der staatlichen Organe ausgenommen wäre.

Im Schlußwort seiner "kurzen Geschichtslektion" betonte Richter Burningham, daß der Bundesstaat Utah die "fundamentale Pflicht hätte, das Verhalten ihrer Bürger zu regulieren." Dies gilt insbesondere für den "Bereich der Ehepraxis." Daher sei es folgerichtig, daß die Verfassungen der USA und des Bundesstaates Utah (Anti-Polygamiegesetz Utah Code 76-7-101(1)) es ermöglichen, die Ausübung der Bigamie und Polygamie zu verbieten und strafrechtlich zu verfolgen (zur Urteilsbegründung von Richter Burningham, siehe unter: http://www.sltrib.com/08242001/Utah/statement.htm).

Zusammengefaßt: Die Praxis der Polygamie verstößt gegen Bundes- bzw. Gesetze des Bundesstaates Utah. Der Versroß zieht eine Strafverfolgung nach sich.

Die offizielle Monogamie, die reale Polygamie

In diesem Zusammenhang wäre eine weitere, ergänzende "kurze Geschichtslektion" ganz hilfreich. Hilfreich um die Frage zu beantworten, wie gesetzestreu die Mormonen, insbesondere ihre Führer, in der Vergangenheit waren.

Spätestens hier setzt das Kopfschütteln wieder ein. Erfährt man doch, daß laut Buch Mormon der Praxis von mehreren Frauen heftig widersprochen wird (siehe z.B. Jakob 2:5; 23ff..;3:5; Mosia 11:2ff und Ether 10:5). Darüber hinaus man feststellen muß, daß das einzige, offizielle Ehegesetz, welches in den "neuzeitlichen Offenbarungen" zu Lebzeiten von Joseph Smith (!) sich wiederfindet, die Monogamie ist. So zu finden in Lehre und Bündnisse (LuB) 42:22:

"Du sollst Deine Frau von ganzen Herzen lieben und sollst an ihr festhalten und an keiner anderen."

Und weiterhin LuB 49:16:

"Darum ist es rechtens, dar er eine Frau habe, und die beiden sollen ein Fleisch sein,..."

Offiziell wohlgemerkt, die Praxis sah anders aus. Mormonen versuchen gelegentlich die obigen Verse damit zu erklären, daß sie zwischen gerechtfertigter und nicht gerechtfertigter Polygamie versuchen zu unterscheiden. Dieser Versuch ist jedoch kläglich, wird er doch in den Versen selbst nicht unterschieden. Selbst obige Buch Mormon Verse in Jakob 2:23ff. wird versucht so zu verdrehen, daß hier lediglich "unrechtschaffene, von Gott nicht erlaubte und gebotene Polygamie" als "schändliche(s) Verbrechen" und "Hurerei" beschrieben verurteilt wird. Ja sogar als "Greuel vor mir, spricht der Herr" (V. 23f.). Dies wird gelegentlich auch mit Vers 30 untermauert, wo es heißt: "Denn wenn ich, spricht der Herr der Heerscharen, mir Nachkommen erwecken will, so werde ich es meinem Volk gebieten; sonst aber soll es auf diese Worte hören" (V. 30). Ausgehend davon, daß Polygamie eine gebotene Art der "Nachkommenerweckung" ist. Dies läßt jedoch völlig außeracht, daß es einen eklatanten Widerspruch innerhalb der mormonischen heiligen Schriften gibt. Laut Buch Mormon, Jakob 2:23,24 findet sich:

"Denn siehe, so spricht der Herr: Dieses Volk fängt an, im Übeltun zuzunehmen; sie verstehen die Schrift nicht, denn wenn sie sich in Hurerei einlassen, so reden sich sie sich auf das heraus, was über David und seinem Sohn Salomo geschrieben worden ist.

Siehe, David und Salomo hatten wahrhaftig viele Frauen und Nebenfrauen, und das war ein Greuel vor mir, spricht der Herr."

Man beachte: Das David und Salomo viele Frauen und Nebenfrauen hatten, war dem Herrn "ein Greuel."

Erstaunt stellt man jedoch fest, daß wenn man nun LuB 132:1 und 39 liest, es plötzlich heißt:

"Wahrlich, so spricht der Herr zu dir, mein Knecht Joseph: Da du mich gefragt hast und wissen und verstehen willst, inwiefern ich, der Herr, meine Knechte ... David und Salomo ... gerechtfertigt habe, und zwar im Hinblick auf den Grundsatz auf die Lehre, wonach sie viele Frauen und Nebenfrauen gehabt haben ... David wurden seine Frauen und Nebenfrauen von mir gegeben ... und in keinem dieser Umstände hat er gegen mich gesündigt."

