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Seite erstellt am 19.4.24 um 20:53 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: shana
Datum: Freitag, den 14. Januar 2005, um 16:45 Uhr
Betrifft: Wahrheitssuche und ihre gefährlichen Folgen

>Hört sich so an, als wärst du Osho-Anhängerin gewesen.

Nö, mit dem Personenkult hatte ich es eigentlich noch nie. Das war auch eine von der ersten Sachen, die mich bei der Mormonenkirche etwas störte, diese "Verherrlichung" der Person Joseph Smith. Keiner war besser, grösser, edler und was weiss ich nicht alles. Einen besonders merkwürdigen Beigeschmack hatte das ganze für mich, wenn Joseph das dann auch noch von sich selbst behauptete. Wie schon mehrfach erwähnt, habe ich ja dummerweise alle meine Bücher, Zeitschriften, Broschüren, Bilder etc. aus der Mormonenzeit vor Jahren einmal "wütend" und kurzentschlossen entsorgt, deswegen kann ich hier leider nicht mit Zitaten aufwarten. Aber Kenner der Kirche/Mitglieder wissen bestimmt, was ich meine. Solche übertriebenen Aussagen wie: "Nie hat ein Mensch mehr .....was auch immer .... als ich."

Aber nochmal zu Osho. Klar ist vieles von dem, was er gesagt hat wahr und "weise", deswegen hat er ja auch so viele Menschen angesprochen und wirkt auch noch posthum in seinen Schriften und durch die von ihm "inspirierten" Anhänger weiter, aber dasselbe könnte man auch von Joseph Smith sagen. Beide waren auf ihre Art geniale charismatische religiöse Führer, die die spirituellen Bedürfnisse ihrer Zeitgenossen/Zielgruppe perfekt erkannt und bedient haben.

Zu Deiner Frage von wegen Osho-Anhängerin: Meine ziemlich ’ausgeflippte’ und recht vermögende Patentante war in den 70-ger Jahren mehrmals in Poona. Vor allem das vermögend sein wurde dort im Ashram sehr begrüsst, aber etwas ausgeflippt zu sein, war auch sehr hilfreich:-)
Meine Tante versuchte damals mir die Sache schmackhaft zu machen, hatte mir zum Geburtstag sogar mal eine Reise nach Poona geschenkt, aber ich lief damals mit christlichen Scheuklappen durch die Welt und konnte überhaupt nicht verstehen, was an  Bhagwan etc. denn so toll sein sollte. Im Gegenteil, ich fand diese ganzen Surrender-Geschichten ziemlich beängstigend, ich war damals nämlich ziemlich auf Gefühlskontrolle bedacht, nur bitte ja keinen Kontrollverlust:-) Und ausserdem hatte ich Bhagwan schwer im Verdacht, mit den reichen, verwöhnten Wohlstandsmenschen der westlichen Länder seine gewinnbringenden und für ihn äusserst amüsanten Spielchen zu spielen.
Erst später als meine Tante leider schon verstorben war und ich ausser den christlichen auch noch andere spirituelle Wege/ Wahrheiten entdeckte,  erkannte ich, leider etwas zu spät, was sie mir damals vermitteln wollte. Der Typ Mensch, der gerne zu Füssen eines Gurus sitzt und andächtig seinen Worten lauscht und noch gefährlicher: ihm bedingungslos und blind gehorcht, bin ich allerdings nie gewesen und auch nie geworden. Dafür bin ich wohl zu stur und zu einzelgängerisch veranlagt:-)

>Die Kernaussage, dass die Wahrheit nur erlebbar ist, und zwar wenn man selbst ein leeres Gefäß ist, d. h. der Kopf muss von allen Gedanken frei sein, halte ich für wahr. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass sich erst dann das Unfassbare erfahren lässt.

Das sehe ich genauso wie Du, allerdings bin ich nicht mehr so Wahrheits-durstig wie früher, mit zunehmendem Alter werde ich etwas entspannter, ich kann es sozusagen abwarten, mehr zu erfahren...

