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Beitrag 10 von 166 Beiträgen.
Seite erstellt am 18.4.24 um 11:51 Uhr
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der Beitrag:
Verfasser: ---007---Abc
Datum: Mittwoch, den 27. Oktober 2004, um 10:47 Uhr
Betrifft: Bleibe offen !

Liebe Sandra,

wie ich aus dieser Antwort an Renate entnehmen kann, hat Dir mein Rat weniger gefallen, vielleicht auch weil ich Mann und Mitglied bin und daher vielleicht in Deinen und auch Renates Augen als geblendet und nur bedingt realitätsbezogen wahrgenommen werde.

Ich wollte Dir wirklich nur einen Rat aufgrund meiner langjährigen Erfahrungswelt geben, ohne Dir eine Theorie oder Ideologie überzuhelfen - ob es nun Mormonentum oder Antimormonentum sei. (Ja, die Praxis zeigt immer wieder, dass beides zur verengten Wahrnehmung führen kann).  Insofern würde ich aufgrund Deiner erweiterten Hintergrundinformationen nur noch einmal ergänzen und ansonsten meine Klappe halten.

Aus Deinen Hintergrundinformationen geht Deine Einschätzung hervor, dass womöglich Deine Dominanz und seine Nachgiebigkeit ihn dazu gebracht haben, sich einer Organisation anzuschließen, die ihm den Hut aufsetzt und ihn besser fühlen lässt. (Wir neigen doch alle dazu, lieber das zu glauben, was uns persönlich in den Kram passt). Das würde meine Aussage bestätigen, dass die Probleme, die die Hinwendung eines Mitglieds der Familie zu den Mormonen, hervorrufen, manchmal schon latent vorher angelegt sein können (nicht müssen). Ich glaube, dass in den fälligen Gesprächen miteinander, dass Thema Dominanz und Anpassung innerhalb Eurer Partnerschaft zunächst zu besprechen wäre, bevor über die Gefährlichkeit oder Ungefährlichkeit der Mormonen diskutiert wird.

Kann es nicht auch denkbar sein, dass auch genau in diesem Punkt, nämlich der Beurteilung dieser Organisation sich genau das gleiche Rollenverhalten dokumentiert, was sich schon vorher etabliert hat: Du als die vermeindlich Dominantere hast Dir Dein Bild gemacht, dass Du für maßgeblich hälst;dagegen versucht vielleicht Dein Mann sich Dir gegenüber zu "emanzipieren" indem er, mit Argumenten und Zuversicht durch die Kirche/Missionare und Mitglieder gepowert, versucht, seinen Standpunkt zu halten.

Es gibt so ein indianisches Sprichtwort:
"Verurteile niemanden, bevor Du nicht eine Meile in seinen Mokassins gelaufen bist". Du hast viele Informationen aus sekundären Quellen gesammelt, von der sicherlich auch vieles stimmt, aber ich bin sicher, dass Du noch nicht das ganze Bild kennst. Damit meine ich nicht, dass Du Dich taufen lassen solltest, um Ruhe zu haben. Ich glaube, dass wäre der größte Fehler. Du würdest - wenn dieser Schritt nur ein fauler Kompromiss darstellt - letzten Endes dich selbst, die Kirche und Deinen Mann dafür hassen und der Familie schaden.

Vielleicht lässt Du Dir ein bisschen mehr Zeit und beobachtest mehr, ohne Dich und Deinen Mann unter Entscheidungszwang bezüglich irgendeiner Reaktion zu stellen.
Ist es nicht auch so bei pubertierenden Kindern, die sich einer Gewohnheit, einer politischen oder religiösen Richtung zuwenden, die den Eltern nicht behagt, dass man eine lange Leine lassen muss, weil sie sich selbst finden müssen, und wir sie sonst verlieren, wenn wir zu stark manipulieren und sanktionieren. Was in solchen Zeiten trägt, ist einerseits die Liebe und das Vertrauen, dass dann hoffentlich in früheren Zeiten angelegt wurde und Gespräche und Informationen die dem Jugendlichen (in einem angemessen Rahmen) die Freiheit lassen, sich frei zu entscheiden.