Hier ist Davids Polygamie nun plötzlich kein "Greuel" mehr, sondern ist gerechtfertigt, da keine Sünde. Es scheint, daß der Herrgott Israels, seit den Buch Mormon Tagen seinen Blickwinkel und daher auch seine Meinung verändert hat, und dies auch noch neuzeitlichen Propheten, Sehern und Offenbarern kundtut. Amüsiert ist man schon, wenn man eine Stellungnahme eines neuzeitlichen Apostels, auf den oben beschriebenen Widerspruch, die folgende recht hilflose Entgegnung lesen kann:

"Ihre vierte Frage: ... erklären sie Jakob 2:23-27 im Vergleich zu LuB 132:1. An einer Stelle heißt es war "ein Greuel" und an anderer "gerechtfertigt." Es tut mit leid, daß ich diese beiden Aussagen nicht hinreichend in Einklang bringen kann. Wenn die eine in LuB 131:1 die Namen von David und Salomo ausgelassen hätte, dann denke ich, könnte ich diese beide Aussagen in Einklang bringen könne" (Brief von LeGrand Richards an Morris L. Reynolds, vom 14.7.1966, in: Jerald & Sandra Tanner, Mormonism - Shadow or Reality, 4. Aufl, Salt Lake City, 1982, S. 205).

Amüsant auch deshalb, weil es interessant ist, schwarz auf weiß verfolgen zu können, wie eine Mormone eher dazu neigt eine widersprüchliche Aussage oder Tatsache ungeschehen machen zu wollen, oder auch zu verändern, dies gelegentlich auch tut um nicht länger in kognitiver Dissonanz leben zu müssen, als sich dem Widerspruch zu stellen.

Aber bleiben wir noch kurz bei der offiziellen Ehe und ihren Regularien. Am 17.08.1835 verabschiedete die "Generalversammlung" der Kirche" (das Pendant zu heutigen "Generalkoferenzen") mittels Methode des "Gesetzes der allgemeinen Zustimmung" das "Kapitel der Eheregeln unter den Heiligen. Für eine Beschreibung der "allgemeinen Zustimmung", siehe u.a. LuB 20:63-66; 26:2; 28:13; 38:34; 104:21. Diese finden sich unter LuB 101 wieder. Genauer gesagt, fanden sich dort wieder. Der heutige Abschnitt 101 hat nichts mit dem ursprünglichen Abschnitt zu tun. Im ursprünglichen Abschnitt 101:4 stand:

"Insofern dieser Kirche Christi der Vorwurf des Verbrechens der Unzucht und Polygamie gemacht worden ist, erklären wir, daß wir glauben, daß ein Mann eine Ehefrau haben sollte, und eine Frau einen Ehemann, ausgenommen im Todesfall, wo beide die Freiheit haben erneut zu heiraten."

Eine klares Vorgabe der Monogamie, der Vorwurf der Polygamie wird nicht nur zurückgewiesen. Ein in Polygamie lebender Mormone würde somit zur Geltungszeit dieses Gesetzes einen Ehebruch begehen, der Ausschluß aus der Kirche wäre die Konsequenz. Diese Konsequenz wird sofort von heutigen Mormonen erwähnt, wenn z.B. die Medien, wie eingangs beschrieben, davon berichten, daß "Mormonen" in Vielehe leben würden. Was heute gilt, galt jedoch nicht zu Zeiten der frühen Kirche.

Das unter den Teppich gekehrte Kapitel der Eheregeln unter den Heiligen

Obiger Abschnitt 101 war noch bis zum Jahre 1876 in LuB als heilige Schrift verankert. Sie wurde in den LuB-Ausgaben, bis zum heutigen Tag, durch das die Vielehe (die "celestiale Ehe") beschreibende und gebietende LuB 132 ersetzt! Dieses celestiale Gesetz war ja Joseph Smith angeblich am 12.07.1843 offenbart worden, von der Kirche jedoch erst 1852 öffentlich bekannt gemacht. Nun ist belegt, daß Führer der Kirche, insbesondere Joseph Smith, eine Vielzahl von polygamen Ehen bereits ab dem Jahre 1841 eingingen, also zur Zeit der Geltung des monogamen Ehekirchengesetzes. Auch dies wohl eine "ultimative Ironie."

