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Verfasser: Gunar
Datum: Samstag, den 17. April 2004, um 18:29 Uhr
Betrifft: Kurzer Prozess: Max Strauß muss 300 000 Euro Strafe zahlen

Einige Pressemitteilungen über diese Firma von Mormonen:

Urteil für Max Strauß
300.000 Euro wegen Beihilfe zum Betrug

Fast zwei Jahre lang wird Max Strauß schmerzlich an dieses Urteil erinnert werden: An jedem Monatsbeginn muss er der Staatskasse 15000 Euro überweisen – so lange, bis er die Geldstrafe von 300000 Euro bezahlt hat. Dazu hat ihn gestern das Landgericht München I wegen Beihilfe zum Betrug im Zusammenhang mit dem Wabag-Skandal verurteilt.
Von Stephan Handel

Zum Urteilsspruch sind alle aufgestanden, Max Strauß hält sich mit beiden Händen am Revers seines Sakkos fest. Die Strafe war keine Überraschung mehr für ihn, Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten sie ausgehandelt, Wolf-Stefan Wiegand, der Vorsitzende Richter, gibt sie früh im Prozess bekannt. Deshalb auch dauert die Verhandlung nur knapp drei Stunden – den größten Teil davon beansprucht die Verlesung der Anklageschrift. Ihr folgt der Angeklagte äußerlich aufmerksam, aber ohne sichtbare Emotion. Nur einmal zieht er die Mundwinkel ein bisschen nach oben. Das ist, als ihn Wiegand nach seinem Beruf fragt: „Patient“, antwortet Strauß.

Sonst spielt die Depression keine Rolle, wegen der Strauß immer noch in der Münchner Uni-Klinik in stationärer psychiatrischer Behandlung ist. Er sagt wenig, lässt meist seine Anwälte Wolfgang Dingfelder und Andreas von Mariassy für sich reden. Doch viel zu sagen gibt es nicht: Dingfelder hat eine Erklärung seines Mandanten verlesen, in dem der die Vorwürfe gesteht und den angerichteten Schaden bedauert – das Geständnis, das die Grundlage des Deals ist.

Es ist insgesamt ein recht langweiliger Prozess, kaum mehr als zehn Zuschauer verlieren sich auf der Galerie des Schwurgerichtssaals. Unten allerdings, wo für die Presse reserviert ist, wird es eng, und vor der Tür rauchen Fotografen und Kameramänner die Aschenbecher voll. Drinnen wird’s erst wieder lebendig, als nach zehn Anstands-Minuten Beratung das Urteil verkündet wird. Zunächst spricht Wolf-Stefan Wiegand vom Wert eines Geständnisses, wobei er sich der etwas schrägen Metapher „Das frühe Geständnis fängt den Wurm“ bedient. Das ist natürlich eine Anspielung auf den derzeit laufenden Augsburger Prozess gegen Strauß, wo er sich beharrlich weigert, die ihm vorgeworfene Steuerhinterziehung zuzugeben. Deshalb findet Wolfgang Dingfelder die Bemerkung des Richters später auch „daneben“.

Der Verteidiger hatte in seinem Plädoyer vom „Lebensdrama“ seines Mandanten gesprochen: Er habe die Vorgaben und Erwartungen seines Vaters selten erfüllen können. Dass Max Strauß überhaupt für die Wabag gearbeitet hat, findet Dingfelder nicht verwerflich: „Auch Betrüger haben Anspruch auf anwaltliche Beratung.“ Dann jedoch habe er „Dinge getan, die ein Anwalt nicht tun darf“.

Das sah auch der Richter so: „Sie waren keinesfalls im Kreis der Initiatoren, Erfinder und massiven Betreiber“ des Wabag-Betrugs, bei dem mehrere 1000 Anleger um 120 Millionen Euro geschädigt wurden. (Siehe nebenstehenden Bericht). Vielmehr, so Wiegand weiter, sei Strauß anfangs sogar „auf der richtigen Linie“ gewesen, als er seine Klienten vor falschen Angaben in Emissions-Prospekten gewarnt habe. Doch irgendwann habe er sich gedacht: „Augen zu und durch, hoffentlich geht’s gut.“
300.000 Euro Geldstrafe also – Wolfgang Dingfelder findet das Urteil „nicht glücklich machend, aber akzeptabel“.

