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Verfasser: Renate
Datum: Sonntag, den 23. November 2003, um 23:05 Uhr
Betrifft: Nehmen wir dem Schmerz die Macht

Hallo Burkard,

ich versteh dich insofern, dass ich deine Gefühle nachvollziehen kann. Aber - ein großes Aber - dass in weiterer Folge doch wieder klein wird, wenn man den Zusammenhang versteht. Wir alle werden mehr oder weniger durch unsere Umwelt geprägt. Manchmal ziemlich schmerzhaft, manchmal zu unserem Vorteil. (Wenn unsere Eltern das Grundsätzliche richtig gemacht haben) Es ist Zufall, wenn das mit der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft zu tun hat. Doch egal, was auf uns als Individuen zutrifft und wie sehr es unser Leben auch beeinflusst, wir sollten trotz allem versuchen, diesem negativen Potenzial - egal woher es stammt -  die Macht zu nehmen, auch noch den Rest unseres Lebens kaputt zu machen.

Bei dir und Vielen hier im Forum, war es die HLT-Lehre, die Menschen dazu bringt und sie darin unterstützt, solch schreckliche Dinge mit ihren Kindern zu tun und sie dadurch zu prägen und so sehr zu verletzen. Das ist unverzeihlich. Bei Anderen ist es der jeweilige Kulturkreis, oder die unmittelbare soziale Umgebung, das krankhafte Verhalten der Eltern oder anderer Beziehungspersonen. Auch das ist unverzeihlich.

Trotz all der traumatischen und daher sehr schmerzhaften Erfahrungen sollten wir uns bewusst sein, dass wir diesen negativen Erfahrungen noch mehr Macht über uns einräumen, wenn wir sie auch nachträglich pflegen und hegen, sie als Schicksal begreifen, dem wir nichts entgegen setzen können und uns deshalb ergeben, in dem wir ihm primär so viel Wichtigkeit einräumen, dass wir es für den Rest unseres Lebens annehmen. Aber genau das stimmt so nicht! Erkennen wir diese Erfahrungen als das, was sie tatsächlich sind, als Störfaktoren (ziemlich milde ausgedrückt, ich weiß)  in unserer Entwicklung, aber nicht als die Sieger, die unser restliches Leben bestimmen können. Nehmen wir ihnen die Macht über uns, in dem wir sie zwar zum Feindbild erklären, das wir bekämpfen, bloßstellen und anprangern, aber von dem wir uns distanzieren. Dazu gehört einige Ãœbung, auch das weiß ich und dass das nicht so einfach ist.

Wie gesagt, es gibt und gab in der Geschichte der Menschheit leider immer wieder bösartiges Machtpotenzial, dass schuldlos abhängige Menschen prägt, dass sie teilweise auch zerbrechen lassen kann. In der Kindheit ist man dem sowieso machtlos ausgeliefert, egal wo es seine Wurzeln hat. Doch wenn wir das "Glück" haben, egal zu welchem Zeitpunkt unseres Lebens, diese Machenschaften zu durchschauen, sie zu analysieren und zu bekämpfen, dann sollten wir auch versuchen diesem Machtpotenzial die Macht über uns zu nehmen, indem wir uns von ihm distanzieren und uns über es erheben und es nicht mehr als Teil unser selbst, dem wir ausgeliefert sind, zu sehen, sondern als Erfahrung, aus der wir gelernt haben.

Dies soll eine Organisation, wie die HLT-Kirche, nicht von ihrer Schuld freisprechen. Ganz im Gegenteil! Gerade weil sich diese Glaubensgemeinschaft als von Gott inspirierte und einzig wahre Kirche sieht, trägt sie auch absolute Verantwortung für ihr Tun. Jeder Fehlschlag müsste sie zu mehr Engagement, mehr Verständnis und vermehrten Kompromissen verpflichten, müsste sie demütig werden lassen ob ihres Versagens.  Dass dem nicht so ist, disqualifiziert sie praktisch schon als "einzig wahre Kirche" und beweist, dass sie nur eine von vielen Versuchen ist, Menschen zu belügen und zu betrügen.

Es ist verwerflich und ist anzuprangern, dass dieses System negativ auswirkendes Machtpotenzial unterstützt und hervorbringt, aber Hass ist trotzdem nicht die Lösung. Hass ist selbstzerstörend, ebenso wie Rache. Aufklärung ist angesagt! Hilfe und Information für die nächsten potenziellen Opfer. Da hinein Kraft zu investieren, ist der einzig richtige Weg.

Ich finde ich es aber gut und richtig, dass du deine Lebensgeschichte aufschreibst. Das ist ein sehr guter Weg um Klarheit, Einsicht und den richtigen Überblick zu schaffen. Aber auch um sich die verdrängten Schmerzen und Nöte von der Seele zu schreiben. Das aus zu sprechen, was einen bedrückt, ist immer ein guter Weg, denn er bedeutet, dass man den Mut hat, sich dem Schmerz, der einen beherrscht, zu stellen. Das ist leider nicht selbstverständlich und daher bewundere ich dich und alle, die es dir gleich tun.

Alles Gute für dich!

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