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Verfasser: Hexe
Datum: Sonntag, den 9. Mai 2004, um 5:51 Uhr
Betrifft: Wusstet Ihr das über die Geschichte der Mormonen?

Ich fand gestern im Internet diesen sehr interessanten Artikel, der die Entwicklung des Feminismus in der „Mormonenkirche“ kurz zusammenfasste (deshalb „Brief History“). Ich fand den Artikel so interessant, das ich ihn hier zur Diskussion stellen möchte:

A Brief History of Mormon Feminism
by Margaret Merrill Toscano
If feminism is defined as a concern with the status and equality of women and/or the questioning of gender roles, then feminism has always been a part of the Mormon religion and culture. Nineteenth-century Mormonism was radical in many ways and challenged the status quo of American culture at large, including the position and role of women. Joseph Smith’s theology introduced a concept of a Mother God, acknowledged the power and equality of women, and gave them priesthood through the temple ritual, according to a number of scholars (see bibliography below). Although Mormon women in early Utah were the second group in the USA to receive the vote in 1870, which was only two months after Wyoming granted women this right, Utah women were actually the first to use their franchise and vote in an election. Mormon women had other rights during the 19th century unknown to most women in the rest of the country: married women had the same legal rights as single women, including the rights to own property in their names, represent themselves in court, and win easy access to divorce. In the 19th century Mormon women were avid suffragettes who argued and fought for the rights of all women. They were in contact with Susan B. Anthony, Elizabeth Cady Stanton, and others in the national women’s movement. Through the LDS women’s organization, the Relief Society, Mormon women controlled their own money and buildings, organized a hospital and other charitable organizations (which, among other things, collected, stored, and distributed grain and other food supplies), supported home industries (such as silk farms), and ran a women’s newspaper (the Women’s Exponent, 1872-1914), which advocated female independence, education, and careers, and emphasized female leadership and spiritual gifts.
In the early 20th century Mormonism went through a redefinition in order to fit into mainstream American culture and rid itself of its polygamous and politically autonomous past, which had been seen by many as anti-American. In a conservative reaction to its own history, Mormonism attempted to shuck off those elements of its theology and practice which made it unacceptable to the larger culture, while still retaining enough of its uniqueness to set it apart as a religion with a divine and separate calling from the rest of Christianity in America. Among the things lost during this period were the concepts of women’s spiritual gifts and their role as priestesses (a term used to define such women as Eliza R. Snow in the 19th century). Although women retained control of their own Relief Society organization until the early 1970s, they gradually lost the management of their own affairs and publications from the time of statehood in 1896 onward, along with their sense of independence. Ironically, the image of Mormon women as docile homemakers, a la June Cleaver serving jello to a smiling family in a 1950s sitcom, is just one of the many things Mormonism adopted from conservative American culture.
Influenced by the national feminist movement in the 1970s, Mormon women began to reclaim their history and to participate in women’s groups as part of an attempt to redefine women’s roles and opportunities in an LDS context. This is not to say that Mormon women did not participate in feminism during the first half of the 20th century.(more of this article to follow soon)

Da waren Frauen also im 19. Jahrhundert weitgehend unabhängig (soweit heterosexuelle Frauen das sein können), und ein Jahrhundert später werden wir gegängelt und wie kleine Kinder bevormundet!
Wie konnte es soweit kommen?
Haben Frauen es nicht gewagt, sich gegen das „allmächtige Priestertum“ zu behaupten, weil es „den Abfall vom Glauben“ bedeutet hätte? Oder wollten sie „ihren Männern nicht weh tun“?
Wie hat sich die „Kirche“ denn im Fall der ERA (Gleichstellungsgesetz in den USA, das nie verabschiedet wurde)? Dazu schreibt Gert Raethel in seinem Buch „Amerikas Heilige der letzten Tage“:

„ (...) ERA würde den Mutterschutz gefährden, die Armut feminisieren, Geschlechtsunterschiede verwischen mehr Homosexuelle hervorbringen und GOTTGEGEBENE WEIBLICHE INSTINKTE ERSTICKEN (Hervorhebung von mir). (...) Die Kirchenführung beschickte eine große Frauenkonferenz in Utah mit folgsamen Mormoninnen und ließ en bloc gegen den geplanten Verfassungszusatz abstimmen. Unter mormonischen Einfluss wiederrief das Parlament von Idaho das bereits ratifizierte Amendment. Die mormonischen Abgeordneten mussten sich auf Weisung der Kirche gegen das ERA aussprechen. Regierungsbeamte mormonischen Glaubens im Weißen Haus, bei der CIA und beim FBI sind entsprechend instruiert worden.
Sonja Johnson wehrte sich als Frau und Feministin dagegen, von ihrer Gesellschaft auf Eierstöcke, Gebärmutter und Vagina reduziert zu werden. Der Mormonenbischof an ihrem Wohnsitz in Virginia war früher Personalchef beim amerikanischen Geheimdienst gewesen. (...) Denn Johnson (...) war fest entschlossen, gegen die Kirche und für die Gleichberechtigung auf die Barrikaden zu gehen. (...) Einen Monat später wurde Johnson vor einem Senatsausschuss als Expertin gehört. Es kam zu einem erbitterten Wortgefecht zwischen ihr und Orrin Hatch, einem der beiden mormonischen Senatoren aus Utah. Hatsch verlor die Kontenance und hieb zornbebend auf sein Pult ein. Er und sein Senatskollege planten ein Filibuster, um die Gesetzesvorlage zu Fall zu bringen. Johnson drohte postwendend mit einem Hungerstreik. (...) Das Filibuster wurde abgeblasen, aber die Kirchenlobby verstärkte hinter den Kulissen ihre antifeministische Kampagne. (...) Teils aus Gehorsam, teils aus Überzeugung kehrte sich die mormonische Mehrheit gegen sie. Einen Kirchenführer veranlasste ihr Auftritt vor dem Senatsausschuss zu der Warnung, wenn Gottvater DEM MANN NICHT DIE KÖRPERLICHE STÄRKE GEGEBEN HÄTTE, WÄRE ER DER FRAU WEIT UNTERLEGEN; UND WÜRDE VON IHR GEFRESSEN WERDEN, WIE DAS MÄNNCHEN DER SCHWARZEN WITWE. (Hervorhebung von mir). Mormoninnen schrieben ihr nach einer Rede, in der sie von der „Panik der Patriarchen“ gesprochen hatte, hasserfüllte Briefe. Sie verrate die Kirche, hieß es da, sie sei eine Hure des weltlichen Establishments, eine Speichelleckerin, eine Denunziantin: „ Möge deine verdorbene Seele Gnade finden am Jüngsten Tag“. (Shipps, „Sonja Johnson, Mormonism and the Media“, in Christian Century, 2.1.1980, S. 6).
Im November 1979 wurde Sonja Johnson vor ein Kirchengericht gestellt, einen Monat später exkommuniziert. (...) Im schriftlichen Urteil wurde die „barbarische Frauenfeindlichkeit“ zitiert, die sie an der Kirche kritisiert hatte. Damit habe sie „die Gesalbten des Herrn“ , also die Kirchenführer, verleumdet. Über die ERA kein Wort. Mündlich wurde ihr vom Bischof mitgeteilt, DIE POSITION DER KIRCHE GEGEN DIE GLEICHSTELLUNG DER FRAU BERUHE AUF EINER GÖTTLICHEN EINGEBUNG.
(Sonja Johnson, „From Housewife to Heretic”, S. 242, 284,293,326,333f, Hervorhebung von mir)” (Gert Raethel, S. 174ff)

Mir sagten diese Zitrate eine ganze Menge!
Zum einem, das es Männer waren (die greisen Kirchenführerfuzzis), die dieses
Gleichstellungsgesetz verhindern wollten, und somit, das sich Dinge in der Mormonensekte veränderten, Veränderungen, die diese nicht wollten, weil es zu sehr an ihren frauenfeindlichen Vorstellungen rüttelte.
Und die Frauen bei den Mormonen?
Standen sie in Scharen auf, um sich hinter Sonja Johnson (die von ihrem Mann geschieden wurde, und später ihre Liebe zu Frauen entdeckte) zu stellen?
Protestierten sie vor dem Kirchengebäude, oder traten in Scharen aus der „Kirche“ aus?
Mitnichten!
Sie machten genau das, was Mitglieder einer Sekte immer tun. Sie gaben ihre Rechte und Individualität zu Gunsten einer sie domestizierenden frauenfeindlichen Sekte auf. Und, sie handelten wie die meisten heterosexuellen Frauen: Sie stellten sich hinter Männern, und gaben ihre Rechte „freiwillig“ auf.
Das ist die Lehre, die ich aus diesem Artikel über den mormonischen Feminismus und über Sonja Johnson und ihre Erfahrungen, ziehe.
Vielleicht zieht Ihr etwas anderes daraus?
Ich bin schon gespannt, was!

Hexe (immer noch keine „Männerhasserin“ geworden)

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