Sowohl der Angeklagte wie auch die Staatsanwaltschaft verzichten auf Rechtsmittel, der Spruch wird sofort rechtskräftig. Allerdings: Nun haben die geschädigten Anleger endlich jemanden, bei dem etwas zu holen ist. Deshalb rechnet die Verteidigung mit einem „Schub von zivilrechtlichen Verfahren“. Als Wolfgang Dingfelder das in die Mikrofone sagt, ist Max Strauß schon längst aus dem Gerichtssaal verschwunden – durch den Hinterausgang, durch den sonst Gefängnisinsassen vorgeführt werden. Die Haftstrafe ist Max Strauß erspart geblieben. Aber er schaute nicht so aus, als würde er sich darüber freuen können.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

6000 Anleger geprellt
Der 100-Millionen-Betrug des Unternehmens Wabag

Die Wirtschaftsanalyse und Beratungs AG – abgekürzt Wabag – wurde 1991 mit Sitz in Oberhaching gegründet. Sie plante zunächst, in Ostdeutschland Recycling-Anlagen zu bauen, auch umweltfreundliche Bio-Kraftwerke und Betriebe zur Verschrottung von Panzern.

Zu diesem Zweck wurden rund ein Dutzend Projekt-Aktiengesellschaften gegründet. Für diese Wabag-Töchter suchten freiberufliche Vermittler Anleger – mit Erfolg: Bis 1999 investierten etwa 6000 Menschen ihr Geld in die angeblich rentablen und zudem ökologisch korrekten Projekte.

Was sie nicht wussten: Kein einziges der vorgeblich geplanten Projekte wurde auch realisiert. Die Verantwortlichen der Wabag, der Aufsichtsratsvorsitzende Erich D. und der Vorstand Harald S., hatten die volle Kontrolle über sämtliche Firmen, schoben Geld von hier nach da, erzwangen Gewinnabführungsverträge, die den wirtschaftlichen Erfolg der Tochterfirmen unmöglich machten.

Rund 120 Millionen Euro nahm die Wabag im Lauf der Jahre ein, Anlegergelder und öffentliche Zuschüsse für Strukturmaßnahmen im Osten Deutschlands. Nicht einmal ein Viertel davon wurde jedoch wirklich investiert.

1999 flog der Schwindel auf – die Wabag meldete Insolvenz an. Seitdem beschäftigt sich die Justiz in einer Unzahl von Verfahren mit der Bestrafung der Verantwortlichen. Erich D. und Harald S. wurden im April 2002 zu jeweils acht Jahren und zwei Monaten Haft verurteilt.

Andere Geschäftsführer der Tochtergesellschaften – zumeist Strohmänner ohne wirkliche Entscheidungsgewalt, dennoch formal in der Verantwortung – erhielten Strafen um die vier Jahre. Randfiguren wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt. Zwei ehemalige Vorstände der Raiffeisenbank Dingharting, der Wabag-Hausbank, mussten Geldstrafen von mehreren tausend Euro zahlen: Sie hatten durch falsche Auskünfte über die Liquidität des Unternehmens den Betrug begünstigt.

Das Geld der Anleger ist verschwunden. Einige hundert versuchen, per Zivilklage gegen die Verantwortlichen zumindest einen Teil zurückzubekommen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Der "Deal" im Strafprozess
Handel mit der Gerechtigkeit

Alle Beteiligten sind zufrieden. Das Gericht hat sich eine lange Verhandlung erspart, weil der Angeklagte geständig und reuevoll war.
Von Heribert Prantl

Justitia wird auf verschiedene Weise künstlerisch dargestellt: einmal mit offenen, einmal mit verbundenen Augen; einmal mit Waage, ein andermal mit Schwert. Die Darstellung, die für den Münchner Strauß-Prozess (aber nicht nur für den) angemessen wäre, fehlt noch: Die Justiz mit dem großen Geldbeutel, die wie eine Kellnerin die Summe kassiert, die zuvor zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung ausgehandelt worden ist.

Eine Geldstrafe von 300000 Euro hat Max Strauß eine Freiheitsstrafe wegen Beihilfe zum Betrug (wohl zwei Jahre mit Bewährung) erspart. Die Summe ist in etwa so hoch wie die, die einst Helmut Kohl wegen der Schwarzgeld-Affäre bezahlen musste; der Ex-Kanzler wurde freilich nicht bestraft, das Verfahren wurde gegen Zahlung einer Geldbuße von 700000 Mark eingestellt.

