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der Beitrag:
Verfasser: shana
Datum: Freitag, den 9. September 2005, um 17:02 Uhr
Betrifft: Auf Gott hören oder ’Geboten’ blind gehorchen?

Hallo Nicole,

wenn ich in meinem Beitrag etwas ironisch/sarkastisch was auch immer werde, nimm das bitte nicht persönlich!!! Ich bin heute halt einfach in einer bösen Lästerstimmung;-) und habe einfach mal so darauf losgeschrieben, was mir zum Thema blinder Gehorsam einfiel, ohne dabei daran zu denken, dass Du ja  Mitglied bist und das Deine Gefühle verletzen könnte. Ausserdem sehe ich gerade, dass während ich mein zweifelhaftes Elaborat verfasst habe, Henning einen viel passenderen Beitrag eingestellt hat. In der Hoffnung, dass Du meine Äusserungen nicht in den falschen Hals bekommst, wage ich es jetzt trotzdem und poste mal drauf los... Gruss Shana:-)

> ehrlich gesagt hab ich da so meine probleme mit ...auf der einen seite soll man keinen kaffe wegen dem koffein aber andrerseits isst man schokolade, dass den selben efekt hat ... oder beim schwarzen und grünen tee ... der schwarztee ist mir ja noch begreiflich ... der grüne tee ist aber NICHT VERMENTIERT ..... worum geht es denn nun wirklich ...

Also seit ich mich das erste Mal ernsthaft mit der Kirche auseinandergesetzt habe, ist ja einiges Wasser den Rhein runter geflossen, aber damals haben mir sowohl Missionare als auch Mitglieder immer wieder zum Wort der Weisheit erzählt, dass es gar nicht so sehr um den S i n n dieser Gebote ginge, sondern viel mehr um das  getreue  E i n h a l t e n derselben,  d.h. dass Gott damit nur unseren Gehorsam und damit unsere Glaubensstärke testen wolle. Lustiger Gott aber auch, der sich solche Tests ausdenkt .....

Das mag sich über die Jahrzehnte geändert haben, vielleicht gibt’s heute eine andere Begründung dafür und ebenso für die Merkwürdigkeit, dass sich um die Fleischverzehrvorschriften und was  sonst noch so im WdW steht keiner mehr gross kümmert.  Wie ich gehört habe, ist der Zehnte zur Zeit eines der Top Themen in der Kirche. Warum dies der Fall ist, muss man wohl  nicht lange fragen. Ich sage nur: "Money makes the world go round...."

Aber das mit dem Wort der Weisheit würde ich in eine Kategorie mit den Bekleidungsvorschriften etc. stellen. Eine Möglichkeit, sich von anderen Gruppierungen abzugrenzen, das Wir-Gefühl zu stärken etc., aber vor allem anderen: eine Gehorsams-Einübung. Natürlich nicht von Gott verordnet (meine ’böse’ Meinung), sondern von Menschen, die an der Spitze einer Organisation stehen und die Interesse daran haben, dass sie auch dort bleiben und das Fussvolk nicht auf dumme eigen-ständige Gedanken kommt. Nur nicht den Sinn irgendwelcher Vorschriften hinterfragen, die da oben wissen schon, was das beste für uns ist. Und sowieso, wo kämen wir denn hin, wenn hier jeder für sich alleine das nach-denken anfinge.

Hat natürlich auch für manche Menschen gewisse Vorteile, so eine beschützende Organisation, die einem das selbständige Denken und selbst-verantwortliche Handeln abnimmt. So kann man, ohne sich gross den Kopf zerbrechen zu müssen, einfach nur den vorgegebenen Regeln folgen (die natürlich nur von Gott kommen, von wem auch sonst) und kommt so ganz ’einfach’ und ’todsicher’ ins versprochene gelobte Land, ganz nach Fahrplan. Einzige Bedingung: vor dem Einsteigen in den Zug bitte den eigenen Verstand abgeben....

Darüber was es denn nun wirklich bedeuten könnte, Gott zu gehorchen, hat sich Jutta Voss in ihrem Buch ’Was ich denke - Kann denn Gehorsam Sünde sein?" einige Gedanken gemacht. Sie bezieht sich dabei zwar nicht auf Sektendenken und Sektenstrukturen, sondern auf den Christenmenschen im allgemeinen, aber für an Psychologie und Kirchenorganisation im weitesten Sinne interessierte Zeitgenossen enthält das Büchlein einiges Nachdenkenswertes.
Hier ein kleiner Ausschnitt:

<<< .... Im Griechischen gibt es für das Wort "gehorchen" zwei voneinander verschiedene Sprachwurzeln, die eine ist "hören" (hypakouein) und wird von Paulus noch gleichgesetzt mit "glauben". Der hörende Glaube beschreibt die zuhörende Beziehung zur Transzendenz, die mit dem Begriff Gott bezeichnet wird. Da der Himmel schon seit Jesu Worten nicht oben, sondern innen ist, kann die dem Menschen innewohnende unsichtbare Wesenheit eher mit dem Begriff des "Selbst" als einer dem Menschen innewohnenden Transzendenz beschrieben werden. Das Hören auf diese innerste Wesenheit wäre Gehorsam.
Die zweite Sprachwurzel ist "Ordnen" (hypotassesthai) und wird für die Unterordnung unter die Obrigkeit gebraucht. Es stammt aus der Sprache des Militärs und bezeichnet die Schlachtordnung, das Aufstellen in Reih und Glied. Diese deutliche Unterscheidung ist verlorengegangen. Die Instituion Kirche hat sich um der Machtherstellung und des Machterhaltes willen sehr schnell für die "Schlachtordnung in Reih und Glied" entschieden. Gehorchen als patriarchale Qualität bedeutet Ordnung durch Unterordnung mittels Befehl und Gehorsam.
Gehorchen als religiöse Qualität würde bedeuten, sich mit seiner Wesenheit hörend in Beziehung zu setzen.
Das Patriarchat hat sich für Erziehung statt Beziehung, für Zucht und Züchtigung statt Zuhören entschieden...."

Zum Schluss noch ein Erich Fromm Zitat: "Jahrhundertelang haben Könige, Priester, Feudalherren, Industrielle und Eltern darauf bestanden, dass Gehorsam eine Tugend und Ungehorsam ein Laster sei. Ich möchte hier einen anderen Standpunkt vertreten und dem entgegenhalten: Die Menschheitsgeschichte begann mit einem Akt des Ungehorsams, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie mit einem Akt des Gehorsam ihr Ende finden wird."

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