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der Beitrag:
Verfasser: shana
Datum: Freitag, den 26. November 2004, um 16:40 Uhr
Betrifft: Verlust der Keuschheit ???

Heute habe ich mir mal die Seite Betrachtungen-Online etwas näher angesehen und bin dabei über die dortigen Links bei ’Rethink Mormonism’ gelandet. Und was ich da gelesen habe und zwar in dem Kapitel  ’Mormon Sexual Purity and Sexual Abuse’ hat mich echt umgehauen!

Nicht, dass ich es nicht schon früher hätte wissen/entdecken können. Aber wahrscheinlich habe ich es damals einfach verdrängt, wie so viele andere Merkwürdigkeiten/Ungeheuerlichkeiten auch, die ich nach und nach bei der "einzig wahren" Kirche entdeckte.

Ich erinnere mich zwar noch sehr gut daran, wie ich in einem Buch über Evangeliumsgrundsätze, das mir eine Missionarin geschenkt hatte, im Kapitel Keuschheit plötzlich und unerwartet mit der Aussage eines Kirchenführers konfrontiert wurde, die da lautete: Es ist besser ein Kind verliert sein Leben, als dass es seine Keuschheit verliert. WOW - das war doch mal eine Aussage, die mich wirklich "begeisterte" - hatte ich doch als Kind selbst das unwahrscheinliche "Glück" gehabt, eine Vergewaltigung mit nur knapp zu überleben!

Und jetzt kommt das allertollste: obwohl ich diese Passage im Buch rot angestrichen und -zigmal kopfschüttelnd gelesen habe, habe ich das damals wirklich als kranke "Privatmeinung" eines durchgeknallten Amis abgetan/beiseite geschoben. Solche Gedankengänge konnte doch ein normal-denkender Mensch nun wirklich beim besten Willen nicht nachvollziehen.....

Das Buch über die Evangeliumsgrundsätze ist schon vor Jahren wie übrigens meine gesamte ’Mormonenbibliothek’ im Altpapier-Container gelandet. Vor kurzem als ich nach jahrelanger Abstinenz vom Thema Mormonentum hier anfing mitzulesen, musste ich mal wieder daran denken, war aber immer noch der Meinung, dass es sich bei dieser verhängnisvollen Aussage um eine absolute Aussenseiter-Meinung handelte.

Meine Frage war rückblickend nur, was hatte so eine spinnerte Aussage in einem Lehrbuch der Kirche zu suchen, das der Aufmachung nach an Kinder und Jugendliche gerichtet war? (Oranger Einband, Anfang der 80-er Jahre, vorne drauf eine Familie beim Familienabend, gezeichnet, so weit ich mich erinnere) Wie konnten Eltern verantworten, dass ihren Kindern so etwas, wenn auch nur am Rande, vermittelt/vorgesetzt wurde?

Auf diese Gedanken kam ich erneut vor ein paar Tagen durch den Artikel von Hexe über Voicings und mein daraus resultierendes Nachdenken über krankmachende Moralvorstellungen. Ich dachte aber auch zu diesem Zeitpunkt noch: na ja, mit dem Thema Homosexualität haben ja die meisten Christlich-Fundamentalen ein Problem. Aber dass ein totes Kind besser ist als ein vergewaltigtes, so was steht ja heute bestimmt in keinem Lehrbuch der Kirche mehr - und dann stolpere ich heute über das Kapitel "Mormon Sexual Purity and Sexual Abuse" und muss feststellen, dass so etwas heute doch tatsächlich noch von ’höchster Stelle’ in aller Öffentlichkeit gesagt/gelehrt wird !!! Und keiner schreit entsetzt auf und empört sich ???

Also zu sagen, dass es mir beim Lesen dieser Aussagen übel geworden ist, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts. Dass ich dazu als Betroffene einiges zu sagen hätte, kann man sich wohl vorstellen! Aber ich zähle mal lieber langsam bis hundert und gebe nur mal ganz ruhig ein paar Dinge zu bedenken:

Wie kann ein Kind das Opfer wird, seine Keuschheit verlieren ??? Was ist das überhaupt für ein merkwürdiger Begriff - körperliche Keuschheit - im Zusammenhang mit Gott - ist da nicht einzig und allein ein reines/keusches ’Herz’ gefragt ??? Und ist Gott nicht die LIEBE und das LEBEN ???

Vor allem eine Frage an die liberalen Mormonen, die solche Aussagen zwar nicht glauben/ernstnehmen, aber trotzdem zulassen, dass ihre Kinder mit solch gefährlichen Gedanken in der Sonntagsschule etc. berieselt/bekanntgemacht werden. Wie kann man so etwas verantworten? Schliesslich kann leider keiner ausschliessen, dass nicht auch sein Kind einmal Opfer eines Missbrauchs/einer Vergewaltigung wird! Und selbst wenn man dann nach der Tat dem Kind noch zu verstehen geben würde, dass Gott es trotzdem noch liebhat. Würde ein Kind dies wirklich tief in seinem Innersten glauben können, nachdem man es von klein auf in der Kirche mit so einem merkwürdigen Keuschheitsbegriff und Folge-den-Propheten-Devisen gefüttert hat? Besteht da nicht auch die ganz grosse Gefahr, dass ein Kind, das in einem solchen Umfeld gross wird, den geschehen sexuellem Missbrauch, falls er nicht zu sofort sichtbaren Körperverletzungen führt, seinen Eltern überhaupt nicht "beichtet" - aus einer antrainierten falschen Scham heraus?

Fragen über Fragen. Abschliessend kann ich dazu nur noch sagen, dass es in diesem Zusammenhang wirklich ein Glück für mich war, nicht in der Kirche aufgewachsen zu sein, was ich mir während meiner Untersucherzeit immer sooo romantisch schön ausgemalt habe: glückliche Familien, alles Friede Freude Eierkuchen... Stattdessen: über 90 Prozent nicht angezeigte Vergewaltigungen in Provo und das im Jahr 2003....

Wie sehr müssen die Gläubigen/Heiligen ihr Denken schon deformiert haben, dass so etwas nicht kollektive Empörung hervorruft!

Dazu zu unguterletzt noch ein Zitat von Voltaire,  dass zwar an die katholische Kirche gerichtet war, aber hier leider auch zutrifft:

"Wer dich dazu bringt, Absurditäten zu glauben, bringt dich auch dazu, Ungeheuerlichkeiten zu tun."

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