Ganz so einfach ging das bei Strauß nicht. Gleichwohl: Alle Beteiligten sind zufrieden. Das Gericht hat sich eine lange Verhandlung erspart, weil der Angeklagte geständig und reuevoll war. Der überlasteten Staatsanwaltschaft ergeht es ähnlich; sie hat immerhin ein rechtskräftiges Urteil auf dem Tisch. Und der gewiefte Verteidiger kann seinem Mandanten sagen, dass er das Beste herausgeholt habe, was herauszuholen war; und das stimmt auch. Nur die Gerechtigkeit steht ein wenig dumm da; aber die ist auch nicht Verfahrensbeteiligte...

Man muss nun nicht glauben, dass das Gericht dem Angeklagten Max Strauß einen ganz besonderen Dienst erwiesen hat. Der „Deal“ im Strafprozess gehört schon lange zum Alltag im Gericht: Mindestens die Hälfte aller Verfahren der Wirtschaftskriminalität wird auf diese Weise erledigt. Der Handel mit der Gerechtigkeit steht zwar noch nicht im Gesetz (verschiedene Anläufe, klare Regeln dafür vorzuschreiben, wurden allerdings schon gemacht), er ist aber Praxis. Warum? Weil sonst die Gerichte ersticken würden. Der Deal ist ein Akt der Notwehr der Justiz.

Unbedenklich ist er nicht: Zu Grabe getragen wird damit das „Prinzip der materiellen Wahrheit“ und der „Amtsprozess“. Danach ist das Gericht verpflichtet, von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen und nicht einfach das als Wahrheit zu nehmen, was Ankläger und/oder Angeklagter dafür erklären. Das Prinzip „Du gibst mir ein Geständnis, ich Dir dafür eine milde Sanktion“ passt nicht in den deutschen Strafprozess.

Ohne solche summarische Erledigungsformen wäre aber die Strafjustiz längst zusammengebrochen. Ihre Überforderung hängt nun nicht damit zusammen, dass die Leute immer krimineller würden, sondern damit, dass dem Strafrecht und der Strafjustiz nicht nur die massive Rechtsverletzung, sondern jede Kleinigkeit aufgehalst wird.

Man kann sich also die Jammerei über das wunderbar milde Strauß-Urteil sparen. Es ist nicht angreifbarer als andere. Man sollte sich aber Gedanken darüber machen, wie man das Strafrecht wieder auf seinen Kern zurückführen kann. Dann können Strafprozesse wieder so geführt werden, wie es sich gehört.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Lebensdrama
Der Scherbenhaufen des Max Strauß
München - Welchen Beruf er denn habe, nachdem er seine Zulassung als Rechtsanwalt ja zurückgegeben habe, wollte der Vorsitzende Richter von Max Strauß wissen. Der traurige Angeklagte zuckte ratlos die Schultern. "Patient" sagte er schließlich und ließ sich von dem Lachen im Saal anstecken. "Da fragt man sich, welchen Ausbildungsweg gibt es da", erwiderte der gut gelaunte Richter und trug "Privatier" ein. Dann machte er kurzen Prozess.

Nur zwei Stunden brauchte das Landgericht München am Freitag, um Max Strauß wegen Beihilfe zum Betrug zu verurteilen. Wohl zwei Jahre lang hätte die Wirtschaftsstrafkammer verhandeln, Zeugen hören, Akten verlesen müssen, wenn es zu einer Beweisaufnahme gekommen wäre. Doch Strauß nahm ihr die Arbeit ab und legte sofort ein volles Geständnis ab. Dafür bekam er einen saftigen Strafnachlass: Wie im Vorfeld zwischen Staatsanwalt, Verteidigern und Richtern bereits abgesprochen, kam er mit einer Geldstrafe von 300.000 Euro davon, zahlbar in 20 Monatsraten zu je 15.000 Euro.

Strauß’ Berufsangabe "Patient" war mehr als ein Scherz. Seit einem psychischen Zusammenbruch vor einem halben Jahr wird er 44-Jährige wegen einer schweren Depression stationär in der Uniklinik München behandelt. Seit Januar steht er in Augsburg wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Ob er einen zweiten, parallelen Mammut-Prozess überhaupt durchgestanden hätte, ist nach Meinung aller Beteiligten fraglich.

