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Seite erstellt am 18.4.24 um 15:49 Uhr
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Verfasser: Trzoska
Datum: Sonntag, den 17. August 2008, um 0:11 Uhr
Betrifft: Antwort

>Deine Argumentation verstehe ich: Weil die HLT-Kirche aus Deiner Sicht nicht göttlich legitimiert ist, kann sie keine gültigen Eintrittskarten verkaufen. Wo aber gibt’s denn die richtigen Karten? Wie erkenne ich, dass es sich um keine Fälschung handelt, wenn ich mir jetzt eine neue Karte besorge? Wo kann man denn bezahlen, um später mal auf einen möglichst guten Platz sitzen zu dürfen? Und woher weiß ich, dass ich mich auf Dein Urteil verlassen kann? Ich würde mich freuen, wenn Du die Antworten auf Basis der von Dir angedeuteten Gewissheit positiv formulieren könntest. Schreib mir bitte nicht, wo man die Karten überall nicht kaufen kann, wie eine gefälschte Karte aussieht oder wem man bei der Beurteilung der Frage nach der Echtheit nicht trauen kann.<

Mein Beispiel hinkt vielleicht. Als Missionar hätte ich ein solches Gleichnis verwenden können, um den anderen Kirchen die Legitimität abzusprechen. In Wahrheit ist mir noch keine andere Organisation über den Weg gelaufen, der man sich anschließen könnte. Vielleicht ist eine Organisation auch schädlich, zumindest wenn es auf die Verteilung von Macht hinausläuft. Aber wie ich schon sagen wollte, könnte man vorhandenen Organisationen so weit wie möglich die Wahrheit zugänglich machen. Die HLT-Kirche verschließt sich aber, sie kapseln sich ein, lassen keine Diskussionen zu, schließen Fragensteller und Wahrheitsaufzeiger aus. Man kommt auf ehrliche Weise in kein Forum, wenn man als „Kritiker“ bekannt geworden ist.

>Warum ist ein Mensch, der sich mit Leib und Seele in einer Religionsgemeinschaft engagiert, in der zentrale Persönlichkeiten früher gravierende Fehler begangen haben, ohne Rückgrat? Und warum ist er lau oder ein halbherziger Mitschwimmer? Diesen Zusammenhang verstehe ich nicht.<

Ja, ich hatte hier nur eine bestimmte Personengruppe im Sinn, die mir in der Kirche massiv begegnet ist. Das sind solche, denen es egal ist, ob die Kirche wahr ist oder nicht, die oberflächlich in Schwarz und Weiß denken: Alles, was nicht Glaubens stärkend ist, ist vom Satan. Sich mit Leib und Seele in einer Religionsgemeinschaft zu engagieren, ohne zu fragen, ob sie überhaupt wahr ist, und im blinden Gehorsam sein Heil zu erhoffen, halte ich für rückgratlos. Ich finde, dass man Widersprüche, wenn sie auftauchen, ausräumen und nicht verdrängen sollte.

>Eine Religion zu verlassen, nur weil dort Vieles schief gelaufen ist, stellt für mich nicht die einzig legitime Entscheidung dar.<

Ich hatte die Kirche nie verlassen. Ich bekam Redeverbot -> Hausverbot -> Ausschluss. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, auf meine Fragen einzugehen oder mit mir in die Tiefe zu gehen. Ein reines Zeugnisgeben überzeugt nicht und beantwortet die Fragen nicht.
Ich bin von dieser Religion auch nicht weg, weil einiges schief gelaufen, sondern weil sie schlicht und einfach falsch ist. Es wäre mir egal gewesen, wie viele Fehler Menschen und Führer in der Kirche machen oder gemacht haben, wenn die Kirche im Fundament wahr wäre. Aber Joseph Smith war ein Schwindler, den Sidney Rigdon benutzt hatte, um seine neue heilige Schrift und seine neue Religion in die Tat umzusetzen. Aber Smith hatte Rigdon bald den Rang abgelaufen und sich zum Propheten gemacht.