Gelegentlich versuchen Mormonen das obige Ehegesetz (LuB 101) damit wegzerklären zu wollen, indem sie behaupten, LuB 101 wäre nicht wirklich "bindend" gewesen, da Joseph Smith selbst nicht bei der gesetzgebenden "Generalversammlung" vom 17.08.1835 anwesend gewesen sei, wobei dies völlig unerheblich ist. Unerheblich auch deshalb, weil selbst wenn die Kirche, sprich ihre Mitglieder und alle ihre Führer, Smith ausgenommen, sagen wir in einem Akt der Unüberlegtheit oder Revolution, die Monogamie zum Kirchengesetz erhoben hätte, so hätte Smith im Anschluß jederzeit LuB 101 revidieren und verändern können. Das Smith mit solchen Praktiken keine Berührungsängste hatte, belegt eine Vergleich der z.B. Erstausgabe von LuB (damals noch "Buch der Gebote") des Jahres 1833 und der folgenden Ausgabe von LuB im Jahre 1835: Diese strotzt nur vor Veränderungen, Weglassungen und Ergänzungen (siehe z.B.Tanner, ebd., S. 14ff). Doch stellen wir fest, daß Smith Lub 101 nie veränderte, zensierte oder entfernen ließ, besser sogar, den Druck der Ausgabe von 1835 durch seine Korrekturlesung ausdrücklich autorisierte. Der erbärmliche apologetische Versuch LuB 101 zu "entwürdigen" fällt schließlich gänzlich in sich zusammen, wenn man liest, daß Smith noch im Jahre 1842 öffentlich schreibt, daß das 1835 Ehegesetz (Lub 101) die einzige:

"Regel der Ehe ... praktiziert in dieser Kirche" sei. (Times and Seasons 3:939, 1. Okt. 1842).

Um so erstaunlicher wenn man weiß, daß Smith bereits bis Oktober 1842 mindestens 14 (in Worten vierzehn) belegbare Vielehen eingegangen war! Belegbar z.B. mittels des HLT Werkes In Sacred Loneliness.The Plural Wives of Joseph Smith, Todd Compton, Salt Lake City, 1997, S. 4-6. Über die Gesamtzahl der polygamen Ehefrauen von Smith gibt es diverse Berechnungen, jeweils abhängig vom Zugang zu den Quellen und der Zählweise. So geht z.B. Fawn Brodie von 48 Ehefrauen aus (No Man Knows My History: The Life of Joeseph Smith, the Mormon Prophet, "2. Aufl., Rev. & Üb., New York, 1985, S. 457 - 488; Kirchenhistoriker Andrew Jenson kommt auf 27 (Hrsg., Historical Record: A Monthly Periodical Devoted Exclusively to Historical, Biographical, Chronological, and Statistical Matters, 9 Bd., Salt Lake City, 1887, 6:233f.); Stanley Ivens zählt 84 mögliche Ehefrauen (Stanley S. Ivens Collection. Utah State Historical Society Library), die aktuellste Zählung liefert Todd Compton (ebd.; S. 4-6), der auf 33 belegbare Ehefrauen kommt, weitere 8 sehr wahrscheinliche (ebd., S. 8).

Die Nichtbeachtung der Gesetze des Bundesstaates Ohio

Joseph Smith jedoch kümmerte sich nicht großartig um geltendes Kirchenrecht. Aber auch nicht um geltendes Recht des jeweiligen Bundesstaates. Bereits 1835 wollte Smith, daß die Ältesten der Kirche mormonische Ehepaare verheiraten könnten anstelle von anderen Geistlichen oder standesamtlichen Trauungen. Die Gesetze des Bundesstaates Ohio untersagten jedoch den Mormonenältesten jedoch dieses Recht, da sie diese nicht als Geistliche anerkannten. Smith kümmerte es wenig, denn in "einem kühnen Akt des zivilen Ungehorsams" (so Mormone Richard S. Van Wagoner in seinem Mormon Polygamy. A History, Salt Lake City, 1986, S. 7) verheiratete er am 14. 11. 1835 die Mormonen Newel Knight und Lydia Goldthwait Bailey gesetzwidrig miteinander. Während Hyrum Smith, Bruder von Joseph Smith, sich noch mit einer Vorrede aufhielt, unterbrach Joseph Smith diesen mit den Worten:

"Unseren Ältesten ist Unrecht und Verfolgung zuteil geworden wenn sie ohne Lizenz verheiraten. Der Herrgott Israels hat mir das Recht gegeben die Menschen in die heiligen Bindungen der Ehe zu vereinen. Und von dieser Zeit an, werde ich dieses Privileg benutzen und verheiraten wen immer passend ich meine." (in: Homespun (pseud.), "Lydia Knight’s History," The First Book of Noble Women’s Stories, Salt Lake City: Juvenile Instructor’s Office, 1893, S. 31).