Von einem "Lebensdrama" sprach sein Anwalt Wolfgang Dingfelder. Der älteste Sohn des bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß sei schlicht überfordert gewesen; sein ganzes Leben habe aus unerfüllbaren Vorgaben bestanden. Deshalb habe sich "aus dem Fenster gelehnt" und sei "Anwalt für eine Betrügerfirma" geworden.

Strauß war 1995 Justiziar und Berater der Wabag AG geworden. Vorgeblich sollte diese Recyclinganlagen und Biokraftwerke in Ostdeutschland betreiben. Von tausenden Kleinaktionären, aus staatlichen Fördertöpfen und von Kreditinstituten sammelte die Firma 125 Millionen Euro ein. Doch in Wirklichkeit wollten sich die Gründer nur selbst bereichern. Sie nahmen die Tochterfirmen aus, um im Luxus zu leben. "Die Anlegergelder sind vollständig verloren", sagte der Staatsanwalt.

Die Haupttäter wurden inzwischen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt - Strauß habe nicht zu den Initiatoren, sondern nur zur "vierten Garnitur" gehört, sagte Richter Wolf-Stefan Wiegand. Aber er wusste über die gigantische Täuschung Bescheid. Als seine Proteste auf taube Ohren stießen, spielte er mit: Er belog Geldgeber und warb Anleger an. Er entwarf Verträge und verklagte Kritiker. Den Vorstandschef einer Tochterfirma, der die Buchhaltung einsehen wollte, feuerte er fristlos. Und immer wieder ging Max Strauß Politiker um Subventionen an, zog "an der einen oder anderen Strippe, damit das Geld in der Kasse klingelt".

Er habe "mit zunehmend schlechtem Gewissen" mitgetan und "gehofft, es wird schon gut gehen", sagte der Richter. Als eine Wabag-Tochterfirma nach der anderen "in die Hose ging, hat er sich zunehmend zurückgezogen". Kurz vor der Insolvenz 1999 verließ Strauß das sinkende Schiff.

In einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung räumte Strauß alle Vorwürfe ein. Eine Ursache für sein Verhalten sei wohl seine damals schon beginnende Erkrankung gewesen. Er bedauere die Schäden sehr. Dingfelder sagte, die Depression sei vor allem Folge der Strafverfahren. Das schnelle Urteil helfe Strauß, "den Scherbenhaufen aufzuräumen". Allerdings erwarte er jetzt eine Flut von Klagen geschädigter Aktionäre.

Im Sommer wird das Urteil im Augsburger Steuer-Prozess erwartet. Ein früheres Geständnis sei wertvoller, riet ihm der Münchner Richter: "Diesen Hinweis sollten sie sich vielleicht durch den Kopf gehen lassen!" Strauß verzog keine Miene.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten

Prozeß
Max Strauß wegen Beihilfe zum Betrug zu Geldstrafe verurteilt

16. April 2004 Der frühere Rechtsanwalt Max Josef Strauß ist am Freitag zu einer Geldstrafe in Höhe von 300000 Euro verurteilt worden. Die 6. Strafkammer des Landgerichts München I fand den Sohn des verstorbenen Politikers Franz Josef Strauß der Beihilfe zum Betrug in drei Fällen für schuldig. Der 44 Jahre alte Strauß hatte zuvor gestanden, als Berater der Anlagegesellschaft Wabag schon früh Bedenken gegen deren Geschäftsgebaren gehegt zu haben; dennoch habe er weiter für sie gearbeitet und Kontakte für sie geknüpft. Der Angeklagte berief sich in einer Erklärung, die einer seiner Verteidiger verlas, auf eine psychische Erkrankung, die dazu geführt habe, daß er Schwierigkeiten massiv verdrängt habe; er bedauere sehr, daß Kapitalanleger Schäden erlitten.

Strauß wird seit September vergangenen Jahres stationär in einer psychiatrischen Klinik behandelt. In einem zweiten Strafverfahren muß er sich vor dem Landgericht Augsburg wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung verantworten; die Staatsanwaltschaft legt ihm zur Last, Provisionszahlungen, der er von dem Geschäftsmann Schreiber erhalten haben soll, dem Finanzamt verschwiegen zu haben.

