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Beitrag 18 von 27
zum Thema Böse Menschen gegen die KJCdHdLT
Seite erstellt am 28.3.24 um 12:11 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Donnerstag, den 14. Juni 2001, um 10:05 Uhr
Betrifft: Hübener

Burhard schrieb u.a.:

>Kein "Offizieller, kein Mormone hat im dritten Reich meines Wissens seine Stimme erhoben. Ich weiß von vielen Reden aus der Nachkriegszeit, (ich bin Jahrgang 49) das einige Mormonenführer stolz über Mormonen berichteten, die im "Untergrund" vieles gegen (das System) , und deswegen für Menschen getan haben. (meine Herv.)

Bin mir nicht sicher wie Du es meinst Burkhard. Bin mit Dir in einem Boot, wenn es darum geht, daß kein "Offizieller" Mormone während des 3.Reiches seine "Stimme erhoben hat." Gegen die Nazis und ihren Terror. Widersprechen muß ich jedoch, wenn gemeint sein sollte, daß "kein Mormone" seine Stimme erhoben hat. Glaube es jedoch kaum, da Du aus dem hohen Norden kommst. Müßte Dir doch bekannt sein. Falls doch nicht, hier einige Infos

1) In Hamburg befindet sich das:

Helmuth-Hübener-Haus, 22767 Hamburg, Schilleroper 15

Helmuth war/ist eines der leuchtenden Beispiel des Jugendwiderstandes im 3. Reich.

2) Info gibt es auch z.B. bei der Thälmann Gedenkstätte in Hamburg, so z.B. unter:

http://www.thaelmann-gedenkstaette.de/rundgang/s38b.html

Dort zu finden:

"Lehrlingsgruppe um Helmuth Hübener

Helmuth Hübener, geb. 1925 in Hamburg, war Sohn einer Arbeiterin und Angehöriger der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), aber auch der Hitlerjugend. Geprägt hatten ihn Freundeskreise in Hammerbrook und Altona, mit denen er sich gegen den HJ-Drill und den Antisemitismus auflehnte. Gemeinsam mit christlichen und kommunistischen Jugendlichen hörte er regelmäßig ausländische Rundfunksender ab. Mit seinen Freunden aus der Kirche, dem Malergesellen Karl-Heinz Schnibbe und dem Schlosserlehrling Rudolf Wobbe, sowie dem Arbeitskollegen aus der Sozialbehörde im Biberhaus, Gerhard Düwer, verbreitete er das Gehörte auf Streuzetteln weiter. Seit 1941 verfasste die Gruppe längere Flugblätter, um die Wehrmachtsberichte und Nachrichtensendungen zu korrigieren und zu kommentieren. Hübener konzipierte innerhalb von sechs Monaten über 20 Flugblätter. Seit Januar 1942 spionierte ihm ein Vorgesetzter nach, der ihn dann denunzierte. Anfang Februar verhaftet, wurden er und seine drei engsten später zu langer Haft verurteilten Mitkämpfer am 11. August vor dem Volksgerichtshof angeklagt. Hübener wurde zum Tode verurteilt und am 27. Oktober 1942 in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil ermordet, mit 17 Jahren das jüngste Todesopfer des Volksgerichtshofes. Der von ehemaligen Nazis durchsetzte Bundesgerichtshof sorgte Anfang der fünfziger Jahre für Strafbefreiung des Denunzianten Heinrich Mohns; die Mordrichter des VGH blieben aus „Krankheitsgründen“ ohne Strafe."

Die Führer der örtlichen Gemeinde hatten nichts besseres zu tun als Helmuth aus der Kirche auszuschließen. Erst später wurde er rehabilitiert.

3)Im Hause der:

Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Frau Stiepani
Stauffenbergstraße 13 - 14
10785 Berlin

ca. 2 KM Fluglinie vom Berliner Pfahlhaus entfernt, befindet sich in einem speziellen Raum "Die Gruppen um Hanno Günther und Helmuth Hübener" eine Infotafel zu Helmuth, Hintergründe, Bilder, Flugblätter.

Im Hauptversammlungsraum (Vorträge, Referate) befindet sich das Vollstreckungsurteil von Helmuth, mit Ankündigung des Vollzuges seiner Hinreichtung in Berlin, Plötzensee (Posterformat). So zumindest als ich vor zwei Jahren am Gedenktag, 20. Juli, bei der Gedenkfeier anwesend war.

4) Ein hervorragendes Buch (in deutscher Sprache zum Thema, hab nicht überprüft ob es noch im Druck ist) ist:

Karl-Heinz Schnibbe, "Jugendliche gegen Hitler. Die Helmuth Hübener Gruppe in Hamburg 1941/1942. Dokumentiert von Blair Holmes und Alan Keele, Hamburg, 1991. Keele und Holmes sind Mormonen, daher leidet das Buch ein bißchen an der Beleuchtung der mormonischen Hintergründe (Rolle des örtlichen Gemeindeführers, Ausschluß etc.). Nichstdestotrotz: Sehr zu empfehlen!