Solche Akte des "zivilen Ungehorsams" würden letztendlich zur Ermordung der beiden Smith Brüder führen. Nicht ganz zu vernachlässigen ist noch die Tatsache, daß Joseph Smith Lydia Bailey verheiratete, obwohl diese noch verheiratet war, besser, noch nicht geschieden, nachdem ihr nichtmormonischer Ehemann sie verlassen hatte. Dies sollte nur der Anfang von etlichen Verehelichungen durch Smith sein, ab 1836 verteilte er selbst, in Mißachtung der Gesetze, den Ältesten Heiratslizenzen. Theologisch begründete Smith dies damit, daß:

"die Ehe eine Institution des Himmels sei, eingeführt im Garten Eden; daß es notwendig sei, daß sie durch die Autorität des immerwährenden Priestertums feierlich begangen werden muß." (HC 2:320).

So wundert es nicht, wenn Smith später per "Offenbarung" (LuB 132:7) verkündet, daß u.a. alle Ehegelöbnisse, bei denen Nichtmormonen amtiert haben schlicht, "ungültig sind" (Compton, ebd. S. 17), daß weiterhin:

"Alle Bündnisse, Verträge, Verbindlichkeiten, Verpflichtungen, Eide, Gelöbnisse, Handlungen, Bindungen, Vereinbarungen und Erwartungen, die nicht sowohl für die Zeit als auch für die Ewigkeit geschlossen und eingegangen ... keinerlei Wirksamkeit, Kraft und Gültigkeit (haben)."

Gültigkeit haben selbstverständlich nur die Ehegelöbnisse u.ä., die "Knecht Joseph" Smith vollzieht, der "diese Macht inne(hat)," (LuB 132:7) und der dazu "gesalbt ist" (V. 19). Diese Argumentation verdeutlicht auch die Aussage von Mormonen John D. Lee wenn er schreibt:

"den Heiligen wurde zu verstehen gegeben, daß ihre Ehebeziehungen miteinander ungültig waren ... daß es eine Sünde war wenn Leute miteinander lebten." (Lee in: Mormonism Unvailed : The Life and Confessions of the Late Mormon Bishop, St. Louis, 1877, S. 146)

In den Worten von Compton (ebd., S. 17):

"Dies ist eine radikale, fast utopische Ablehnung ziviler, säkularer, sektiererischer nichtmormonischer Ehen. Zivile Ehen waren sogar eine "Sünde," außer eine höhere "Affinität" würden das Paar zusammen "zementierten."

Die Nichtbeachtung der Gesetze des Bundesstaates Illinois

Es wundert es auch nicht weiter, wenn man liest, daß später die Gesetze des Bundesstaates Illinois ebenfalls für Joseph Smith nicht zu gelten hatten, er sich davon ausgenommen sah. Trotzdem war es so, daß Polygamie, nach den Anti-Bigamie Gesetzen des Bundesstaates Illinois von 1833, ein "krimineller Akt" war. (Revised Laws of Illinois, Vandalia: Greiner & Sherman, 1833, S. 198f., in Wagoner, ebd., S. 229f.). Dort heißt es u.a.:

"Bigamie besteht darin zwei Ehefrauen oder zwei Ehemänner zur gleichen Zeit zu haben, wissend, daß der frühere Ehemann oder Ehefrau noch lebt. Sollte eine Person oder Personen im verheirateten Zustand, innerhalb dieses Staates, oder anschließend sich verheiraten, zu irgendeiner Zeit eine Person oder Personen ehelichen, währenddessen der frühere Ehemann oder Ehefrau noch lebt, so wird die so übertretende Person, nach erfolgter Verurteilung dessen, zu einer Geldstrafe bestraft, eintausend Dollar nicht überschreitend, und in einer Strafanstalt zu nicht mehr als zwei Jahren inhaftiert."