Die Wabag - Wirtschaftsanalyse und Beratung AG war 1991 mit Sitz in Oberhaching in München gegründet worden. Nach den Feststellungen des Gerichts faßten die Hauptverantwortlichen der Wabag, die mittlerweile zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind, spätestens 1994 den Plan, sich durch die Täuschung von Kapitalanlegern zu bereichern. Es wurden Projektgesellschaften gegründet, die in den neuen Bundesländern Anlagen mit ökologisch ausgerichteten Technologien errichten sollten, darunter ein Heizkraftwerk, das mit Pflanzenöl betrieben werden sollte. Die Wabag und zu ihrem Verbund gehörende Unternehmen traten als Gründer der Gesellschaften auf und warben bei Kapitalanlegern dafür, Aktien zu kaufen oder sich auf andere Weise zu beteiligen. Dabei wurden den Anlegern nicht nur falsche Angaben über die Projekte gemacht, indem beispielsweise nicht bestehende Lieferverträge angeführt wurden; sie wurden auch darüber getäuscht, in welchem Umfang die gegründeten Gesellschaften Geld an die Wabag abführen mußten, zum Vorteil der Hauptverantwortlichen.

Nach den Feststellungen des Gerichts nahmen die Wabag und die mit ihr verbundenen Projektgesellschaften auf diese Weise von 1995 bis 1999 insgesamt 245 Millionen Mark ein: Davon wurden nur 55 Millionen in die Vorhaben investiert, die in keinem Fall in der Weise verwirklicht wurden, wie es versprochen worden war. Alle Gesellschaften mußten Insolvenz anmelden; nach den Erkenntnissen des Gerichts sind die Anlegergelder vollständig verloren.

Strauß beriet die Wabag seit 1995 in allen Rechtsfragen; er entwarf Verträge der Wabag mit den Projektgesellschaften sowie Verträge mit außenstehenden Unternehmen. Zugleich knüpfte er Kontakte mit Investoren, Politikern und Bankmanagern; er trat auf Schulungsveranstaltungen für Anlagevermittler als Redner auf und war bei öffentlichen Veranstaltungen der Wabag anwesend. Als es Schwierigkeiten bei einer Kreditvergabe durch die Landesbank Sachsen gab, wandte sich Strauß an die Frau des damaligen Ministerpräsidenten Biedenkopf mit der Bitte um "eine gelegentliche Intervention auf Vorstandsebene".

Nach Überzeugung des Gerichts wußte Strauß von Anfang an über die Geschäftspraktiken der Wabag Bescheid. Insbesondere sei ihm bekannt gewesen, daß die Anleger durch falsche Angaben in den Verkaufsprospekten getäuscht worden seien. In ihrem Urteil hielt ihm die 6. Strafkammer aber zugute, daß Strauß nicht zu den Erfindern und Initiatoren der kriminellen Machenschaften der Wabag gehört habe. Strauß sei im System der Wabag Teil der "vierten Garnitur", Teil der externen Berater und Helfer gewesen, die von Fall zu Fall herangezogen worden seien. Aus dem gesamten Wabag-Komplex mußte sich Strauß in München wegen dreier Einzelfälle verantworten; die Staatsanwaltschaft bezifferte den Schaden für die Anleger in diesen Fällen auf 57,9 Millionen Mark.

Das Gericht, die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger hatten vor der Hauptverhandlung Gespräche über eine einvernehmliche Beendigung des Strafverfahrens geführt und über das Strafmaß verhandelt; die Hauptverhandlung dauerte deshalb am Freitag mit Verlesung des Anklagesatzes, der Beweisaufnahme, den Plädoyers und der Urteilsverkündung nur zweieinhalb Stunden. Als wichtigsten Grund, daß gegen Strauß eine Geld- und nicht eine Freiheitsstrafe verhängt worden sei, gab die Kammer in ihrer Urteilsbegründung das Geständnis des Angeklagten an. In dem Augsburger Verfahren schweigt Strauß bislang; der Vorsitzende der Münchner Strafkammer appellierte an ihn, darüber nachzudenken, welche Vorteile ein Geständnis bringe.