Interessantes zum Thema Wahrheit/Wahrheitssuche fand ich zufällig gestern auf einer Website über den Jesuiten Anthony de Mello, von dem ich neulich mal was (die Lebensrettungsstation) zitiert hatte. Dort musste ich mit Erstaunen lesen, dass in der Zwischenzeit, 11 Jahre nach seinem Ableben, die vatikanische Kongregation für die Glaubenslehre unter Kardinal Ratzinger in Form einer Notification vom Lesen der eigentlich ziemlich harmlosen de Mello Bücher warnt/abrät.
Da ich mir die Gefahr, die von diesen Büchern ausgehen soll, kaum vorstellen konnte, habe ich mir die Notification mal durchgelesen und fand es wirklich sehr interessant,  zu welchen Schlüssen de Mello letztendlich gekommen ist. Er war wohl im Laufe seines spirituellen Lebens aus der katholischen Kirche herausgewachsen, obwohl er sie noch immer als seine geistige Heimat liebte. So ähnlich geht es wohl vielen anderen Wahrheitssuchern in den verschiedensten Kirchen/Religionen. Irgendwann stösst man an die Grenzen des Kirchensystems und was dann? Die "Schuhe" passen nicht mehr, aber man hatte sie doch so gern und sie haben einen doch auch so gut und so weit "getragen" ....

Auszug aus der Verlautbarung:

<Die Worte der Schrift sind (für ihn) Andeutungen, Richtungsweisungen, die nur dem einzigen Zweck dienen, den Menschen in das Schweigen zu führen. In anderen Passagen wird die Bewertung heiliger religiöser Texte, die Bibel nicht ausgenommen, noch strenger: Er sagt ihnen nach, dass sie eher die Menschen davon abhielten, ihrem eigenen gesunden Menschenverstand zu folgen, und sie statt dessen dumpf und gar grausam machten.

<Religionen, das Christentum nicht ausgenommen, gehörten zu den größten Hindernissen auf der Suche nach der Wahrheit. Was jedoch diese Wahrheit ist, wird vom Autor nirgendwo in ihrem präzisen Gehalt genau definiert. Für ihn ist es reiner Fanatismus, wenn man glaubt, dass der Gott der eigenen Religion der Einzige sei.

<Nichts könne über Gott ausgesagt werden; das einzige Wissen sei das Nicht-Wissen. Schon allein die Frage nach seiner Existenz zu stellen, offenbare bereits eine Unmöglichkeit.

Diese Aussagen und andere fand ich ziemlich bemerkenswert für einen ’gelernten’ Jesuiten, trifft aber in vielem genau das, was ich inzwischen auch ’glaube’ /meine/denke..

Hier die ganze Verlautbarung für diejenigen, die zwei oder drei:-), die es vielleicht interessiert:

Kongregation für die Glaubenslehre

VERLAUTBARUNG
ZU DEN SCHRIFTEN VON
PATER ANTHONY DE MELLO SJ

Der indische Priester Pater Anthony de Mello (1931-1987), Angehöriger des Jesuitenordens, ist auf Grund seiner zahlreichen Veröffentlichungen, die in verschiedenste Sprachen übersetzt und in vielen Ländern der Welt weit verbreitet wurden, recht bekannt geworden. Jedoch sind nicht alle Texte von ihm selbst für eine Veröffentlichung autorisiert worden. Seine Werke, die fast immer in der Form von kurzen Geschichten präsentiert werden, enthalten einige allgemeingültige Elemente orientalischer Weisheit. Diese können sehr wohl hilfreich sein, um Selbstbeherrschung zu erlangen, um die Fesseln zu lösen und Gefühle freizusetzen, die uns davon abhalten, wahrhaft frei zu sein, und um mit einer gewissen heiteren Gelassenheit und Seelenruhe den vielen Widrigkeiten des Lebens zu begegnen. Speziell in seinen frühen Schriften bewegte sich Pater de Mello innerhalb der Grenzen der christlichen Spiritualität, wobei er den Einfluss buddhistischer und taoistischer spiritueller Strömungen aufwies. In diesen Büchern beschäftigt er sich mit den verschiedenen Formen des Gebets: Bitten und Anrufung, Fürbitte und Lobpreis sowie auch die Betrachtung der Mysterien des Lebens Christi u.a.m.