Dies ließ Joseph Smith nicht davon abschrecken sich selbst ein Gesetz zu sein, daß Kirchengesetz der Monogamie (LuB 101) und die Gesetze des Bundesstaaten Ohio und Illinois zu übertreten. Zu übertreten auch in dem Sinne, daß er bereits vor der Offenbarung und schriftlichen Niederlegung von LuB 132, in polygamen Beziehungen lebte, über diese Tatsache jedoch hartnäckig die Unwahrheit sagte und die Masse der Kirchenmitgliedschaft hinters Licht führte, ja sogar seinen eigenen Bruder, Hyrum Smith.

Das Lügengewebe war zu Beginn noch so geschickt von Smith gewoben, daß selbst seine eigene Verwandtschaft wie seine Brüder Don Carlos und Hyrum Smith, ja selbst seine eigene Ehefrau, Emma Smith, nichts davon wußten, daß Smith z.B. vor Niederlegung von LuB 132 bereits mindestens 26 polygame Ehefrauen (siehe z.B. Compton, ebd., S. 4-6) hatte. Alle drei ließen es sich sogar nicht nehmen, in aller Öffentlichkeit sich gegen den Vorwurf polygamer Praktiken und Joseph Smiths Beteiligung daran, auszusprechen. Am peinlichsten muß die Erfahrung für Hyrum Smith gewesen sein, da dieser in einer öffentlichen Versammlung am 14.05.1843 verkündete, nachdem er das anti-polygamistische Kapitel Jakob 2 aus dem Buch Mormon zitiert hatte, daß :

"es viele gab die eine Menge zu sagen hatten über die alte Ordnung der Dinge bei Salomo & und David, viele Frauen & Konkubinen habend- es ist jedoch ein Greuel in den Augen Gottes. ... Wenn ein Engel vom Himmel herabkommen und solche Doktrin lehren sollte, würden (sie) mit Sicherheit seinen Pferdefuß und Wolke der Dunkelheit über seinem Kopf sehen" (Levi Richards Journal, 14.05.1843, LDS Archives, in Wagoner, ebd., S. 52).

Bereits am nächsten Tag sollte Hyrum erfahren, daß sein eigener Bruder der "Engel" mit dem "Pferdefuß" war. Lange Zeit hat Hyrum die offensichtliche Wahrheit verdrängen können, stellte jedoch Brigham Young zur Rede. Young war zu diesem Zeitpunkt schon lange in die Praxis der Polygamie eingeweiht. Nur ließ Young geschickter weise zuerst von Hyrum einen Eid mit erhobener Hand "vor Gott" schwören, daß Hyrum "nie wieder ein Wort gegen Joseph oder seine Werke, und den Lehren die er diesem Volke predigte, sagen würde." Young berichtete sodann von Joseph Smiths polygamen Lehren und Ehen. Dies was für Hyrum zuviel, er "weinte wie ein Kleinkind und sagte "Gott sei gepriesen" (Brigham Young, unveröffentlichte Ansprache vom 8.10.1866, Brigham Young Collection, in: Wagoner, ebd., S. 53). Eine andere Reaktion war von Hyrum unter diesem Druck nicht anders zu erwarten. Was würden auch die anderen Mitglieder der Smith Familie sich noch wundern und lernen müssen, daß Joseph Smith durchaus auch sie im Sinn gehabt haben könnte, als über ihn, Joseph Smith, berichtet wurde:

"er lobte ihren Eifer (die "tugendhaften"Frauen der ersten Frauen Hilfsvereinigung (FHV), mein Zusatz), sagte aber auch, der Eifer gehe nicht immer mit der Erkenntnis konform" (Lehren des Propheten Joseph Smith, Frankfurt a. M., 1983, S. 206, hiernach LPJS, vom 30.03.1842)

oder es vom 15.06.1842 berichtet wird, daß Smith äußerte:

"Oft kommt es vor, daß Mitglieder die der Kirche noch nicht lange angehören und noch nicht genügend Kenntnis erlangt haben, ihre alten Vorstellungen weiter pflegen und manchmal ungeheuerlichen Irrtümern verfallen" (LPJS, ebd.; S. 247).