Der Vorsitzende äußerte sich zufrieden darüber, in welcher Weise Strauß an dem Prozeß teilgenommen habe; Strauß las teilweise Akten mit und antwortete auch auf Fragen, etwa nach dem Verlauf seines Berufslebens als Anwalt. Seinen derzeitigen Beruf wollte Strauß, der seine Zulassung als Anwalt im vergangenen Jahr zurückgegeben hat, allerdings als "Patient" ins Protokoll aufnehmen lassen; erst auf Vorhalt des Vorsitzenden der Strafkammer, Patient sei kein Beruf, einigte man sich auf "Privatier". Seine Anwälte ließ Strauß erklären, er lebe "derzeit noch" in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen. Die Kammer verwies in der Urteilsbegründung darauf, daß es Angeklagten, die ihre Vermögensverhältnisse als geordnet bezeichneten, in der Regel blendend gehe. Sie hielt bei der Festsetzung der Geldstrafe einen Tagessatz von 500 Euro für gerechtfertigt; bei 600 Tagessätzen, welche die Strafkammer für schuldangemessen hielt, ergab sich damit eine Summe von 300000 Euro.

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Kurzer Prozess: Max Strauß muss 300 000 Euro Strafe zahlen
Urteil kann Augsburger Verfahren beeinflussen

von Sebastian Sigler

München -  Wegen der Beihilfe zum Betrug in drei besonders schweren Fällen ist Max Strauß, der Sohn des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß, zu 600 Tagessätzen à 500 Euro verurteilt worden. Die insgesamt 300 000 Euro kann er in 20 Raten, beginnend am 1. Oktober, abzahlen. Strauß ist damit vorbestraft. Als Justitiar der Anlagefirma Wabag AG war er Mitwisser von Betrügereien, die die Firmenspitze systematisch betrieb. Insgesamt waren in den neunziger Jahren über 5000 Anleger um über 100 Millionen Mark geprellt worden. Die Wabag AG hatte vorgegeben, in den neuen Bundesländern im großen Stil Unternehmen zur Müllentsorgung und zur Energiegewinnung aufzuziehen, doch von insgesamt 244 Millionen Mark, die dem Unternehmen von Investoren zur Verfügung gestellt worden waren, wurden lediglich 55 Millionen auch wirklich investiert, der Rest verschwand in den Taschen des Managements, meist getarnt als Sonderprovision oder Verwaltungsaufwendung. In dem Verfahren vor dem 6. Strafsenat des Münchner Landgerichts ging es um ein Bio-Kraftwerk in Zittau, die Trentec AG und die Sachsenholz AG, die inzwischen alle insolvent sind. Die Gründer und Vorstände der Wabag AG wurden bereits zu Freiheitsstrafen zwischen vier und acht Jahren verurteilt.

Es hätte ein langer Prozess werden können, doch nach drei Stunden war bereits das Urteil rechtskräftig. Allen Beteiligten lag offenkundig an einem zügigen Verfahren. Vor dem Prozess hatte es Gespräche zwischen dem Vorsitzenden Richter Wolf-Stefan Wiegand, der Staatsanwaltschaft und Verteidiger Wolfgang Dingfelder gegeben, um, so Wiegand "ein für alle Seiten tragbares Urteil" zu finden. Offenbar mit Erfolg, denn direkt nach der Verlesung der Anklageschrift teilte Wiegand dem Angeklagten mit, dass er bei einem umfassenden Geständnis maximal eine Geldstrafe in genau dem Umfang zu erwarten habe, der dann auch das Strafmaß darstellte. Strauß ließ daraufhin seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen, in der er alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft einräumte und mitteilte, er bedauere sehr, dass ein solch großer Schaden entstanden sei. Er habe schon zu Beginn seiner Tätigkeit für die Wabag nicht zutreffenden Angaben, die in Emissionsprospekten zu finden waren, kritisiert. Sein Fehler sei gewesen, diese Kritik nicht deutlicher vorgetragen zu haben. Mit ursächlich für sein Verhalten sei seine beginnende Krankheit gewesen. Strauß wird seit einem halben Jahr stationär in wegen einer schweren Depression behandelt.

Während dieser Prozess rasch beendet wurde, steht Strauß weiterhin in Augsburg vor Gericht. Die dortige Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, Steuern von umgerechnet 1,3 Millionen Euro hinterzogen zu haben, die auf einem Rubrikkonto unter dem Namen "Maxwell" in der Schweiz geparkt waren. Strauß bestreitet vehement, dass dies Geld für ihn bestimmt war. Im für ihn ungünstigsten Fall Verfahren droht eine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe. Hier - falls nötig - reinen Tisch zu machen, darauf zielten auch einige Bemerkungen, die Richter Wiegand gestern in seiner Urteilsbegründung machte. Schnelle Geständnisse, so hob er hervor, senkten das Strafmaß im Einzelfall ganz erheblich.