Ich bin mit 21 zur Kirche gekommen (meine ganze elterliche Familie war und ist auch jetzt nicht in der Kirche). Auch vorher war ich schom immer eine zur Dominanz neigende Persönlichkeit. In der Ehe mit meiner Frau (die im gleichen Alter unabhängig von mir zur Kirche kam) war ich das auch. Ich kann Dir bestätigen (und meine Frau würde es auch), dass die patriarchalische Ausrichtung der Kirche nicht dazu geführt hat, dass ich mich als Oberhaupt der Familie austoben konnte, sondern dass ich im Gegenteil durch die Lehren und Aufforderungen der Kirche, eher in einer Dominanz gebremst wurde bzw. versuchte diesen bei mir natürlich/erzieherisch angelegten Impuls zu überwinden. Natürlich kenne ich zahlreiche Beispiel von ekelhaften Ehemännern, die die Lehren der Kirche für sich so auslegen, dass sie wahrhafte Tyrannen sind. Das es bei uns nicht so gelaufen ist, hat meiner Meinung sicherlich etwas mit meinem Verständnis vom Evangelium zu tun, aber mehr noch mit der Tatsache, dass ich einen sehr zurückhaltenden und bescheidenen Vater hatte, der mich für dieses Rollenverhalten nicht durch sein Beispiel modellieren konnte. Ich neige also eher zu der These, dass die Kirche einer gute Ehe oder selbstbewussten Perönlichkeiten nicht schaden muss, sondern eher bei entsprechenden, verborgenen Rollen- und Persönlichkeitsproblemen einen trügerischen, geistigen Überbau für ein Fehlverhalten bieten kann.

Du schreibst:

"Zu mir gibt es zu sagen das ich seit 4 Jahren an Angstzuständen, Depressionen und Panikattacken leide. Dieser Psychostreß, der auf mich durch die Kirche einwirkt, ist kaum zu ertragen, ich fühle mich hin und her gerissen."

Im ersten Beitrag schreibst Du:
"Es ist ca. 1 Jahr her seit dem die Elders vor unserer Tür standen. Im September 04 ließ mein Mann sich taufen."

Wenn Du Dich bei den Zeitangaben nicht vertippt hast, dann verstehe ich das so, dass Du bereits drei Jahre bevor die Kirche in Eurem Leben auftauchte unter psychischem Stress gelitten hast. Kennst Du dafür die Ursachen ? Spielt die Partnerschaft dabei eine Rolle.

Abschließend möchte ich Dir nur den Rat geben, offen für alle emotionellen und intellektuellen Informationen zu sein. Wenn Du fixiert bleibst, an eine Verschwörungs- oder Sektentheorie, die vielleicht der Beurteilung der Probleme in Eurer Partnerschaft und Ursachen nur zum Teil gerecht wird, dann ist es weniger wahrscheinlich, dass Eure Probleme gelöst werden.

Die Geschichte der Mormonen mag in vielerlei Hinsicht fragwürdig sein, aber auch aus einer leicht distanzierten Sicht, kann ich Dir nur sagen, dass das was hier oder anderer Stelle manchmal heiß hochkocht in der Realität nicht die für einen Außenstehenden daraus vermutete Wirkung hat oder Bedrohung darstellt. Ich bin sicher, dass, dass mindestens die letzte Aussage den Hohen Priestern und Priesterinnen dieser Internetseite reichlich Anlass geben wird, diese detailliert zu wiederlegen, aber ich ziehe mich mal einfach auf meine eigene Einschätzung zurück, die für ein Mitglied der Kirche ja nur getrübt sein kann und der Du vielleicht auch nicht zu viel Beachtung schenken solltest.

Wenn ich weiter nichts direkt von Dir höre, werde ich mich dann also lieber im weiteren Verlauf heraushalten. Meine Absicht war wirklich nur, aufgrund meines Erfahrungsschatzes, Dir eine vielleicht andere mögliche Sichtweise der Dinge zu aufzuzeigen, um letztlich Euch als Familie zu helfen, denn es kann ja keine Hilfe darin bestehen, Dich aus "ideologischen" Gründen als Opfer zu präsentieren und zu stärken, wenn Du vielleicht auch ein paar Aktien in diesem Problem investiert hast, die Du noch entdecken könntest.

Gruss

Frank

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