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Verfasser: Helgor Datum: Mittwoch, den 7. Juli 2004, um 7:49 Uhr Betrifft: Patrioten
Nirgendwo habe hier Patriotismus mit Nationalismus gleichgesetzt. Es gibt einen neuen, selbstbewussten Patriotismus. Man kann auf die demokratische Tradition seit 1949 stolz sein, und auf das was in Deutschland erreicht wurde. Vor allem bedeutet Patriotismus für mich auch, dass man sich seiner Stärken bewusst ist. Was mir nur auf die Nerven geht, ist diese Manie vieler Deutscher, überall im internationalen Vergleich am besten sein zu wollen. Nur in der zweiten oder dritten Reihe zu stehen, scheint für viele unerträglich zu sein.
Dann gibt es einen verkrampften Patriotismus, den ich eher Deutschtümelei nennen würde. Das sind oft Vertreter der älteren Generationen, die behaupten, man dürfe in Deutschland ja gar nicht patriotisch sein. Und das ist einfach nicht wahr. Deshalb leben sie ihre Vaterlandsiebe lieber in kleinen Kreisen aus, z.B. auf Geburtstagsfeiern. Es ist eine Art "heimlicher" Patriotismus. Vor allem meinen diese Leute mit der Relativierung der Verbrechen des Dritten Reiches das Vaterland aufwerten zu könnnen, während der "neue" Patriotismus sich da deutlich distanziert und auf die Gegenwart baut.
Als ich einmal mit der Fähre von England nach Hamburg fuhr, kamen wir an einer Stelle ander Elbe vorbei, wo ein Orchester zur BegrüÃung die Nationalhymne spielte. Deutsche Jugendliche, die auf dem Deck standen, meinten nur "ScheiÃe" und wandten sich verschämt ab. Das kam mir schon befremdlich vor, da ich das Jahr zuvor in England verbracht hatte. Dadurch habe ich eine distanziertere Sicht auf uns Deutsche erhalten. Es scheint in der Tat immer noch eine ziemlich verkrampfte Selbstwahrnehmung zu geben.
Ergo: Patriotismus ist nicht verboten. Die Leute haben eher ein Problem mit sich selbst und mit ihren Landsleuten.