Das gestrige Urteil könnte in eine mögliche Strafwürdigung in Augsburg erschwerend einfließen, doch falls Strauß in der Steuerstrafsache tatsächlich eine Freiheitsstrafe drohen sollte, würde er von der gewährten Ratenzahlung keinen Gebrauch machen, sondern den dann noch ausstehenden Teilbetrag sofort zahlen. Dann könnte die jetzige Strafe nicht mehr in höhere Gesamtstrafe einfließen. Darauf wies Verteidiger Dingfelder am Rande des Prozesses hin.

Quelle: Die Welt

Strauß entgeht in Wabag-Prozess einer Freiheitsstrafe
Freitag 16 April, 2004 13:16 CET

- Von Hans G. Nagl -

München (Reuters) - Im zweiten Strafprozess gegen Max Strauß hat das Gericht den bayerischen Politikersohn am ersten Prozesstag wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Geldstrafe von 300.000 Euro verurteilt. Der 44-Jährige gestand die Vorwürfe der Anklage im Zusammenhang mit der Pleite der Anlagefirma Wabag, die Anleger um rund 125 Millionen Euro geprellt hat.

Die Anschuldigungen träfen zu, hieß es in einer von Strauß’ Anwalt Wolfgang Dingfelder vor dem Landgericht München I am Freitag verlesenen Erklärung. "Den Eintritt der in der Anklageschrift geschilderten Schäden, die ich nicht beabsichtigt, aber für möglich gehalten habe, bedauere ich sehr."

Gericht, Verteidigung und Staatsanwalt hatten sich zuvor darauf geeinigt, im Falle eines Geständnisses auf eine mögliche Haft- oder Bewährungsstrafe zu verzichten. Strafmindernd wertete der Vorsitzende Richter Wolf-Stefan Wiegand zudem den Umstand, dass Strauß in dem Betrugsfall eine untergeordnete Rolle spielte und nicht vorbestraft ist. Auch habe das Gericht berücksichtigt, dass der Jurist und Sohn des ehemaligen CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß unter enormer, zum Teil ungerechtfertigt massiver öffentlicher Beobachtung stehe. "Wir sind der Meinung, dass Sie für Ihren Vater nichts können", sagte Wiegand.

Strauß gestand, als Justiziar der Wabag ab Mitte der 90er-Jahre von deren illegalen Aktivitäten gewusst zu haben. Die Anlagefirma hatte Tausende von Investoren um ihr Geld betrogen. Die Mittel waren entweder gar nicht oder nur in weitaus geringerem Umfang in aussichtslose Projekte investiert worden, während der Großteil Managern zufloss. Strauß hatte auch mit seinem Ansehen als Politikersohn für die Gesellschaft geworben. Mehrere führende Wabag-Verantwortliche sind bereits zu bis zu acht Jahren Haft verurteilt worden.

BERUFSBEZEICHNUNG PATIENT

Strauß, der kaum emotionale Regungen zeigte und mit gesenktem Blick ein minutenlanges Blitzlichtgewitter über sich ergehen ließ, wird nach wie vor wegen Depressionen stationär psychiatrisch behandelt. Ein zweiter Strafprozess vor dem Landgericht Augsburg, in dem ihm vorgeworfen wird, Provisionen von über zwei Millionen Euro nicht versteuert zu haben, dauert an. Sein Anwalt Dingfelder ließ offen, welche Konsequenzen das Urteil für den zweiten, noch laufenden Prozess hat.

Der Vorsitzende Richter sagte hingegen mit Blick auf das noch schwebende Verfahren, je früher ein Angeklagter gestehe, desto besser seien seine Chancen. "Diesen Hinweis sollten Sie sich vielleicht durch den Kopf gehen lassen."

Für allgemeine Erheiterung sorgte die Verteidigung, als Sie den Beruf ihres Mandaten mit "Patient" benannte. Nach Intervention des Richters einigte man sich schließlich auf "Privatier". Dingfelder beschrieb Strauß’ Vermögensverhältnisse als geordnet, obwohl dieser seine Anwaltstätigkeit bereits seit längerem aufgegeben hat. "Leuten, deren Vermögensverhältnisse geordnet sind, geht es blendend", entgegnete Richter Wiegand daraufhin mit Blick auf die Geldstrafe, die Strauß auf eigene Bitte in Raten abzahlen kann.

