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Verfasser: Gunar
Datum: Montag, den 28. Juni 2004, um 16:11 Uhr
Betrifft: Du hast Recht und auch wieder nicht

Die Beantwortung der Fragen stellt natürlich immer eine besondere Hürde dar.

Wobei die Qualität der Fragen dadurch nicht beeinflusst wird.

Klare Definitionen, wie du sie forderst, würden einer Allgemeingültigkeit entgegen stehen.

Aber schauen wir uns deshalb doch einmal die Teleologie der Sektencheckliste an.

Zuerst einmal heißt sie "Checkliste für unbekannte Gruppen", insofern ist die Erweiterung um den Begriff "Sekten" nur der Wiedererkennbarkeit und Griffigkeit der Liste geschuldet. Soll ja nicht heißen, dass man damit Sekten checkt, sondern vielmehr Gruppen auf sektenhafte Merkmale. Da die Öffentlichkeit mit dem Begriff Sekte gut was anfangen kann, eignet sich seine Verwendung bei der Arbeit mit der Öffentlichkeit hervorragend, in der wissenschaftlichen Arbeit hingegen hat er nichts zu suchen.

Schauen wir uns also die primäre Zielgruppe der Sektencheckliste an. Wenn eine Gruppe unbekannt ist, dann ist sie sicherlich nicht gerade Teil einer wissenschaftlichen Aufarbeitung. Auch der Hinweis "Vorsicht schon bei einem Ja" ist nur vor dem Hintergrund des Unbekannten richtig zu verstehen. Denn wenn man eine bekannte Gruppe exakt analysiert, dann kann dieser Hinweis schon mal nicht zutreffen.

Die Sektencheckliste eignet sich dennoch gut auch für die wissenschaftliche Aufarbeitung. Selbstverständlich müssen dann wesentlich strengere Regeln für die Beantwortung der Fragen gelten als dies für die primäre Zielgruppe zutrifft, also der Person, die von irgend einer Gruppe auf der Straße oder auf Arbeit angequatscht wird.

Wenn wir hier die Sektencheckliste benutzen, dann tun wir das selbstverständlich vor den Hintergrund, dass uns die Gruppe bestens bekannt ist und wir auch Nuancen abschätzen können. Der Aussteiger ist derjenige, der diese Einschätzung immer noch am objektivsten vornehmen kann. Er ist nicht mehr durch die Bewusstseinskontrolle der Gruppe in seinem Denken beschränkt, hat aber einen sehr weitgehenden Einblick, was ein Außenstehender nun mal nur aus zweiter Hand erfahren kann. Die Gefahr einer Negativverzerrung ist natürlich gegeben und muss deshalb möglichst von Außen objektiv eingeschätzt werden. Hierbei laufen natürlich zwei Trends gegeneinander. Die angesprochene Gefahr sinkt im Laufe der Zeit, zugleich geraten aber auch Feinheiten der Erfahrung in Vergessenheit. Insofern eignen sich Aussteiger, die mehr theologische und weniger persönliche Gründe für den Ausstieg haben, als Probanden erheblich besser.

Ich denke aber mal, dass wir inzwischen auf eine ausreichende Grundgesamtheit an Aussteigern zurück greifen können, um diesen Filter anlegen zu können. Und ich meine, das tun wir auch. Ich zumindest schere nicht jeden Aussteiger über einen Kamm und nehme nicht jede Aussage für bare Münze.

Kommen wir aber auf die angeblich "schwammigen Konzepte" zurück. Ichhalte die durchaus nicht für schwammig, sondern für allgemein gültig. Es ist schließlich nicht so, dass die Sektencheckliste für die Mormonen erfunden oder angepasst wurde. Das könnte man sicherlich tun, auch mit der gebotenen wissenschaftlichen Ehrlichkeit, aber ein kleines bisschen unfair wäre es ja doch.

Greifen wir also lieber auf unseren gesunden Menschenverstand zurück und schauen uns den Punkt, den Tobias angesprochen hat, noch einmal genau an.

"Die Gruppe hat einen Meister, ein Medium, einen Führer oder Guru, der allein im Besitz der ganzen Wahrheit ist."

Wenn ich einen Vortrag über Sekten halte und dieser Punkt angesprochen wird, dann ergänze ich immer "oder direkten Zugriff auf die Quelle aller Wahrheit hat". Weil das ja effektiv auf das Gleiche hinaus läuft. Für die HLT ist dieser Punkt zu bejahen.

Ich weiß jetzt gar nicht, wo du den "charismatischen Führer" her hast, kann sein, dass die Österreicher das geschrieben haben. Wobei auch der Begriff "charismatisch" einer Definition bedürfte, ist dies umgangssprachlich oder religionswissenschaftlich gemeint? Natürlich ist Hinckley kein bisschen charismatisch, auch wenn die Mormonen ihn vergöttern. Das ist aber in einer institutionalisierten Religion nichts besonderes. Bei dieser Fragestellung wird natürlich auf der Religionsstifter abgestellt (die meisten Religionen überleben den ja nicht), und Joseph Smith hatte ohne Zweifel sehr viel Charisma, mit dem er vor allem (aber nicht nur) arme Bauern in seinen Bann ziehen konnte.

Ich kann deiner Argumentation also nicht beipflichten, dass die Fragestellungen bereits zu viele subjektive Elemente enthalten. Gleichwohl die Liste primär zu subjektiver Beurteilung erstellt wurde.

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