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Beitrag 21 von 23
zum Thema die Fundis in Utah;-)
Seite erstellt am 29.3.24 um 10:29 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Mittwoch, den 23. Mai 2001, um 5:18 Uhr
Betrifft: Leserbrief meinerseits

Ach ja, dieser Leserbrief ging in dieser (oder sehr ähnlicher Form) an einige Zeitungen Ende letzter Woche:

"Leserbrief zum Artikel (entsprechende Quelle jeweils):

Im falschen Jahrhundert

Im Artikel wird Tom Green, als "mit fünf Frauen verheirateter Mormone" beschrieben. Die Presseabteilung "Öffentlichkeitsarbeit") der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" (HLT), nicht "Kirche der Heiligen der Letzten Tage" wie sie fälschlicherweise schreiben, wird nun insbesondere seit der Verurteilung des "Mormonen" Green am rotieren sein und Gegendarstellungen produzieren müssen.

Die HLT zeigen ihre Befindlichkeit wenn ein praktizierender Polygamist sich selbst oder von der Presse als "Mormone" bezeichnet wird. Im Vorfeld der im nächsten Jahr im Bundesstaat Utah (70% HLT) stattfindenden Winterolympiade, werden sie zunehmend von ihrer eigenen Kirchengeschichte des letzten Jahrhunderts eingeholt. Sie sind jetzt dabei zu erleben, wie ihre Versuche einen möglichen Schaden von der Kirche abzuwenden, nicht fruchtet. Erst vor einigen Wochen (05.3.01),  hat die Kirchenführung der HLT, der größten Fraktion unter den Mormonen, eine Presseerklärung gegenüber den Medien, aber auch ihren eigenen Mitgliedern eröffentlicht, in der sie betont, daß ihre eigenen Mitglieder, aber auch die Medien den "korrekten" Namen der Kirche benutzen sollen, und nicht das Kürzel "Mormonen." Die Mitglieder werden ausdrücklich aufgefordert nur diesen Namen zu benutzen. Ähnliche Forderungen der eigenen Kirchenführer haben sich bisher stets als nutzlos erwiesen. Dort findet sich auch die Erklärung, daß der Name "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" der "offenbarte Name" sei. Die HLT-Mormonen gehen davon aus, daß der korrekte Kirchenname ihrem ersten Führer, Joseph Smith, im April 1838 offenbart wurde, unbeschadet dessen, daß die Kirche in ihren eigenen heiligen Schriften vorher andere Namen hatte.

Die Presse wurde gebeten Kürzel wie ""Mormonen Kirche",  "Heilige der Letzten Tage Kirche (engl. Latter-Day Saints, LDS)" oder "Die Heiligen der Letzten Tage Kirche" zu vermeiden. Zusätzlich darauf hingewiesen, daß wenn Kürzel schon notwendig sind, doch "Kirche", oder "Die Kirche Jesu Christi ermutigt" werden. Wenn es um die Mitglieder selbst geht, "Heiligen der Letzten Tage", wobei "Mormonen akzeptabel" sei. Aktuell versuchen sie durchzusetzen, daß es nur eine Art Mormonen gibt, sie selbst. Also Green kein "wirklicher Mormone" ist. Ein wahres Dilemma.

Tatsache ist jedoch, daß es seit der Gründung der ursprünglichen Kirche im Jahre 1830, es mittlerweile über 200 Schismen gegeben hat. Häufiger Grund für diese waren fundamentale Fragen der Lehre, wie die Lehre und gelebte Praxis der sogenannten Polygamie (Vielehe). Diese daher "fundamentalistischen Mormonen" sind im Regelfall keine Mitglieder der HLT. Zumindest nicht in der Öffentlichkeit sich dazu bekennend. Wäre dies der Fall, würden sie aus den Reihen der HLT sofort exkommuniziert werden. Die HLT haben in der Zeit von 1842 -1904 die Vielehe praktiziert. Im Jahre 1890 veröffentlichten sie das erste sog. "Manifest," um dem politischen Druck und dem drohenden finanziellen Bankrott aus dem Wege zu gehen. Es sollte sich jedoch schnell herausstellen, daß diese Erklärung eine Farce war, denn bis zum Jahre 1904 wurde polygame Ehen in Kenntnis und Vollmacht der Kirchenführung "gesiegelt." Die Öffentlichkeit und die staatlichen Organe schlichtweg getäuscht. Nach dem Verständnis der HLT war es eine zwingende Notwendigkeit "für den Herrn zu lügen", lehrten sie doch bereits zu jenem Zeitpunkt seit über 45 Jahren, daß die Vielehe eine Voraussetzung sei, um "in den ewigen Welten Erhöhung haben (zu können)", sprich "Götter (zu sein), weil sie kein Ende haben." Die Kirche sah sich daher genötigt, 1904 ein zweites Manifest abzugeben. Seitdem wird die Vielehe nicht mehr praktiziert, Kirchenlehre ist sie jedoch sehr wohl. In einer heiligen Schrift der HLT (Lehre und Bündnisse 132, aufgezeichnet im Jahre 1843) ist noch in der heutigen Zeit zu lesen, daß das "Gesetz des Priestertums" beinhaltet, daß z.B. ein Mann "zehn Jungfrauen" ehelichen kann. Er wäre darin "gerechtfertigt." Die erste Ehefrau hat selbstverständlich das Recht einer "Zustimmung." Jedoch darf sie diese Lehre und "Gesetz ... glauben und ihm dienen." Tut sie es nicht, so wird sie "vernichtet." Dies bedeutet wohlgemerkt nicht, daß die Mormonen des letzten Jahrhunderts lediglich bis zu zehn "Jungfrauen" heiraten durften. Manche ihrer Führer brachten es auf über vierzig Frauen.

Ich denke es ist verständlich, daß diese historische Peinlichkeit den heutigen HLT ein Stachel im Fleische ist. Um so rigoroser versuchen sie in der heutigen Zeit, jegliche Affinität zum Thema Vielehe weit von sich zu weisen. Trotzdem bleibt obiges "Gesetz des Priestertums" Bestandteil ihres Lehrgutes, welches natürlich neuen Mitgliedern nicht ausdrücklich auf die Nase gebunden wird. Trotzdem sind sie aber auch nicht in der Lage, dieses Relikt ihrer eigenen Kirchengeschichte, über Bord zu werfen.
Sollte Green tatsächlich nach der folgenden Strafverkündung ins Gefängnis wandern müssen, so tritt er lediglich in die Fußstapfen von 935 HLT, vornehmlich Kirchenführern, die noch im letzten Jahrhundert in den Gefängnissen von Utah bis zu 3 1/2 Jahren schmachteten, da sie gegen geltendes Recht (Anti-Bigamie-Gesetz) der USA verstoßen hatten. Erst kurz vor dem Bankrott der Kirche "sprach der Herr" (so die Darstellung der HLT)  und hob 1890 scheinbar das "ewige Gesetz" der Vielehe auf. Wenn also Green "in Gottes Augen" sich verheiratet wähnt, er sich dazu bekennt, weil seine Religion dies von ihm verlange, er zudem bereit dafür ins Gefängnis zu gehen, so lebt Green eigentlich im falschen Jahrhundert. Oder die HLT-Mormonen. Die Geschichte wird es zeigen."

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