5) Interessanter und überaus passender Artikel zum Thema, über Günther Grass und Helmuth:

"Unsere zeit - Zeitung der DKP 5. November 1999
Günter Grass, Helmuth Hübener und die 68er

"Örtlich betäubt" und ein Artikel

Als Günter Grass in diesen Tagen den Literaturnobelpreis zuerkannt bekam, erinnerte ich mich an eine Geschichte, die mich mit ihm verbindet, auch wenn er es gar nicht weiß, und wir uns auch nicht kennen. Wir sind sicherlich oft unterschiedlicher Meinung - so auch zu Ereignissen in diesem Jahr.

Daß ich aber einmal die Vorlage geboten habe, die ihn veranlaßte, einen jungen, von den Nazis umgebrachten Antifaschisten seinen Leserinnen und Lesern als Vorbild zu empfehlen, das hat mich mit ihm verbunden. Und daß daraus sogar später ein gemeinsames deutsch-amerikanisches antifaschistisches Gedenken wurde, ist offenbar nicht einmal Günter Grass selbst bewußt geworden. Deshalb möchte ich die Geschichte von Helmuth Hübener kurz skizzieren, der 1942 als 17jähriger in Plötzensee enthauptet wurde, weil er angeblich die Wehrkraft zersetzte, den Hochverrat plante, den "Feind begünstigte" und tatsächlich ausländische Rundfunkmeldungen auf Flugblättern verteilte.

Ich hoffe sehr, daß das Nobelpreiskomitee auch an das Buch "Örtlich betäubt" gedacht hat, als es Günter Grass den Nobelpreis zuerkannte. Das 1969 erschienene Grass-Buch handelte von der 68er-Jugend und ihren Lehrern. Als das Buch erschien, löste es größte Aufregung aus, weil ein 17jähriger Schüler das Verbrennen eines deutschen Langhaardackels als Protest gegen die Hinnahme des verbrecherischen Vietnam-Krieges der USA durch die westdeutsche Öffentlichkeit anpries. Der Schüler präsentierte eines Tages seinem Studienrat, der insgeheim hoffte, sein Lieblingsschüler würde ihn wegen seiner Vergangenheit als Jugendbandenführer zum Vorbild auserwählen, einen Zeitschriftenartikel aus der Gewerkschaftszeitung "Deutsche Post", 1967 erschienen. Der Autor war ich.

... wollte Sander anschreiben

Der Schüler Scherbaum verweist auf Helmuth Hübener, der sein Vorbild sei: "Das hat es gegeben. Da ist Ihre Jugendbande nix gegen. Über ein Jahr haben die Flugblätter gedruckt und verteilt. Schon als 16jähriger fing er damit an. Nix von Frühanarchismus. Der konnte stenographieren und sogar morsen." Weiter: "Scherbaum ging unbeirrt bei dem Verwaltungslehrling Hübener in die Lehre: ´Der hat die Nachrichten des Londoner Rundfunks mitstenographiert´... Ich merkte mir den Journalisten Sander, wollte ihn anschreiben... Nach der Urteilsverkündung soll Hübener den Richtern des Volksgerichtshofes einen Satz hinterlassen haben: ´Wartet, Ihr kommt auch noch dran´".

Im weiteren Verlauf der Szene kommen der Lehrer und der Schüler auf den ehemaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger zu sprechen, auf seine hohe Nazi-Funktion als Auslandsrundfunkchef des Auswärtigen Amtes, die er vor seiner CDU- Zeit bekleidete, und auf seine Silberlocke und seine sanfte Behutsamkeit, die von Scherbaum zum Spitznamen Silberzunge zusammengefaßt wird: "Wie alt war die Silberzunge eigentlich, als Helmuth Hübener hingerichtet wurde?" Da war er 29. "´Und der ist jetzt Kanzler. Man sagt, er habe eingesehen, inzwischen... - und der darf jetzt wieder´ ... ´Man hatte keine Bedenken´ ... ´Der, genau der´ ... Scherbaum begann leise zu explodieren: ´Den will ich nicht. Der stinkt doch. Wenn ich den sehe, im Fernsehen und so, könnte ich kotzen wie vor dem Kemplinski. Der, genau der hat den Hübener umgebracht, auch wenn der anders hieß, der ihn umgebracht hat´."

Wie kam es zu dem Artikel?

Das alles hat Günter Grass aus dem "Deutsche-Post"-Artikel gemacht. Leider wurde darüber wenig gesprochen, aber vielleicht war mein Helmuth Hübener mit der Grund für die Medienaufregung, die sich gegen Grass richtete?