Wie wir oben bereits feststellen konnten, mußten die Mitglieder nun feststellen, daß ihre "alte Vorstellung" der Ehe nicht einer "genügenden Kenntnis" entsprach. Beispielhaft mußte Emma Smith, Ehegattin von Joseph Smith schmerzhaft lernen, daß Sie die Ehefrauen, die ihr Mann bereits vor der Ãœbergabe des Dokuments an sie und ihrer Kenntnisnahme , welcher später Abschnitt Lub 132 werden sollte, von Gott "empfangen , die ... Joseph gegeben worden sind" (sind, nicht werden!) zu akzeptieren hatte. Eine drohende Ablehnung seitens Emmas würde Gott mit Vernichtung vergelten (siehe LuB 132:53, 64). Eine ablehnende Haltung von Emma würde aber trotzdem bedeuten, daß Joseph Smiths polygame Praktiken "vor mir doch recht sein", Emmas Ablehnung nur darin begründet sei, daß sie "nicht geglaubt und ihm nicht gedient hat ... dann wird sie diejenige sein, die übertritt" (ebd. V. 64). Emmas nie überwundenes Trauma in diesem Zusammenhang und deren spätere Verdrängung, wird eindringlich und erschütternd in Mormon Enigma: Emma Hale Smith. Prophet’s Wife, Elect Lady, Polygamy’s Foe, Linda King Newell & Valeen Tippetts Avery, New York, 1984, insbesondere ab Kapitel 7, beschrieben. Die "ultimative Ironie" für Emma dürfte es gewesen zu sein, nun von Joseph Smith die göttliche Erlaubnis zu erhalten, den polygamen Frauen die Gott ihrem Ehemann "geben" würde, zustimmen zu können, sie sogar auswählen dürfte. Emma traf ihre erste Wahl und wählte zwei Schwestern aus, Emily und Eliza Partridge, beide ließen sich von Emma auch die Grundsätze der "celestialen Ehe" lehren und wurden im Beisein von Emma an Joseph Smith verheiratet. Was Emma jedoch nicht wußte war die Tatsache, daß beide am 4.3. bzw. 8.3.1843 mit Joseph verheiratet waren. Damit der ganze Schwindel nicht aufflog, täuschten die Schwestern und Joseph Emma und spielten ihr ein Schauspiel vor (siehe z.B. Compton, ebd., S. 405ff.). Emma fand die Wahrheit bald heraus und wurde sich endgültig bewußt, daß ihr Ehemann eine Handvoll anderer Kirchenführer das Vertrauen geschenkt hatte, sie und andere Frauen in die Grundsätze der Polygamie eingeweiht hatte, ja sogar selbst sie praktizierte, Emma jedoch in Unkenntnis ließ und schließlich sogar täuschte. Dies führte unter anderem dazu, daß Emma "sehr ärgerlich wurde und sagte, sie würde (Joseph) verlassen ... es fehlte nicht viel seine Familie zerbrechen zu lassen ... der Prophet verfluchte sie heftig" (Joseph Lee Robinson, Journal, Brigham Young Library, o. S. in. Tanner, ebd., S. 210). Es wundert nicht zu erfahren, daß Emma später eine vehemente Gegnerin der Polygamie wurde.

Praktizieren was man lehrt

Man ist schon amüsiert wenn man das Kirchenorgan Times and Seasons vom 15.03.1843 liest:

"Wir werden dessen bezichtigt, daß wir eine Mehrzahl an Frauen und den gemeinsamen Besitz befürworten. Nun ist dies ebenso falsch, wie die vielen anderen lächerlichen Behauptungen die uns vorgehalten werden. . Keine Sekte hat eine größere Achtung vor den Ehegesetzen oder den rechten des Privateigentums; und wir tun was andere nicht tun, wir praktizieren was wir lehren."

Die Fälschung der geschichtlichen Fakten

Wie sehr die mormonischen Führer wirklich praktizierten was sie lehrten, kann man daran erkennen, daß Joseph Smith selbst zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens 18-fach polygam verheiratet war (siehe Compton, ebd., S. 4-6). Es wurde immer schwieriger für Smith die Praxis der Polygamie weiterhin zu verleugnen und zu verbergen, trotzdem leugnete er deren Existenz noch immer öffentlich. Für den 5.10.1843 hielt der Schreiber von Joseph Smiths persönlichen Tagebuch, Willard Richards, fest:

"Anweisung für diejenigen, die die Lehre der Vielehe betreffs dieses Gesetzes predigen lehren oder (im Original durchgestrichen: "paktizieren", sic!). Joseph verbietet sie, und die Ausübung davon.- Kein Mann soll mehr wie eine Ehefrau haben" (Wagoner, ebd., S. 61, m. Herv.). In der späteren Ausgabe des Tagebuches von Joseph Smith (HC), würde George A. Smith, cousin von Joseph Smith und späterer Präsident der Kirche, obige Stelle schlichtweg fälschen. So ist noch heute zu lesen, daß die ursprüngliche Aussage "Joseph verbietet sie" plötzlich fehlt und es statt "Kein Mann soll mehr wie eine Ehefrau haben" plötzlich zu "Kein Mann soll mehr wie eine Ehefrau haben, außer der Herr gebietet es andernfalls" mutiert (HC 6:46).

Nun sollte sich auch Hyrum Smith am Spinnennetz der Lügen beteiligen, taucht doch in Times and Seasons vom 15.03.1844 ein Brief von Hyrum Smith auf, der auf Behauptungen einging, daß ein Mann "ein bestimmtes Priestertum" hätte, wonach er so viele Ehefrauen haben könne wie er wolle:

"Keine solche Lehre wird gelehrt, noch werden irgendwie solche Dinge hier praktiziert. Und wird jemand gefunden, der diese Lehre privat oder öffentlich lehrt, so ist er schuldig, und er wird eine gute Chance haben vor den Hohen Rat zu kommen, und seine Lizenz und auch Mitgliedschaft zu verlieren."

Keine sieben Frauen, wo nur eine zu finden ist

Am 26.5.1844 verstieg sich Joseph Smith während seiner Sonntagspredigt zu der öffentlichen Aussage:

"Ich war noch nicht gerade fünf Minuten verheiratet und hatte eine Erklärung zum Evangelium getätigt, schon wurde berichtet, daß ich sieben Ehefrauen hätte. Ich beabsichtige zu leben und die Wahrheit so lange wie möglich zu verkünden. ... Was für eine Sache ist es doch, als einen Mann des Ehebruchs angeklagt zu werden, und sieben Frauen zu haben, wo ich nur eine finden kann" (HC 6:410ff.).

Zu diesem Zeitpunkt konnte Joseph Smith mehr wie "eine finden". Es waren mittlerweile mindestens 31 Ehefrauen"zu finden" (Compton, ebd. S. 4-6). Auch würde Smith nicht mehr lange seine Absicht ausführen können "zu leben und die Wahrheit so lange wie möglich zu verkünden." Am 27.6.1844, gerade einen Monat später, würden Joseph Smith und Hyrum Smith von einem wütenden Mob erschossen werden. Wohl hatten Joseph und Hyrum eben nicht "praktiziert" was sie "lehrten", der Mob schon: Sie ließen ihren Drohungen Taten folgen.

Joseph und Hyrum Smith hatten sich endgültig in ihrem eigenen Spinnennetz der Lügen verfangen, am 7.6.1844 hatte bereits die unabhängige Zeitung Nauvoos, der Nauvoo Expositor, über die Polygamie im Kirchenuntergrund, den Machenschaften der Kirchenführer, und darüber, daß diese "Abgefallene" seien, berichtet. Darauf hinweisend, daß es "im geheimen gelehrt und öffentlich abgestritten wird." Der Expositor warnte auch davor, daß in zukünftigen Ausgaben "die ganze Geschichte" berichtet würde (für einen Kopie und Faksimile des Expositors siehe z.B. unter: http://www.solomonspalding.com/docs/exposit1.htm#pg2c1a).

Nur sollte es dazu nicht mehr kommen: Joseph Smith sah keine andere Möglichkeit, als den Nauvoo Expositor als "Ärgernis - ein größeres Ärgernis wie ein toter Kadaver" (sic! Nauvoo City Council Minutes, LDS Archives, 10.6.1844, u.a. in Wagoner, ebd., S. 67) zu sehen " Späterer Präsident der Kirche, John Taylor sah den Expositor als ein "Ärgernis, welches in der Nase eines jeden ehrlichen Mannes stinkt" (HC 6:445). Es erstaunt schon, wenn Taylor in diesem Zusammenhang von Ehrlichkeit schreibt. Und es sollte schließlich Hyrum Smith sein, der den folgenschweren Fehler begann, dem Stadtrat und damit auch Joseph Smith zu empfehlen, die Druckerpresse und Drucktypen zu zerschlagen, um weitere Publikationen zu verhindern (ebd.).

