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Verfasser: Pyren
Datum: Donnerstag, den 16. Februar 2006, um 12:51 Uhr
Betrifft: Apostase und geregelte Religionen

> Das ich denke, das viele schriften verloren gegangen sind, halte ich nicht wegen den HLT´s hoch, sondern ich denke, dass es einfach auch aufzeichnungen aus der Lebzeit JC geben müsste, ausser irgendwelche gerichtsprotokolle.
Ja, es ist wirklich bemerkenswert, dass aus Jesu Lebzeiten nichts, aber auch gar nichts erhalten ist.
Schon erstaunlich für einen Superduper-Wunderheiler wie er in den Evangelien beschrieben wird. Problematisch ist dann auch, dass die Evangelisten höchstwahrscheinlich gar nicht dabei waren, sondern nur Geschichten Hörensagen zusammenschrieben und aus den Geschichten sowie ihrer theologischen Meinungen ein Gesamtkunstwerk zauberten. Markus war da noch ziemlich auf sich allein gestellt, deshalb fällt sein Evangelium auch sehr knapp aus. Mt und Lk haben dann ja bei ihm gespickt ("Zwei-Quellen-Theorie"), konnten dafür aber auch mehr Details einfügen, bzw. entfernen (Matthäus entfernt häufig Gefühlsausbrüche Jesu, weil diese menschlich und nicht einem Gott standesgemäß wären)

Ein dicker Strippenzieher in der ganzen Geschichte ist dann ja Paulus.
Er hat Jesus nicht persönlich gekannt, auch berichtet er in seinen Briefen und der Apostelgeschichte kein einziges mal vom historischen Jesus und seinen Taten. Für ihn beginnt Jesus erst mit der Kreuzigung.
Es gibt daher auch Apostasy-Theorien, nach denen Jesus gar nicht das von Paulus verkündete "Paulentum" vertreten hat. Diese Theorien werden von Gnostikern vertreten, aber auch von messianischen Juden, die die Einhaltung der Thora auch für Juden fordern, die an Jesus glauben.

Die grundsätzliche Idee der Apostase ist also realistisch, denn in den Jahrhunderten nach Christus wurde viel entschieden und zurechtgerückt, und ob das in Christi Sinne war, ist mehr als fraglich.

> Priestertum hin oder her, ich denke das es, wenn sich für mich herausstellen sollte, das die HLT nicht die Schlüsselmeister sind, dass keiner diese innehat, da letztendlich die meisten Kirchen verderbt sind, da Gott keinen stellvertreter auf erden hat..

Das Problem ist, dass Joseph Smith sehr stark innerhalb seiner Zeit gedacht hat. Dass sich seine Grundannahmen später als falsch herausstellen sollten, konnte er nicht ahnen:
- Um eine "unleserliche Schrift" zu wählen, erfand er das "reformierte Ägyptisch", denn mit einer hebräischen Schrift wäre er beim nächstgelegenen Pfarrer oder Priester auf die Schn... geflogen.
Dass aber Jean Francois Champollion zu eben dieser Zeit die Hieroglyphen entzifferte und damit auch seine Schriftproben in Unbill gerieten, konnte er nicht ahnen.
- Die Theorie der verlorenen Stämme Israels, also dass hier und dort Völker eigentlich von Israel abstammen, war sehr verbreitet. So wurde von der "Worldwide Church of God" vertreten, dass die Engländer von den Israeliten abstammen. Daher war Joseph Smiths Idee, dass die Indianer als Hauptvorfahren die Lamaniten hatten, in seiner Zeit gar nicht so abstrus.
Abstrus wurde sie erst, als ethnologische Forschungen in so ziemlich jedem Gebiet nachwiesen, dass die Indianer aus Ostasien stammen. Die DNA-Forschung ist das modernste Steckenpferd der HLT-Gegner, aber viel aussagekräftiger sind auch die linguistischen Nachweise, dass die Sprache der Indianer mit denen Ostasiens Übereinstimmungen besitzt, während Verbindungen zum hebräischen fehlen. Denn Menschen wechseln nicht "mal eben" die Sprache.

Manchmal war Smith dann auch seiner Zeit hinterher, denn die Vielehe war ja nun wirklich ein Schuss in den Ofen, den viele Mormonen mit ihrem Leben bezahlen mussten, für eine "ewige Regel", die bald darauf abgeschafft werden sollte. Prinzipientreu ist die Kirche auf jedenfall nicht, denn "ewige Regeln" werden nach belieben geändert, wenn man Steuerfreiheit oder Peinlichkeiten in der Öffentlichkeit vermeiden will. Ist Gott ein PR-Berater?

> Im Übrigen müsste ich dann auch feststellen, dass Christ-sein für mich dann an gewisse grenzen stösst, denn so ergiebig stellt ja das NT die auswirkungen des Neuen Bundes nicht dar... es wird 4 mal die gleiche Geschichte erzählt und zum schluss ein paar briefe mit ermahnungen und aufforderungen geschrieben.. Ich weiss allerdings nicht, ob uns Gott mit diesen paar Schnipseln den rest der Zeit allein lassen würde (ich nicht, wenn ich G. Wäre..)

Der entscheidende Impuls, der von Jesus ausging, war die Betonung der Nächstenliebe anstelle von wörtlicher Befolgung alberner Riten.
"Gotteserkenntnis statt Brandopfer, Liebe statt Dankopfer", dieser Grundsatz schon im alten Testament setzte Jesus durch, als er auch am Sabbat heilte, sich den gesellschaftlich ausgestoßenen zuwandte, die Ökonomisierung des Tempelwesens ankreidete.
Jesus war ein Revoluzzer, und als solcher ist er auch gestorben.
Doch "sein Geist lebt weiter". Nur sollte dieser in der Neuzeit leben, das heißt aktuelle Probleme aufgreifen, und nicht in einem muffigen alten Buch gefangen sein mit Problemen, die heute kaum jemanden mehr interessieren (wenn einer 7 Frauen heiratet, welche ist dann im Himmel seine Ehefrau? Darf ich Götzenopferfleisch essen?)
Vielmehr sollten aktuelle Probleme "im Geiste" Christi gelöst werden,
Völkerkonflikte, Gleichberechtigung der Frau und Homosexueller, Kinder- und Familienfreundlichkeit, all das in einem ausbalancierten Maße.

Spezielle Unterwäsche und weiße Hemden am Sonntag lösen die Probleme der Welt nicht,
ebensowenig, wenn möglichst vielen Bekannten das Buch Mormon geschenkt wird.

> Mir gehen viele Fragen durch den Kopf... Zum einen ist die aktuelle Kirche der HLT´s für mich eine durchaus glaubwürdige und anständige Gesellschaft
Mutter Theresa war ne dufte Frau, beweist das die Korrektheit der katholischen Lehre?

Vielleicht sind die heutigen Religionen alle allzumenschlich, vielleicht sollte man die Bibel als positiven Ansporn der Nächstenliebe sehen und dann in unserer Zeit modern diese umsetzen,
nicht nach altbackenen Rezepten, sondern nur nach damals aktuellen Vorbildern wie Buddha, Jesus oder auch Mohammed.

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