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Verfasser: Hexe
Datum: Montag, den 1. August 2005, um 13:46 Uhr
Betrifft: Feminismus und Mormonen- ein Sommerthema?!

Mormonen, besonders deren männliche Spezies, hatten immer ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Feminismus, zu den Fauenrechten!
Einerseits erlaubten sie den Frauen von Utah das Wahlrecht, noch bevor es in einem anderen Staat erlaubt wurde; anderesseits waren aber gerade mormonische Frauen durch Vielehe und Zwangsheirat oft die am ausgebeutetesten Personen (neben Farbigen und Indianern), die es auf dem amerikanischem Kontinent gab!
Das Frauenwahlrecht wurde übrigens von Brigham Young eingeführt. Aber nicht, weil er ein solch großer “Frauenfreund” war, sondern, weil er hoffte, mit Stimmen der Frauen der erste Gouverneur des Teritoriums Deseret, wie das Gebiet, das heute Utah, und Teile von Idaho und Arizona umfasste, früher genannt wurde, zu werden. Denn Mormonen stimmen immer lieber für einen mormonischen Kandidaten als für einen Nichtmormonen, auch wenn Ersterer ihre Lage verschlechtern würde!
Als die ersten feministischen Ideen Utah unter Brigham Young erreichte, verbot er seinen Töchtern und Frauen, und später allen anderen Frauen in der Kirche, sich damit zu beschäftigen. Aber wie es so im Leben ist, was verboten ist, ist noch interessanter, und so lasen die Frauen die Veröffentlichungen von Elisabeth Grady Stanton, die die erste Bibel aus Frauensicht schrieb und publizierte; Susan B. Anthony, einer Suffragette der ersten Stunde (und in einer Frauenbeziehung lebend) und Eliza Snow, die, obwohl eine glühende Mormonin, auch Feministin war!
Die ersten Frauenbeziehungen innerhalb der mormonischen Vielweiberei entstanden, und viele von ihnen, verließen ihren “Ehemann”, um mit einer Frau zusammen zu leben, wofür sie damals NICHT ausgeschlossen wurden!
Dann geschah jahrelang nichts, bis die neue Frauenbewegung der USA auch Mormoninnen erreichte. Die Forderung der Frauen nach Gleichberechtigung im Beruf und Privatleben, das Equal Rights Amendment (ERA) wurde durch konservative Kreise mit starker Einflussnahme der Mormonen in den 70 er Jahren verhindert. Feministinnen, wie Carol Lynn Pearson oder Sonja Johnson (auch eine der Frauen, die später lesbisch lebten), wurden wegen ihrer Kritik an den mormonischen Männerbünden ausgeschlossen. Sie wollten keine “Stepford- Wives” mehr sein(Stepford- Wives ist ein Synonym für die brave, angepaßte Frau, die alles für ihren Mann tut, und ihm nie wiederspricht).
Interessant ist, wie die Kirche besonders im Fall Sonja Johnson, eine der Kämpferinnen FÜR die ERA sich verhielt. Nachzulesen in dem Buch “Amerikas Heilige der Letzten Tage” von Gert Raeithel.
Es zeigt in eindrucksvoller Weise, das Mormonen nur an einem interessiert sind: das Frauen wieder “Stepford Wives werden, brav, angepaßt, folgsam, und vor allem wiederspruchslos! Wehren sich Frauen dagegen, wie Mrs. Johnson es tat, bekommen sie die ganze Härte mormonischer Männerherrschaft zu spüren! Ihr Bischof, ein ehemaliger Geheimdienstagent, ließ sie bespitzeln, und als er nichts fand, was einen Ausschluß rechtfertigen würde, sezte er ihren Mann unter Druck, das er seine Frau vom demonstrieren für die ERA abhalten sollte.
Als Sonja Johnson vor dem Senatsausschuss gehört wurde, kam es zu einem erbittertem Wortgefecht zwischen ihr und Orrin Hatch, einem der beiden mormonischen Senatoren aus Utah. Hatch wollte ein Filibuster(ein Filibuster ist eine amerikanische Bezeichnung für eine politische Vorgehensweise in der parlamentarischen Auseinandersetzung, bei der durch Nichteinhalten der Redezeit eine unerwünschte Entscheidung hinausgeschoben wird) anstrengen, um das Gesetz zu Fall zu bringen, und Mrs. Johnson drohte daraufhin mit Hungerstreik. Das Filibuster wurde abgeblasen, aber die mormonische Kirchenlobby wirkte nun hinter den Kulissen (darunter auch Gordon B. Hinkley) umso aggressiver gegen die gesetzesvorlage, und brachten sie zu Fall. In Idaho, wo diese Vorlage zuerst anerkannt war, wurde sie auf massivem Druck der Mormonen wieder aufgehoben.
Im November 1979 wurde Sonja Johnson dan ausgeschlossen. Sie kämpfte jedoch weiter für die Rechte von Frauen, und erlebte, wie der ganze Hass der Mormonen sich über sie ergoß. Briefe, in denen ihr gesagt wurde: “ Möge deine verdorbene Seele Gnade finden am jüngsten Tag”, oder  das sie die Kirche verraten würde, und eine Hure des westlichen Establishments wäre (klingt das nicht sehr vertraut in der heutigen Zeit?).
Nach ihrem Ausschluß fühlte sie sich zwar weiterhin als Mormonin, besuchte mit ihren Kindern aber die Versammlungen der Unitarier. 1987 bekannte sie sich zur lesbischen Liebe, und gründete in New Mexico eine Frauenkommune, wo sie weitere Bücher schrieb.
Fragt frau heute amerikanische Mormonen danach (sofern sie aus der Zeit sind), was sie über Sonja Johnson denken, blicken die meisten verlegen auf den Boden. Nicht, weil ihnen der Name nichts sagen würde, sondern, weil sie genau wissen, das ihre Kirche damals falsch handelte!
Auch heute noch werden Frauen massiv in der Kirche unterdrückt!
Eine Rau verlor an der BYU ihre Stelle als Anglistikprofessorin, weil sie es wagte, offen für die Möglichkeit einer Abtreibung einzutreten. Eine andere Mormonin wurde ausgeschlossen, weil sie sich feministisch im Fernsehen geäußert hatte. Als an der University of Utah ein Juraprofessor die Lehrmeinung vertrat, das es keine dogmatische Basis für der Frauen vom mormonischen Priestertum geben würde, erhielt er Morddrohungen( The Economist, 26.6.1993; Globe & Mail vom 10.2.1995)
Mormonen sind vom Feminismus so weit entfernt, wie die meisten Politiker von den Begriffen Ehrlichkeit und Offenheit.

Hexe

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