>Wie soll ich in diesem Kontext aber Deine Bemerkung über die missbrauchte Masse interpretieren, die im Auftrag Gottes tötet?<

Die Mitglieder der Kirche wurden und werden auf absoluten Gehorsam konditioniert (siehe Tempelbündnisse). Bis 1990 wurden noch die Strafandrohungen im Endowment praktiziert. In den Anfängen der Kirche wurde die Exekution der Strafen nach Freimaurermanier praktiziert. Ein Bürgermeister Salt Lake Citys war schockiert über die vielen verscharrten Skelette, die bei Bauarbeiten zum Vorschein kamen, obwohl es immer einen regulären Friedhof gab. Das Mountain-Meadows-Massaker und etliche andere fallen auch auf das Konto der Blutsühnelehre. Es gab immer Aussagen von Generalautoritäten, die blinden Gehorsam forderten (Oaks: „Es ist falsch die Führer der Kirche zu kritisieren, auch wenn sie Unrecht haben“; Joseph Fielding Smith: „Wenn die Führer der Kirche sprechen, ist das Denken erledigt“ usw.) und es gibt die vielen Schafe, die ihnen folgen, und die auch, wenn die Umstände so wären, wie einst die Daniten für die Führer töten würden. Dass du und einige andere anders reagieren würden, glaube ich; aber die Masse?
>Was ist Deine Basis für die Einschätzung, dass ich mich wundern werde, wie viel Unrat es gibt, wenn ich einmal „hinter die Kulissen der Heiligen“ schauen kann? Und was verstehst Du unter diesen „Kulissen“, von denen Du sprichst? In welche Kreise muss man denn eingeweiht sein, um zu Deinen Erkenntnissen zu gelangen? Welche hohen Ränge hast Du innerhalb der HLT-Kirche schon bekleidet, um beurteilen zu können, dass der Grad der Vertuschung in höheren Positionen ansteigt? Und woher nimmst Du die Gewissheit, dass ich diese „Kulissen“ nicht vielleicht sogar besser kenne als Du?<

Die Kulissen werden immer offiziell geschoben. Privat sieht es anders aus. Man braucht nicht unbedingt selbst hohe Ämter bekleidet zu haben. Es genügt, solche Leute oder deren Ehefrauen privat zu kennen. Es wird viel herumerzählt, besonders von den Frauen der hohen Tiere. Das Recovery Board, wo sich auch ehemalige Bischöfe, Pfahlpräsidenten und Missionspräsidenten zu Wort melden, ist voll von Berichten, so dass man den Eindruck bekommt, dass die Heiligen menschlicher sind als die unheilige Welt.

>Was die Bemerkung zu den Depressionen angeht, so wundert mich eher, dass offenbar verhältnismäßig wenige Mitglieder der HLT-Kirche unter Depressionen leiden. Entsprechende Untersuchungen stammen meist aus Utah.<

Ich beziehe mich nicht auf Untersuchungen und Studien, sondern auf Menschen, die ich kenne. Entweder macht die Kirche Menschen depressiv oder sie zieht solche an, die zu Depressionen neigen. Man sollte meinen, dass die einzig wahre Kirche, solche Probleme besser meistern könnte als die Welt, aber so scheint es nicht zu sein. Studien zeigen, dass Utah den höchsten Antidepressiva-Verbrauch pro Kopf in den USA hat. Gut, mit Alkohol können Menschen auch eine Menge verdrängen, aber das ist kein Grund, Antidepressiva als Ersatzdroge zu akzeptieren.

>Wie viele Propheten kennst Du aufgrund einer langjährigen, intensiven und persönlichen Beziehung so gut, dass Du ein solch klares und hartes Urteil über ihre Kindheit und ihre „einfältigen“ und „primitiven“ Charakterzüge fällen kannst?<

Keinen.
Aber es ist für mich zurzeit die einzige logische Erklärung für dieses Phänomen. Da sind keine Propheten, die prophezeien (außer falsch), keine Seher, die sehen, keine Offenbarer, die offenbaren. Ich sehe nur einen Standesdünkel und Manager, die sich ihre Ansprachen schreiben lassen und eine PR-Firma bezahlen, die die meiste Zeit als Aufsichtsräte in kircheneigenen Firmen verbringen, die sich von Fälschern täuschen lassen (Mark Hofmann), die dem weltlichen Druck nachgeben und aus Menschenfurcht ewige Gesetze Gottes ändern. Anfangs wurden unliebsame Mitglieder in der Führungsriege rausgemobbt, Brigham Young bediente sich seiner Bluthunde (Daniten) und heute ist es ein System geworden, dass eine Schleimspur nach oben ausgelegt hat, auf der nur bestimmte Menschentypen kriechen. Ebenso ist es mit den „Gelehrten“ der Kirche, an der BYU, die nur den Führern nach dem Munde reden, um nicht den Posten und die Kirchenmitgliedschaft zu verlieren.

