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Verfasser: Trzoska
Datum: Dienstag, den 27. Februar 2007, um 3:33 Uhr
Betrifft: Fortsetzung 7.

Fußnote 2
Ein Schulbeispiel dafür ist das Buch Mormonism Unveiled (Entlarvter Mormonismus). Der Indianeragent John D. Lee, wegen des Mountain-Meadows-Massakers inhaftiert, schrieb es während seiner Gefangenschaft und übergab es seinem Anwalt. Dieser publizierte es, gab aber zu, einige Korrekturen vorgenommen zu haben. Wie R. M. Werner in seinem Pamphlet über Brigham Young feststellte, ist es gut möglich, dass er im Fortschreiten des Buches in Eifer kam und manches effektvoll übertrieb. Man kann es ruhig in die unterste Schublade der Geschichtsklitterung legen. Das zeigt schon ein flüchtiger Blick auf den Bericht über das genannte Massaker, das sich wie folgt zutrug: Im Spätsommer 1857 zog eine Gruppe von 136 Auswanderern aus Arkansas durch das südliche Utah, um nach Kalifornien zu gelangen. Etwa am 3. September kamen sie in Mountain Meadows an, einem flachen Tal, das auch anderen Emigranten als Lagerplatz diente. Aus verschiedenen Gründen waren sowohl die Indianer wie die Mormonen gegen sie aufgebracht. Zwischen dem 7. und 9. September umstellten Indianer und Weiße das Lager und nahmen es unter Feuer. Am 11. September lockte John D. Lee die Leute mit dem Versprechen aus dem Lager, sie bekämen sicheres Geleit nach Cedar City, müssten aber die Waffen abgeben. Nach kurzem Fußmarsch wandten sich die weißen Begleiter gegen die Auswanderer und töteten alle bis auf siebzehn kleine Kinder. Am 6. September hatte in Cedar City (in 60 km Entfernung) wegen des drohenden Konflikts eine Beratung stattgefunden. Sogleich war ein Bote in das 500 km entfernte Salt Lake City geschickt worden, um Präsident Brigham Youngs Rat einzuholen. Der Bote kam am 9. September dort an und erhielt die Weisung, die Auswanderer dürften nicht belästigt werden und man solle versuchen, die Indianer zu besänftigen. Am 13. September war er zurück in Cedar City, aber da war das Verbrechen schon geschehen. John D. Lee wurde nach Salt Lake City zitiert und schilderte dort am 29. September seine Version der Ereignisse. Brigham Young beauftragte 1858 Georg A. Smith die Angelegenheit zu untersuchen. Inzwischen war die zivile Regierungsgewalt aber an den von der Bundesregierung hergeschickten Gouverneur Cumming übergegangen. Dieser unternahm nichts, obwohl Brigham Young ihn aufforderte und ihm seine Unterstützung zusagte. Erst 1874 wurde Lee verhaftet, 1875 vor Gericht gestellt und 1877 hingerichtet. In seinem wirren und vom zeitlichen Ablauf her unmöglichen Bericht in Mormonism Unveiled will er vor dem Massaker von seinem Vorgesetzten Isaak C. Haight nach Cedar City gerufen worden sein, den Auftrag für den Überfall erhalten und die ganze Nacht mit ihm darüber diskutiert haben. Auf seinen Vorschlag hin, doch zuerst Präsident Young zu fragen, habe dieser geantwortet, das sei unnötig, sie hätten bereits Befehle. Als er später Brigham Young über das Massaker berichtet habe, sei dieser verzweifelt gewesen und habe geweint, das Vorgehen aber dann gerechtfertigt und gesagt, er werde die Täter decken usw. Diese und andere Verbrechen wurden Brigham Young von Verleumdern angelastet und die Lügen werden heute immer noch verbreitet trotz der Warnung des damaligen Beauftragten für indianische Angelegenheiten, J. Forney: »Ich fürchte – und ich bedaure es sagen zu müssen –, dass es gewissen Leuten mehr darauf ankommt, Brigham Young und andere Führer der Kirche mit einem jeden Verbrechen in Zusammenhang zu bringen, als die wirklich Schuldigen zu bestrafen.«
PS. John D. Lee wurde aus der Kirche ausgeschlossen, aber 1961 wurden für ihn die Tempelverordnungen durchgeführt. Man vergleiche dazu Fußnote 9.

Mein Kommentar:
Dass man die Verantwortung Brigham Young anlasten möchte, liegt wohl auch daran, dass es zu ihm und seinen Lehren passt. Die Geheimhaltungs- und Verleugnungspolitik der Kirche trägt auch zu dem starken Verdacht bei, dass die Darstellung Lees und anderer überwiegend korrekt ist. Liest man zu dem Bekenntnis John D. Lees noch die Autobiographie Bill Hickmans, bekommt man einen Eindruck von der Gesinnung Brigham Youngs. Als „inspirierten Propheten“ trifft ihn die Verantwortung allemal; denn man kann dann doch sagen, dass er seine Gefolgsleute nicht im Griff hatte und nichts Voraussehendes unternommen hatte, um diese Tat zu verhindern; im Gegenteil, er hatte durch seine Predigten den Hass gegen alles geschürt, was aus den Staaten kam, und diesen Treck indirekt zu Freiwild erklärt. Ich halte John D. Lees Darstellung für ziemlich korrekt, man muss nur bedenken, dass er vielleicht seine eigene Beteiligung beschönigt hatte, und nicht alle Tränen seinerseits echt waren. Brigham Young hatte ihn nach dem Prinzip geopfert: „Es ist besser, dass ein Mann umkomme, als ein ganzes Volk.“
Die mormonische Beteiligung an dem Massaker wird schon allein dadurch deutlich, dass man die Kinder am Leben ließ, die augenscheinlich nicht "die Jahre der Verantwortlichkeit" erreicht hatten. Warum sollten Indianer an dieser Altersgrenze (acht Jahre) Halt machen.
Ferner sollte man beachten, dass 2 Bischöfe und 2 Pfahlpräsidenten an dem Massaker beiteiligt waren, bzw. es angeordnet hatten. Die sehr wenigen damaligen Pfahlpräsidenten standen in ziemlich direktem Kontakt zur Ersten Präsidentschaft, so dass man leicht annehmen kann, dass dieser Geist der Blutsühne und Rache, wie er von oben gepredigt wurde und sich in den damaligen Tempelbündnissen manifestierte, auch ziemlich frisch weitergeleitet wurde. Für die Daniten genügte in den Predigten Brigham Youngs ein Schlüsselwort im Zusammenhang mit Namen, und schon wurde die Hinrichtung der erwähnten Person ausgeführt.
Dementis nach dem Massaker sind da nicht viel wert, wenn man an das Geheimhaltungsgelöbnis denkt, das noch vor Ort geschworen wurde, und dass man alle Schuld den Indianern anlasten sollte. Dass Brigham Young sich die Dinge anders überlegt haben mag, als es zu spät war, lässt nur darauf schließen, dass ihm zu spät die Gefahr für die Kirche bewusst wurde, die aus dem Bekanntwerden der Tat resultieren würde.

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