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Verfasser: Nyu
Datum: Freitag, den 14. November 2003, um 12:58 Uhr
Betrifft: hier gebe ich Dir ein Vorurteil

Lennard,
ich wollte Dich nur mal eben davon in Kenntnis setzen, dass ich für meinen Teil keinesfalls gewillt bin, Dir dieselbe Gesprächsbereitschaft entgegen zu bringen, wie das Renate und Elvira tun, die ich aber für ihre Geduld und Fähigkeit, sich auch mit Dir sachlich zu unterhalten, sehr schätze.
Dies ist ein Forum von und für Leute, die von den Sekten und ihren verlogenen und ignoranten Machenschaften die Schnauze voll haben.
Dieses Forum bietet den Menschen die Möglichkeit, diese unglaubliche Menge an emotionalem und seelischem Ballast irgendwann abzulegen und hinter sich zu lassen und die eigene seelische Mitte zu finden.
Die Argumentation, dass irgendwo 80% der Sektenmitglieder "noch" in ihren Kirchen recht glücklich sind, ist an Zynismus kaum zu überbieten.
Natürlich meinen Sektenmitglieder, sie seien glücklich. Die Sekte verbiegt oder ersetzt doch die eigenen Neigungen, Wünsche, Vernunft und Lebensentwürfe des Menschen und nimmt somit seine Seele gefangen. Das kann sie tun, weil der Mensch sich gefangen nehmen lässt in Zeiten, in denen er eine Hilfe brauchen könnte, die seine Selbständigkeit wieder herstellt, anstatt sie ihm komplett zu nehmen.
Die Tatsache, dass Du Dich überhaupt generell argumentatorisch auf die Seiten "der Sekten..." stellst (Du meinst ja nicht einmal eine bestimmte, sondern meinst generell alle Sekten) ist unanständig und verabscheuungswürdig.

Die Sekten Scientology, Fiat Lux, ZJ usw. aber gerne auch die Mormonen und die Neu-Apostolen werden aufgrund ihres Wertefundaments kaum die Werte einer liberalen Demokratie unterstützen und teilen können, sondern sie laufen diesen im Extremfall diametral entgegen.
Natürlich ist es nicht unproblematisch, wenn die Staatsgewalt eines liberal-demokratischen Rechtsstaates in die Machenschaften einer unliberalen Sekte eingreift. Dafür gibt es den Verfassungsschutz, der diese Organisationen genau beleuchtet und auch Beweislast sammelt, damit diese verboten werden können.
Aber wer muss denn die psychologische Betreuung oder die Arbeitsunfähigkeit von Sektenopfern bezahlen, wer verantwortet das Auseinanderbrechen von Familien aufgrund der Sekte, wer trägt die verlorenen Jahre in der Rentenkasse und der Sozialversicherung usw.? Die Gesellschaft tut dies. Wer fängt die Kinder von Sektenmitgliedern auf und steckt sie in soziale Hilfeprogramme? Wer stellt die Frauenhäuser und das kirchliche und staatliche Hilfsnetz zur Verfügung. Die Gesellschaft.
Der geb. schweizer Theologe Hans Küng arbeitet schon seit Jahren mit Freunden, Partnern und internationalen Gremien (der UNESCO und der UN) an einer normativen Ethik der Vernunft, die, basierend auf den Menschenrechtserklärungen (vor allem die der Vereinten Nationen von 1948) global und interkulturell an einer "Menschenpflichtenerklärung" arbeiten. Das ist möglich, da der kleinste gemeinsame Nenner aller Weltreligionen und Kulturen die Achtung der Menschenwürde ist. Was genau das normativ heisst, gilt es zu definieren.
Diese Achtung unterlaufen aber die Sekten. Sie leisten diesen Werten vordergründig Vorschub, höhlen diese aber tatsächlich aus.
Wie bereits angedeutet, trägt die Gesellschaft - Du und ich - den Schaden. Und daher hat die Gesellschaft und ihre Instrumente auch die Pflicht, dieses Tun zu unterbinden. Der Schutz dieses bundesdeutschen Wertekonsenses ist mir auch den bürokratischen Mehraufwand wert, den Du an anderer Stelle argumentativ ins Feld geführt hast.
Aber juristische Argumentation ist eigentlich irrelevant. Was zählt ist, dass Du hier sprichwörtlich in einer Ortsvereinssitzung der anonymen Alkoholiker mit einem Bauchladen voller Flachmänner herumläufst.
Geh´ bitte. Du brauchst auf diesen Beitrag nicht zu antworten. Behalte ein bischen Würde und mach´ Dich davon. Mach´ Deine Lobbyarbeit, oder was Du da tust, woanders.

Henning

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