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Beitrag 19 von 23
zum Thema die Fundis in Utah;-)
Seite erstellt am 24.4.24 um 5:11 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: James
Datum: Mittwoch, den 23. Mai 2001, um 5:53 Uhr
Betrifft: Bürste 1 wandert ins Handgepäck

Aus der Saarbrücker Zeitung (denke, gut geschreiben):

"Das etwas andere Leben des Tom Green

VON UNSEREM KORRESPONDENTEN MARKUS GÃœNTHER

Washington. Im Badezimmer der Familie Green sind die Zahnbürsten durchnummeriert: Von 1 bis 31. Doch Bürste Nr. 1 wandert demnächst mit kleinem Handgepäck ins zentrale Gefängnis des US-Bundesstaates Utah. Denn Tom Green, das Oberhaupt der polygamen Großfamilie mit fünf Ehefrauen und 25 Kindern, ist der Vielweiberei für schuldig befunden worden. Die Geschworenen – fünf Frauen, drei Männer – ließen sich nicht von Greens Argument beeindrucken, dass die Vielweiberei von Gott gewollt sei. Am 27. Juni wird sein Strafmaß festgesetzt. Es könnten 25 Jahre Haft werden.
Der Staatsanwalt David Leavitt, dessen Großvater als frommer Mormone selbst noch in einer polygamen Ehe gelebt hatte, begann seine Beweisführung mit einer Dia-Show im Gerichtssaal. Da die Ehen Greens nicht vor einem Standesbeamten, sondern von einem verschwiegenen Dorfpfarrer geschlossen worden waren, versuchte er, den Tatbestand durch Fotos aus dem Alltagsleben der Greens zu beweisen. Die Geschworenen hatten am Ende keinen Zweifel, dass der 52 Jahre alte Mann de facto mit fünf Frauen gleichzeitig verheiratet ist, auch wenn es keine Trauscheine gibt. Die Beweise aus Fleisch und Blut saßen außerdem im Gerichtssaal in der ersten Reihe: Hannah, Shirley, LeeAnn, Linda und Cari. Fünf Frauen im Alter zwischen 24 und 31, die sich nach eigener Aussage in der eigentümlichen Großfamilie pudelwohl fühlen. Natürlich hätten sie Green freiwillig geheiratet, sagten sie Reportern vor dem Gerichtsgebäude. Sie beschreiben ihren Ehemann als liebevollen Familienvater, der sich um seine Frauen und seine Kinder sorge wie jeder anständige Mann – nur mit dem Unterschied, dass er von beidem etwas mehr hat als üblich. Derzeit sind drei seiner Frauen wieder schwanger.
„Wir wollten, dass die Kinder gleichzeitig kommen, da können sie schön zusammen spielen“, erklärt Green die Simultanschwangerschaften. 29 oder 30 Kinder soll Green nach unterschiedlichen Angaben in die Welt gesetzt haben. Die Lage ist so unübersichtlich, weil Green außer den fünf Frauen auch noch fünf Ex-Frauen hat. Dass zwei seiner Frauen Schwestern sind und zwei andere zugleich seine Stieftöchter (weil sie aus früheren Ehen seiner früheren Frauen stammen), machte die Verwirrung um die verzwickten Verwandtschaftsverhältnisse perfekt.
Seine Frauen reagierten auf das Urteil entsetzt und fielen ihrem Mann im Gerichtssaal weinend um den Hals. „Sein Verbrechen ist es, sein ganzes Leben seiner Familie zu widmen“, sagte Hannah, Ehefrau Nr. 5.
Utah will vor Olympischen Spielen das peinliche Thema Polygamie vom Tisch haben