Jedoch bereits in gewissen Passagen in diesen frühen Werken und mehr noch in seinen späteren Veröffentlichungen bemerkt man eine zunehmende Distanzierung von den essentiellen Inhalten des christlichen Glaubens. An Stelle der Offenbarung, die in Form der Person Jesu Christi gekommen war, substituiert er eine Intuition von Gott ohne Form und Bild bis zu einem Punkt, an dem er von Gott nur noch als der "puren Leere" spricht. Um Gott zu erkennen sei es genug, die Welt direkt und unverfälscht wahrzunehmen. Nichts könne über Gott ausgesagt werden; das einzige Wissen sei das Nicht-Wissen. Schon allein die Frage nach seiner Existenz zu stellen, offenbare bereits eine Unmöglichkeit. Dieser radikale Apophatizismus führt bis zur Leugnung, dass die Bibel gültige Aussagen über Gott enthalte.
Die Worte der Schrift sind (für ihn) Andeutungen, Richtungsweisungen, die nur dem einzigen Zweck dienen, den Menschen in das Schweigen zu führen. In anderen Passagen wird die Bewertung heiliger religiöser Texte, die Bibel nicht ausgenommen, noch strenger: Er sagt ihnen nach, dass sie eher die Menschen davon abhielten, ihrem eigenen gesunden Menschenverstand zu folgen, und sie statt dessen dumpf und gar grausam machten. Religionen, das Christentum nicht ausgenommen, gehörten zu den größten Hindernissen auf der Suche nach der Wahrheit. Was jedoch diese Wahrheit ist, wird vom Autor nirgendwo in ihrem präzisen Gehalt genau definiert. Für ihn ist es reiner Fanatismus, wenn man glaubt, dass der Gott der eigenen Religion der Einzige sei. "Gott" wird verstanden als eine kosmische Realität, vage und omnipräsent: Die persönliche Natur Gottes wird ignoriert und in der Praxis geleugnet.

Pater de Mello zeigt Wertschätzung für Jesus, als dessen "Schüler" er sich bezeichnet. Aber er wertet Jesus als einen Meister neben anderen. Der einzige Unterschied zu anderen Menschen bestehe darin, dass Jesus "voll erwacht" und völlig frei sei, während andere dies nicht seien. Jesus wird nicht anerkannt als der Sohn Gottes, sondern vielmehr als derjenige, der uns lehre, dass alle Menschen Kinder Gottes seien. Zudem geben Feststellungen des Autors über die letztendliche Bestimmung des Menschen zum Erstaunen Anlass. An einer Stelle spricht er von einem "Auflösen" in den inpersonalen Gott, so wie Salz sich in Wasser löst. An verschiedenen Stellen wird die Frage nach der Bestimmung nach dem Tod als irrelevant erklärt; nur das Leben in der Gegenwart solle von Interesse sein. In bezug auf dieses Leben sei zu sagen, dass man das Böse einfach als Ignoranz verstehen könne, dass es keine objektiven Regeln der Moral gebe. Gut und Böse seien einfach mentale Wertungskriterien, die der Realität übergestülpt würden.

In Übereinstimmung mit dem bis hierhin Dargestellten könnte man nun dem Autor so verstehen, dass jeder Glaube oder jede Glaubensüberzeugung, ob nun an Gott oder an Christus, den persönlichen Zugang zur Wahrheit verstellen könne. Die Kirche habe Gott aus der Kiche verbannt, indem sie das Wort Gottes in der Heiligen Schrift zu einem Götzenbild gemacht habe. Sie habe, als Konsequenz, die Autorität verloren, im Namen Christi zu lehren.

Mit dieser Verlautbarung erklärt diese Kongregation in der Fürsorge für die gläubigen Christen, dass die hier beschriebenen Positionen nicht mit dem katholischen Glauben vereinbar sind und schweren Schaden anrichten können.

Papst Johannes Paul II hat in seiner Audienz für den hier unterzeichnenden Kardinalpräfekt die vorliegende Benachrichtigung in der Form, wie sie von der Versammlung dieser Kongregation verabschiedet wurde, genehmigt und die Veröffentlichung angeordnet.

Rom, Büro der Kongregation für die Glaubenslehre, am 24. Juni 1998, dem Gedenktag der Geburt Johannes des Täufers

+ Joseph Kardinal Ratzinger
Präfekt

+ Tarcisio Bertone, S.D.B.
Emeritierter Bischof von Vercelli
Sekretär

http://www.anthonydemello.info/

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