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Verfasser: Sakhr al-Djinni
Datum: Donnerstag, den 5. Juli 2007, um 1:52 Uhr
Betrifft: wow!

Hi Misery,

> > die Vorstellung, die geistige Freiheit, die ich in den Jahren nach meinem Austritt bekommen habe, wieder aufgeben zu müssen, ist mir mittlerweile unvorstellbar.
> richtig.. genauso seh ich das auch. und diese freiheit ist so unendlich wichtig für die eigene, individuelle entwicklung (und wir entwickeln uns unser ganzes leben weiter!). ich würde auch um kein geld der welt wieder zurückkehren..

Da kann ich nur voller Zustimmung nicken!

> > Ganz davon zu schweigen, daß ich meine sexuelle Orientierung von der Kirche sowieso nie anerkannt werden wird (was auch zunächst für mich der einzige Grund war, auszutreten; ich wollte nach meinem persönlichen Coming-Out (also vor mir selbst) nicht mehr dort dabei sein und eine klare Trennung vollziehen (das ist wahrscheinlich ein etwas ungewöhnlicher Austrittsgrund nehme ich mal an).
> nein, das ist gar nicht so ungewöhnlich.. das was du beschreibst.. nun es war bei mir so ziemlich ganz genauso. es kam mir beim lesen fast so vor, als hätte ich es selbst geschrieben. du scheinst aus ähnlichen motiven heraus die HLT-sekte verlassen zu haben. auch bei mir kam die erkenntnis über die wirkliche falschheit der kirche erst später, viel später.

echt?! jetzt bin ich aber schon überrascht...! Man neigt ja oft dazu, sein eigenes Schicksal/seine Situation als recht einzigartig anzusehen, und natürlich haben wir als Aussteiger aus der "Kirche" bestimmt etliches an Gemeinsamkeiten hinsichtlich unserer Erlebnissen dort, aber man rechnet halt einfach nicht damit, mal auf jemand mit besonderen Gemeinsamkeiten zu treffen.

> > Ich bin immer noch erstaunt, wielang es gedauert hat, die Prägung, die man durch die Kirche von klein auf erfährt, wenn man so wie ich hineingeboren wurde, zu überwinden und zu neutralisieren. Erst jetzt weiß ich, was eigenständiges Denken überhaupt ist...
> du bist auch hineingeboren? dann können wir uns die hände reichen. dann weisst du nur zu gut wie es ist, nach dem austritt eine eigenständige unabhängige person zu werden. es viel mir verdammt schwer, und ich glaube, dass es noch ein langer prozess ist, auch wenn ich bereits seit 8 jahren aus der kirche raus bin.

Gerne! *handausstreck*:-) . Auch bei mir sinds mittlerweile schon sieben oder acht Jahre, genau weiß ichs schon nicht mehr (ich hab dummerweise die Austrittsbestätigung dann irgendwann weggeschmissen). Ich muß mich auch korrigieren, denn was ich oben geschrieben hab, erweckt wahrscheinlich den Eindruck, daß ich schon dort angekommen bin, aber davon kann in der Tat noch keine Rede sein. Ich muß leider immer wieder mal feststellen, das bestimmte alte Denkweisen/Ansichten sich immer noch zeigen (wenn auch gedämpft), und das kotzt mich dann ziemlich an... (besonders was die Sexualität angeht ist die "Kirche" leider sehr erfolgreich, das für einen zu verkorksen...).

Ich hab mir leider als Jugendlicher so im Alter von 16 psychische Probleme (u.a. nervöse Tics) eingehandelt, weil ich dem Druck, alles richtig zu machen und alles zu befolgen, den ich mir selbst gemacht hab (wenn auch durch die Erwartungen, die die Kirche an einen stellt), nicht mehr standhielt und sich die Aggressionen, die daraus entstanden, daß ich das nicht schaffte, gegen mich selbst richteten. Das und die Tatsache, daß mich die Kirche darum betrogen hat, meine Sexualität schon als Jugendlicher frei ausleben zu können und keine Schuldgefühle zu haben, trage ich der Kirche am meisten nach und werfe es ihr vor. Dummerweise hab ich (weil es mir zwar so mit 19 schon besser ging, aber eben noch nicht ganz) auf den Rat eines Mitglieds gehört und mich dazu entschlossen, auf Mission zu gehen... . Es wurde dann zum Glück zwar nicht wieder schlimmer (was ja bei dem Erfolgsdruck dort wirklich kein Wunder gewesen wäre...), aber die totale Besserung oder Heilung trat auch nicht ein (im Nachhinein ja auch kein Wunder...).

Und selbst wenn diese Erwartung erfüllt worden wäre, wäre es das Opfer einer Mission bzw. wegen der Gefahr, die man mit seinen Missionierungsbestrebungen für die Menschen darstellt, gewiß nicht wert gewesen... . Ich hab die Mission dann sogar durchgehalten und bin jetzt natürlich heilfroh darüber, wie unerfolgreich ich war, was Taufen angeht (es waren glaub ich nur zwei oder höchstens 3). Zum Teil lag es wohl daran, daß ich eine Art inneren Widerwillen nicht soweit überwinden konnte, als daß ich die Aggressivität und den Ehrgeiz an den Tag gelegt hätte, die für mehr Taufen wohl notwendig gewesen wären. Dabei war ich im Gegensatz zu manch anderen Missionaren durchaus kein Rebell (...bis auf die letzten Monate *grins*, da hab ich dann angefangen regelmäßig ne Tageszeitung zu kaufen und auch polit. Zeitschriften, als die Angriffe auf die Flüchtlinge in D losgingen, und mir war das dann einfach wichtiger, mich darüber zu informieren, weil es mich alarmiert hat (bis dahin hatte ich kaum polit. Interesse).

> danke für diesen ehrlichen beitrag, wir haben gewisse parallelen.

Das scheint mir auch so! (Was mich einerseits freut, aber andererseits natürlich auch wieder nicht, weil die Kirche schließlich eine durchaus unerfreuliche Sache ist und sie uns zu "Leidensgenossen" gemacht hat).

Grüße,

Sakhr al-Djinni

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