Green selbst warf dem Gericht vor, das Erbe ihrer Vorväter mit Füßen zu treten. Denn im Mormonenstaat gehörte die polygame Ehe lange Zeit zum Alltag. Brigham Young, der Stadtgründer von Salt Lake City, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts nicht weniger als 55 Ehefrauen. Als sich 1890 die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ offiziell von der Vielehe lossagte, gab es noch unzählige polygame Familien, und bis heute praktizieren mormonische Splittergruppen in abgelegenen Gemeinden der großen Salzwüste das Ehemodell ihrer Vorfahren. Lange Zeit blieben sie vom Staat unbehelligt, doch neuerdings hat Utah verdeckten Agenten eingesetzt, um den etwa 30.000 Männern und Frauen auf die Spur zu kommen, die noch heute in polygamen Ehen leben. Nicht zuletzt die olympischen Spiele im nächsten Winter haben dazu geführt, dass Utah mit dem peinlichen, bei Medien und Touristen äußerst beliebten Thema aufräumen will. Die Frauen in polygamen Ehen nennen sich liebevoll „Eheschwestern“ und haben alle die gleichen Rechte. Doch wie überall im Leben sind manche gleicher als andere. Bei Tom Green etwa ist es Linda, 28 Jahre alt, die eine Sonderstellung hat und zum Beispiel einteilen darf, wer wann welche Aufgaben im Haushalt übernimmt. Beiläufig ist sie auch für die Aufteilung dessen zuständig, was Außenstehende an der Polygamie am meisten fasziniert: Sex. Linda legt fest, welche der fünf Frauen wann zu Tom Green darf. Für sie ist es die natürlichste Sache der Welt.
„Wenn es uns um Sex gehen würde, wären wir wohl besser bedient, wenn jede einen eigenen Mann hätte“, scherzt sie. Doch vorgeblich geht es bei der Polygamie um höhere Werte. Da manche Propheten des Alten Testaments mehrere Frauen hatten, glaubten auch die frühen Mormonen, dass die Ehe mit mehreren Frauen gottgefällig sei. Außerdem, so argumentieren Historiker, spielten auch praktische Erwägungen eine Rolle. Vor allem nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, als die Zahl heiratsfähiger Männer stark reduziert war, sollte die polygame Ehe die Versorgung der Frauen und ein große Zahl von Nachkommen für die junge Mormonenkirche sicherstellen.
Für viele Mormonen-Frauen ist es ganz normal, als Teenager zu heiraten
Bis heute gibt es nicht nur unter Männern leidenschaftliche Befürworter der Vielehe, sondern auch unter Frauen. 100 „Eheschwestern“ demonstrierten vor wenigen Monaten gegen die Strafverfolgung der Männer in polygamen Ehen. Und die Aktivistin Marianne Watson hat derzeit großen Erfolg mit ihrem Buch: „Stimmen der Harmonie: Frauen von heute in pluralen Ehen.“ Auch die größte Zeitung des Staates, die Salt Lake Tribune, berichtete über den Prozess gegen Green mit gemischten Gefühlen. Unter der Ãœberschrift „Die Liebe eines Vaters“ widmete das Blatt den Greens eine rührselige Bildreportage.
Nach Ansicht von Kritikern ist die polygame Ehe aber vor allem ein Ort der Inzucht, der Vergewaltigung und des Kindesmissbrauchs. Denn viele Töchter aus Vielehen werden wiederverheiratet, wenn sie noch minderjährig sind. Auch Linda Green war erst 13, als ihr heutiger Mann sie heiratete und 14, als sie das erste Kind von ihm bekam. Deshalb wird er sich in einem separaten Verfahren wegen Vergewaltigung verantworten müssen. „Für uns ist es ganz normal, als Teenager zu heiraten. Unser Glaube und unsere Kultur sind anders", sagt Linda Green selbst dazu. Doch genau das ist nach Ansicht von Kritikern das Problem: „Von kleinauf werden sie in dem Bewusstsein erzogen, dass sie selbst in einer polygamen Ehe leben müssen“, sagt Vicky Prunty, die selbst früher mit mehreren „Eheschwestern“ zusammenlebte. Heute ist sie eine der engagiertesten Kämpferinnen gegen die Polygamie in Utah. Und verheiratet ist sie auch wieder. Doch diesmal ist sie die einzige Frau ihres Mannes."

Quelle:

http://www.lz-online.de/news/politik/99054832910606.html

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