>Was nicht ins Weltbild passt, wird ausgeblendet. Wenn Angaben fehlen, um das Puzzle zu vervollständigen, dann kreiert man diese selbst. Überzeuge mich mal davon, dass Du diesem Phänomen nicht unterliegst, wenn Du Psychogramme über alle Propheten (und womöglich auch noch alle anderen verantwortungsvollen Personen im „Machtsystem" der HLT-Kirche) erstellst und Urteile über deren Kindheit fällst, obwohl Du bestenfalls (wenn überhaupt) einen ganz kleinen Einblick in ihr Leben hast.<

Da hast du Recht, diesem Phänomen unterliege ich auch. Es ist vielleicht auch eine Sicherungsfunktion, sonst würde man gleich von jedem Wind umgeworfen werden. Manche Argumente scheinen im ersten Moment niederschmetternd; wartet man ab und schaut in Ruhe dahinter, entpuppt sich so manches als heiße Luft.

>Angenommen Dein Kind oder Enkelkind (sorry, ich habe keine Ahnung, wie alt Du bist), freut sich wie ein Schneekönig auf den Weihnachtsmann. Du würdest vermutlich auch nicht so lange auf es einreden, dass es sich hierbei nur um eine Fabelfigur handelt, bis es Dir endlich glaubt und enttäuscht zu weinen anfängt.<

Bei unseren Kindern hatte sich dieses Problem nie gestellt, weil wir ihnen gar nicht erst vom Weihnachtsmann erzählt hatten. Was unsere Kinder mit ihren Kindern (tatsächlich habe ich schon Enkel) machen werden, weiß ich nicht. Aber ich würde ihnen von vornherein die Wahrheit sagen, wenn das Thema auf den Tisch käme, auch in jeder anderen religiösen Hinsicht.

>Auf welcher Grundlage fällst Du Dein allgemeingültiges Urteil, dass es andere Menschen außer Dir und mir mit den besagten Werten nicht so eng sehen?<

Aus eigener Erfahrung und Gesprächen mit ihnen. Vielleicht hatte ich es damals nicht bemerkt, aber heute drängt sich mir der Eindruck auf, dass das Niveau in der Kirche stark abgesunken ist.

>Provokant könnte ich jetzt fragen: Woher hast die eine Kopie der Einkommenssteuererklärung von Thomas Monson? Woher hast Du die Gehaltsabrechnung von Dieter Uchtdorf? Kannst Du mir davon mal Kopien schicken? Oder wo kann ich diese Behauptung sonst glaubhaft und konkret überprüfen?<

Im Recovery Board meldete sich mal jemand zu Wort, der vor ca. 12 Jahren in der Finanzabteilung der Kirche gearbeitet hatte, und er sprach davon, dass die 12 Apostel ein Jahres-Nettoeinkommen von $700.000 (nebst etlichen anderen Vergünstigungen) und die 70er ein Zehntel davon hätten, was inzwischen mehr sein dürfte. Nimmt man die Zahlen aus der Zeit, als die Kirche noch offener mit den Zahlen umging (60er Jahre), und rechnet hoch, dann kommt das hin. Die Tanners haben zusammenfassend darüber geschrieben:
http://mormonismusschatten.de.tl/34-.--Mormonismus-und-Geld.htm
Die Finanzabteilung der Kirche wird top secret geführt. Die Finanzen würden tatsächlich nur zwei Personen kennen: der Präsident der Kirche und sein Finanzsekretär; nicht einmal die Apostel wüssten Bescheid.

>Ich persönlich hätte ein Problem damit, wenn Du mein aufrichtiges, einfach gestricktes und kindliches Zeugnis als „Lüge“ bezeichnen würdest. Dies stünde Dir meiner Auffassung nach nicht zu. Ich denke, es verletzt Menschen einfach, wenn man ihre Glaubensbekenntnisse als „gelogene Zeugnisse“ bezeichnet.<

Wenn jemand sagt, er wüsste, dass die Kirche wahr ist, dann kann es nur bewusst oder unbewusst gelogen sein, da ich weiß, dass die HLT-Kirche ein Schwindel ist. Wenn ich mit meinem Wissen jemanden solche Worte („Ich weiß dass die Kirche wahr ist, dass Joseph Smith ein Prophet Gottes ist...“ usw.) sagen höre, dann ist es für mich einfach nicht akzeptabel. Es kann ja nicht sein, dass eine Mutter oder PV-Lehrerin einem Kind solche Worte ins Ohr flüstert, die es bei seinem ersten Zeugnis zu sagen hat.

>Dass Dich die HLT-Kirche „ausgespuckt“ hat, ist bedauerlich. Ich hätte Dich jedenfalls gerne in meiner Gemeinde gehabt und hätte mit Dir dort gerne über Gott und die Welt diskutiert (zwar nicht in einer Sonntagsschulklasse, aber davor oder danach).<

Das wurde mir verboten. Ich sollte mit niemandem innerhalb des Kirchengrundstücks darüber sprechen.

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