Strauß selbst äußerte sich kaum und verzichtete auf eine mündliche Stellungnahme. Zumeist antwortete er mit Nicken oder Kopfschütteln oder einem knappen "Ja" oder "Nein". "Ich halte es für ein gutes Urteil", sagte sein Anwalt Dingfelder, der von einem "Lebens-Drama" sprach. Nun werde sein Mandant voraussichtlich mit einem "Schub von zivilrechtlichen Ansprüchen" konfrontiert. Max Strauß habe sein Leben lang unter dem Druck gelitten, in die Fußstapfen seines Vaters treten zu müssen - ohne diesem Anspruch gerecht zu werden.

Quelle: Reuters

Max Strauß wegen Beihilfe zum Betrug verurteilt

Das Landgericht München hat Max Strauß wegen Beihilfe zum Millionenbetrug verurteilt. Gegen den geständigen Politikersohn wurde eine Geldstrafe verhängt.

Das Landgericht München sprach Strauß am Freitag schuldig, die betrügerische Anlagefirma Wabag jahrelang als Justiziar und Berater unterstützt zu haben. Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten sich im Vorfeld des Prozesses auf das Strafmaß geeinigt.

Strauß gestand zum Auftakt des nur zweistündigen Prozesses die Anklagevorwürfe in vollem Umfang. In einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung teilte er mit, er habe den Firmenchefs bei ihrem jahrelangen Betrug geholfen. Angeblich wollte die Wabag Recyclinganlagen und Biokraftwerke in Ostdeutschland bauen. In Wirklichkeit diente sie den - inzwischen zu acht Jahren Gefängnis verurteilten - Gründern dazu, sich persönlich zu bereichern. Von den 125 Mio. Euro der Aktionäre und Geldgeber floss das meiste in ihre privaten Taschen und in die Verwaltung.

Geldgeber belogen

Das Kartenhaus brach 1999 zusammen, die Wabag meldete Insolvenz an. Strauß wusste, dass alle Projekte Luftschlösser waren. Trotzdem belog er Geldgeber, warb Anleger an, entwarf Verträge und setzte sich bei Politikern für Fördergelder ein. In den drei verurteilten Fällen betrug der Schaden für die Anleger 29 Mio. Euro.

Schon damals habe sich seine psychische Erkrankung bemerkbar gemacht, ließ er dem Gericht erklären. Seine Kritik an den falschen Anleger-Prospekten sei in der Firma auf taube Ohren gestoßen. Strauß ist seit einem Jahr in der Uniklinik München wegen schwerer Depressionen stationär in Behandlung. Ein wesentlicher Grund für die Erkrankung seien die Strafverfahren in München und Augsburg, sagte sein Anwalt. Strauß muss sich seit Januar bereits vor dem Landgericht Augsburg wegen Steuerhinterziehung verantworten. Es bestand die Sorge, dass der 44-Jährige zwei lange Prozesse gleichzeitig nicht durchhalten würde.

Fördermittel gefordert

Zu Prozessbeginn sorgte Strauß für Heiterkeit, als er seinen Beruf achselzuckend mit "Patient" angab. Seine Zulassung als Rechtsanwalt hat der psychisch schwer erkrankte Angeklagte zurückgegeben. Laut Anklage hatte Strauß die Verträge der Wabag mit Töchtern und Geschäftspartnern entworfen, Prozesse für sie geführt und potenzielle Geldgeber belogen.

Als Sohn des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß habe er bei Politikern öffentliche Fördermittel für Wabag-Töchter gefordert. Die Frau des sächsischen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf drängte er 1997 um "Intervention auf der Vorstandsebene" der Landesbank, vom damaligen Bonner Agrarstaatssekretär Wolfgang Gröbl fordert er Bundesmittel - in beiden Fällen vergeblich.

Aktionäre und Investoren hatten rund 105 Mio. Euro in die Wabag-Gruppe eingezahlt, weitere 20 Mio. Euro flossen ihr als Subventionen und Kredite zu. Doch nur ein Fünftel der Gelder wurde tatsächlich investiert. "Die Anlegergelder sind vollständig verloren", sagte Staatsanwalt Klaus Ruhland.

Quelle: Financial Times Deutschland

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