Wie kam es zu meinem Artikel in der Gewerkschaftszeitung? Es war nicht der einzige. Bis heute habe ich zahlreiche Beiträge und Broschüren über die Gruppe um Helmuth Hübener geschrieben, seit 1960 zumindest zu Jahrestagen des Urteils, zu Todestagen oder runden Geburtstagen Hübeners. Denn ich hatte als Schüler einen Spruch von Julius Fucik gelesen, einem tschechoslowakischen Journalisten und Politiker, den die Nazis ebenfalls in Plötzensee ermordeten. Der Spruch hängt übrigens heute in der Eingangshalle der Gedenkstätte des Deutschen Widerstandes in Berlin, Stauffenbergstraße/Bendlerblock. In seiner insgeheim in Gestapohaft geschriebenen Reportage "Unter dem Strang" heißt es an einer Stelle: "Die, die ihr diese Zeit überlebt, vergeßt nicht. Vergeßt die Guten nicht und nicht die Schlechten. Sammelt geduldig die Zeugnisse über die Gefallenen... Sucht euch wenigstens einen von ihnen aus, und seid stolz auf ihn, als auf einen großen Menschen, der für die Zukunft gelebt hat". Ich suchte mir Helmuth Hübener als einen solchen Menschen aus. Und Günter Grass suchte sich meinen Artikel in der "Deutschen Post" aus. Doch die Sache ging noch weiter.

Weitere Auswirkungen

In der Universität Provo im US- Bundesstaat Utah machte ein junger Professor für deutsche und slawische Sprachen Karierre, der sich besonders als Forscher und Interpret der Literatur von Günter Grass einen Namen machte. Und dieser Professor las in "Örtlich betäubt", das Helmuth Hübener der Hamburger Gemeinde der Mormonen angehörte. Und da 50 Prozent der Bewohner Utahs als Religion die mormonische Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage angeben, und es weltweit unter den Mormonen den starken Einwanderungswunsch nach Utah gibt, schlußfolgerte Alan Keele, so heißt der Professor, daß es in Utah Mitkämpfer Hübeners geben könnte, denn er hatte gehört, daß einige von ihnen auch zu den Mormonen zählten.

Im Telefonbuch von Salt Lake City fand er gleich vier: die beiden Brüder Hübeners, Gerhard und Hans sowie Karl-Heinz Schnibbe und Rudolf Wobbe. Letztere waren um das Todesurteil herumgekommen, hatten aber bis Kriegsende, von 1942 bis 1945, in Zuchthaus und KZ gesessen. Alan Keele verhalf den jahrelang unauffällig lebenden Helfern Helmuth Hübeners zu amerikanischem Ruhm.

Während die Gruppe, die wegen ihres Mutes und ihrer vorbildlichen Haltung durchaus eine Bekanntheit wie Anne Frank und die Geschwister Scholl verdient hätten, in Deutschland weithin unbekannt blieb, setzte nun in den USA das große Interesse für sie ein. Es entstanden mehrere Theaterstücke und zahlreiche Bücher, die den Kampf und das Schicksal der Freunde um Helmuth Hübener schildern und würdigen. Besonders Karl-Heinz Schnibbe, nunmehr 75 Jahre alt, ist oft in den Staaten unterwegs. Er spricht vor Schulen und Universitäten. Die Amerikaner sind stolz, daß welche aus ihrer Mitte gegen "den Holocaust" kämpften.

Es gab auch Versuche, vor allem natürlich in Utah, eine besondere mormonische Widerstandsbewegung gegen Hitler im nachhinein zu begründen. Doch der Versuch mißlang. Die Mormonengemeinden in Deutschland benahmen sich wie die meisten Religionsgemeinschaften: Sie paßten sich an. Sie verstießen die Juden, sie verstießen auch die Jungen um Hübener, um nicht bei der Naziobrigkeit anzuecken. Diese Angepaßtheit war auch ein Motiv für Helmuth, Rudolf und Karl- Heinz, sich gegen die Nazis zu stemmen. Nachdem der Ausschluß der Gruppe aus der Kirche, der seinerzeit erfolgte, lange nach Kriegsende rückgängig gemacht worden ist, kann jetzt von einem sachlichen und ehrlichen Umgang der Kirche mit der eigenen deutschen Geschichte gesprochen werden. Es entstanden sogar Filme für den Schulunterricht und für das Fernsehen, in denen Hübener und seine Freunde als Beispiel für Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit, Menschlichkeit und Zivilcourage geschildert werden. (meine Herv.)

Entsteht ein Film?

Gegenwärtig prüfen bekannte Filmemacher, ob nicht ein großer Film über die Jungen um Hübener gemacht werden sollte. Vielleicht kommt der dann auch nach Deutschland. Und Helmuth wird dann für viele junge Leute ein Vorbild, so wie für Philipp Scherbaum in Günter Grass´ Buch.

Lieber Günter Grass, herzlichen Glückwunsch zum Nobelpreis. Ich freue mich für Sie - und für Helmuth Hübener wie für alle die guten Protagonisten in Ihren Werken, die konsequente Nazigegner sind.

Ulrich Sander"

PS: Die Aussage von Sander "... jetzt von einem sachlichen und ehrlichen Umgang der Kirche mit der eigenen deutschen Geschichte gesprochen werden," teile ich nicht. Was Sander offensichtlich nicht weiß, ist z.B. welchen Stellenwert, bzw. Bekanntheitsgrad Helmuth Hübener und dessen ganze Geschichte, unter deutschen Mormonen, insbesondern jungen HLT hat; und wie z.B. mit einem Theaterstück über Hübener an der BYU umgegangen wurde ... es wurde abgesetzt. Sachlicher und ehrlicher Umgang?

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