Im Anschluß daran verfügte Joseph Smith in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Stadt Nauvoo, dem Marshal der Stadt, die Druckerpresse und deren Druckertypen des Nauvoo Expositor zu zerstören. In seiner weiteren Eigenschaft als oberkommandierender Generalleutnant der Nauvoo Legion, gab er dieser den Befehl, den Marshal zu unterstützen (HC 6:448).

Am 8.6.1844 lag die Druckerpresse des Expositor im Staub der Straßen von Nauvoo, nur sollte sich der Kreis schließen, denn am 27.6.1844, keine drei Wochen später, sollten Joseph und Hyrum Smith erschossen im Gefängnis von Carthage bzw. am Gefängnisbrunnen liegen, ebenfalls im Staub. Beiden hatten spätestens jetzt lernen müssen, daß Lügen kurze Beine haben und gelegentlich direkt ins Grab führen. Vielleicht ist auch diese eine "ultimative Ironie." Wobei ich starke Zweifel daran habe, ob HLT Ankläger Leavitt auch seinen geistigen Führer, Joseph Smith, der Gesetzesübertretung verschiedener staatlicher Gesetze anklagen würden. Die Beweislage wäre eindeutig. Doch hätte er sich womöglich die Arbeit sogar sparen können, denn einer der zwei Anklagepunkte, warum Smith im Carthage Gefängnis einsaß, war die Anklage der "Polygamie" (Church Chronology vom 25.5.1844).

Der Versuch das Lügengewebe unsichtbar zu machen

Gelegentlich versuchen Mormonen die Diskrepanz zwischen den historischen Fakten und den Aussagen von Joseph Smith damit zu erklären, daß Smith und andere lediglich "Codewörter" oder Phrasen benutzten. Sie daher die sogenannte "spirituelle Weiberei" (engl. spiritual wifery), eine Abart der HLT-Polygamie, praktiziert von John C. Bennett, und den Vorwurf Smith würde diese lehren und praktizieren, abstritten, und nicht die gottgewollte Polygamie. Bennett Vertrauter von Joseph Smith, in kürzester Zeit zu höchsten Ehren in den Kirchenreihen aufgestiegen, Bürgermeister von Nauvoo und Generalmajor und Quartiermeister der Nauvoo Legion und assistierender Präsident der Kirche, sollte vom Herrgott Israels mit "Segnungen und großer Herrlichkeit (ge)krönt werden", sein "Lohn wird nicht ausbleiben" und er wird "groß sein. (Lub 124:16f.). Natürlich, wie stets mormonisch konditioniert, "wenn er darin fortfährt, und ... Rat annimmt." Dies, wegen "seiner Liebe" und seiner "Arbeit" (V. 17).Eigenartig scheint diese Verheißung schon zu sein, stellte sich doch darauf heraus, daß Bennett ein verheirateter Mann war, dessen Ehefrau ihn wegen seiner vielfältigen Frauenaffären verlassen hatte. (Quelle in der zu Bennett hervorragenden und zu empfehlenden Biographie: Andrew F. Smith, The Saintly Scoundrel. The Life and Times of Dr. John Cook Bennett, Urbana & Chicago, 1997, S. 78f.). Mormone Richard S. Van Wagoner widerspricht jedoch der obigen "Code-Theorie":

"Dies jedoch ist eine inkorrekte Annahme. Tatsächlich widersprach Joseph nicht nur der "spirituellen Weiberei", sondern auch "der Vielehe" (engl. plurality of wifes) unter allen Umständen, außer die erste Ehefrau wäre verstorben. Seine 5. Oktober 1843 Tagebucheintragung macht dies deutlich" (Wagoner, ebd., S. 237, Tagebucheintragung siehe oben).

Der prophetische Blick in die Zukunft

Nun, das letzte Kapitel zum Thema mormonischer Polygamie, celestialer Ehe, ist noch nicht geschrieben worden. Noch spannendes erwartet uns, insofern man an "neuzeitliche Offenbarung" glaubt, oder auch nicht, verheißt doch der Herr persönlich, mittels seines Propheten, Joseph Smith:

"Und nun, was dieses Gesetz betrifft, wahrlich. wahrlich, ich sage euch: Ich werde euch später noch mehr offenbaren; darum laßt dies für jetzt genügen. Siehe, ich bin Alpha und Omega. Amen (LuB 132:66).

© Copyright  2001, James Field

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