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Verfasser: Gunar Datum: Sonntag, den 30. April 2006, um 13:44 Uhr Betrifft: Nachhaltigkeit der mormonischen Gehirnwäsche
Ein ganz herausragender Beitrag, Lennard. Ohne ihn in irgendeiner Weise relativieren zu wollen möchte ich noch ein paar Anmerkungen machen.
> verfestigt sich diese antrainierte Gedankenstruktur nahezu unwiderruflich in der Persönlichkeit
Die Aussage ist richtig, bedarf jedoch einer Klärung des Ausschlag gebenden Wortes nahezu. Natürlich ist der Abbau der schädlichen Auswirkungen der Persönlichkeitsbeeinflussung individuell unterschiedlich - auch abhängig von der Dauer, vom Themengebiet, vom Beeinflussungsgrad und vom neuen Umfeld - und lässt sich daher nicht auf Jahr und Tag genau festlegen.
Aus eigener Erfahrung und der Beobachtung anderer Aussteiger auch aus anderen schädlichen Persönlichkeitsbeeinflussungssphären kann und muss ich aber sagen, dass die Persönlichkeit durch diesen Einflusses nicht unwiderruflich geschädigt ist. Es braucht eben nur seine Zeit, aber auch hier gilt: Die Zeit heilt viele Wunden. Deshalb halte ich die Formulierung nahezu unwiderruflich für etwas unglücklich und würde an dieser Stelle auf Jahre hinaus für geeigneter erachten.
> wie stark der mormonische Einfluss selbst bei Exmormonen noch fortwirkt
Auch das ist wieder richtig. Unter der obigen Betrachtung gilt er aber mit einer kleinen Einschränkung. Entweder sagt man wie lange statt wie stark oder man trifft die Unterscheidung zwischen Ex- und Postmormone. Beides wäre richtig.
Ich kann die Linie zwischen Ex- und Postmormonen auch nicht genau ziehen, aber ich verknüpfe sie mit einer Verheilung eben jener Wunden, die Mitgliedschaft und Austritt gerissen haben. Was dann bleibt ist nur noch die Erfahrung.
Ich sehe mich heute - 10 Jahre nach meinem Austritt - als Postmormonen an. Formell bin ich natürlich trotzdem noch Exmormone. Aber gerade dieser Missionierungsdrang und die Schwarz-WeiÃ-Malerei verlieren sich im Laufe der Zeit.
Andererseits profitiert gerade die Aufklärung über schädliche Einflüsse in der Gesellschaft sehr von der langsamen Normalisierung der Denkstrukturen der Aussteiger, da diese die dahinterliegenden Strukturen mit ihren eigenen Mitteln begegnen - für diese ganz nach dem Motto "Die Geister die ich rief werd ich nun nicht los." Dies ist für den Aufarbeitungs- und Trauerprozess wichtig, unnütz für das Individuum wäre nur, wenn dieser Prozess kein Ende finden würde.